Selenskyj bei RTL über den Krieg und seine Kinder„Ich verpasse wahrscheinlich viele wichtige Momente mit meinen Kindern”
Er spricht selten über seine Familie.
Wolodymyr Selenskyj (47), der Mann, der seit mehr als zwei Jahren ein Land durch den Krieg führt, war am Mittwoch zu Besuch in Berlin. Er traf Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, es ging um Waffenhilfen und strategische Partnerschaften. Doch als er später zum RTL-Interview kommt, öffnet er für einen Moment eine Tür, die sonst verschlossen bleibt.
Wolodymyr Selenskyj: Ein Vater, der fehlt

Irgendwo in Kiew warten zwei Kinder auf ihren Vater. Und ihr Papa reist im Dienst seines Landes durch die Welt und weiß ganz genau, dass seine Abwesenheit ein weiteres Opfer dieses Krieges ist. Selenskyj erzählt bei RTL von seinem Sohn, der in einem Alter sei, in dem bestimmte Dinge nur zwischen Vater und Sohn besprochen würden. „Meine Frau erzieht unseren Sohn sehr gut, ich bin mir da sicher”, sagt Selenskyj. Aber es gebe Themen, die er nicht mit seiner Schwester oder Mutter teilen will. „Es gibt bestimmte Momente, bestimmte Themen zwischen einem Vater und Sohn”, erzählt Selenskyj lächelnd.
Seine Tochter hingegen sei längst kein Kind mehr. „Sie ist erwachsen, sie versteht absolut alles.” Er berichte ihr genauso, wie seine Minister ihm berichteten. „Alle Kinder in der Ukraine sind sehr schnell sehr erwachsen geworden.”
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat Wolodymyr Selenskyj kaum Zeit mit seiner Familie verbracht. „Ich bin auf den Krieg konzentriert und ich verpasse wahrscheinlich viele wichtige Momente mit meinen Kindern.”
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Taurus? Nocht nicht, aber...
Offiziell hat Deutschland der Ukraine keine Taurus-Marschflugkörper zugesagt. Noch nicht. Doch Selenskyj lässt durchblicken, dass die Gespräche laufen. Hinter den Kulissen, in vertraulichen Runden. „Wir arbeiten in diese Richtung”, sagt er und ergänzt: „Es gibt bestimmte Themen, bei denen wir uns mit Kanzler Merz darauf geeinigt haben, sie nicht öffentlich zu besprechen. Ich habe ihm das versprochen und ich halte mich daran.”
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Selenskyj: Friedrich und ich verstehen uns gut
Überhaupt habe sich der Ton zwischen Berlin und Kiew verändert – zum Positiven. Selenskyj lobt den deutschen Kanzler offen. „Ich habe das Gefühl, dass Friedrich und ich eine sehr gute Beziehung zueinander haben. Friedrich ist eine starke Führungskraft eines starken Landes. Und ich bin sehr dankbar, dass die Menschen in Deutschland die Ukraine unterstützen.”
Man rede nicht nur über Waffen, sondern auch über die Produktion, den Wiederaufbau, Partnerschaft und Zukunft. „Heute haben wir erste Schritte getan, haben entsprechende Dokumente unterzeichnet und ich hoffe sehr, dass wir die Finanzmittel dafür mobilisieren können”, sagt Selenskyj. Es geht um Drohnen, Technik, Know-how. „Wir sind bereit, unser Wissen und das, was wir uns erarbeitet haben, zu teilen.”
„Wir wollen den Krieg nicht”
Trotz aller diplomatischen Zurückhaltung bleibt Selenskyi klar: Die Lage bleibt dramatisch. „In einem Monat greift Russland die Ukraine mit mehr Raketen an, als wir überhaupt geliefert bekommen.” Man müsse die Produktion diversifizieren. „Wir sind im Krieg, aber wir wollen diesen Krieg nicht.”
Taurus sei kein Wundermittel, macht Selenskyj klar. Aber ein Symbol. Ein Symbol für politische Entschlossenheit und für europäische Verantwortung.
Und Frieden? „Ich sehe keine Bereitschaft bei Putin. Es gibt nicht genug Druck. Die starken Kräfte sind nicht dabei – wie China oder aus dem globalen Süden – sie halten sich zurück. Das erlaubt Putin weiterzumachen.”

Der Präsident, der Vater
Selenskyj wird nicht müde, sein Land vor dem Aggressor zu verteidigen. Er hält durch, weil er muss. Und weil Millionen Ukrainer auf ihn schauen, die selbst längst alles verloren haben. Auch darüber spricht er: „Ich möchte mit meinem Sohn sprechen, wie es in der Schule war.” Es ist mehr als ein Wunsch, es ist Selenskyjs persönliches Ziel, als Präsident und als Vater: Dass Kinder in der Ukraine nicht nur stark sein müssen – sondern bald wieder Kind sein dürfen.
Die ganze Wucht dieser Doppelrolle, als Präsident und Vater, ist am Mittwochabend bei RTL Direkt um 22.15 Uhr zu sehen. Und natürlich auch jederzeit bei RTL+. (kra)