19-Jähriger nahm jahrelang SchmerzstillerJustins harter Weg aus der Drogensucht: So gefährlich sind Tilidin & Co.

von Romy Schiemann und Sebastian Stöckmann

Es beginnt schon im Kindesalter.
Als 13-Jähriger konsumiert Justin (19) aus Hamburg die ersten Drogen. Er verliert immer mehr die Kontrolle, der Weg aus der Sucht ist steinig. Im Video erzählt er seine Geschichte.

Gefährliche Opioide: Justin nimmt bis zu zehn Tabletten pro Tag

Auf Cannabis & Co. folgen Schmerzstiller, in der medizinischen Fachsprache Opioide genannt. Justin ist erst 15, als er sie konsumiert. „Ich hatte das Gefühl, mir war warm im Körper”, erzählt er. Es habe sich „so eine wohlige Wärme” entwickelt. „Als wenn man mit einer Person kuschelt, die man liebt. Die Gedanken waren so eingedämmt.”

Justin wird abhängig und konsumiert bis zu zehn Tabletten am Tag. Sein Leben läuft aus dem Ruder. „Ich bin nicht zur Schule gegangen, hab alle meine Verpflichtungen vernachlässigt. Bin aufgestanden, dachte: Okay, wo krieg ich jetzt Geld her, damit ich mir irgendwas besorgen kann?” Der Schüler schläft bis nachmittags und bleibt bis zum nächsten Morgen wach. Er habe „jeden Tag nur für den Konsum gelebt”, erinnert sich der 19-Jährige.

Schmerzmittel wie Tilidin gehören auf vielen Schulhöfen zum Alltag

An die Tabletten kommt Justin leicht: über das Darknet, die sozialen Medien oder auf dem Schulhof. Und es gibt viele weitere Fälle wie seinen – Sozialdienste und Lehrer schlagen Alarm. Schmerzmittel wie Tilidin kursieren auf vielen Schulhöfen fast täglich. Einige Jugendliche lassen sich die Medikamente sogar vom Arzt verschreiben: Die Zahl der Tagesdosen, die Zehn- bis 17-Jährigen verordnet werden, hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt.

Einmal von den Pillen abhängig, ist der Weg zurück ins normale Leben hart. „Es gibt den Begriff ‘Opiathunger’”, weiß Gesundheitsexpertin Agnes Apprederis. „Das heißt, sie entwickeln einen Hunger danach – und wenn die dann erst mal drauf sind, ist es sehr schwierig, wieder runterzukommen. Weil sie natürlich auch merken, dass es eine ausgeprägte Entzugssymptomatik auslöst.”
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Hohes Rückfallrisiko bei Schmerzmitteln

Vor knapp zwei Jahren beginnt Justin freiwillig einen Entzug. „Ich wurde substituiert, also runtergestuft. Das ist echt nicht angenehm, mit Krämpfen und Schmerzen – das wünscht man sich nicht”, erzählt er. Das Rückfallrisiko bei Schmerzmitteln ist hoch: Schlimmer als die körperliche ist die psychische Abhängigkeit, die Justin ein Leben lang begleiten wird. Dennoch hofft er auf ein drogenfreies Leben: Noch in diesem Jahr will Justin das Abitur machen und anschließend studieren.