Keine Ruhe wegen BerufungNeues Glück für Gisèle Pelicot nach dem Vergewaltigungsprozess

von Martina Lewinski, Sabrina Suberg und Ulrich Vonstein

Wann darf diese Frau zur Ruhe kommen?
Jahrelang ist Gisèle Pelicot von ihrem Ehemann und mindestens 50 weiteren Männern vergewaltigt worden. Weil sie den Mut hatte, all das öffentlich zu machen, ist sie zur Symbolfigur im Kampf gegen sexualisierte Gewalt in Frankreich geworden. Nach dem Prozess fand sie ein neues Glück, doch das wurde durch Paparazzi-Fotos getrübt.

Gisèle Pelicot klagt erfolgreich gegen Paparazzi-Foto

Der Reihe nach: Nach dem Ende des Jahrhundert-Prozesses in Avignon, bei dem alle Männer schuldig gesprochen wurde, zog sich Gisèle Pelicot auf die malerische Île de Ré zurück. Dort schreibt sie ihre Memoiren. Sie soll frisch verliebt sein, über ihren neuen Partner weiß man nur, dass er ein ehemaliger Steward ist.

Gisele Pelicot (links ihr Sohn Florian) bei der Ankunft vor Gericht in Nîmes
Gisele Pelicot (links ihr Sohn Florian) bei der Ankunft vor Gericht in Nîmes
Coust Laurent/ABACA

Die Illustrierte Paris Match hatte das Paar heimlich fotografiert und die Paparazzi-Fotos veröffentlicht. Pelicot ließ sich das nicht gefallen, klagte und bekam Recht. Die Postille musste ihr 40.000 Euro Strafe zahlen, dieses Geld spendete sie komplett an zwei Frauenvereinigungen.

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Pelicot-Anwalt Antoine Camus wies nach dem Vorfall im April darauf hin, dass sich seine Klientin bewusst dazu entschieden habe, den Medien fernzubleiben, wie er dem TV-Sender BFMTV sagte. „Wir beabsichtigen, systematisch gegen jede Verletzung der Intimsphäre ihres Privatlebens zurückzuschlagen. Sie hat sich ihren Ruhm nicht ausgesucht, sie wurde zehn Jahre lang ihres freien Willens beraubt und ihre Welt ist mit der Entdeckung tausender Fotos, die ohne ihr Wissen aufgenommen wurden, zusammengebrochen.“

Video-Tipp: Pelicot-Prozess: alle Männer sind schuldig!

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Ein Vergewaltiger geht in Berufung

Jetzt, im Oktober, ist Gisèle Pelicot zurück in der Öffentlichkeit, denn es geht erneut um die ihr angetanen Verbrechen. Denn einer ihrer Peiniger gibt keine Ruhe, Hüsamettin D. legt Berufung ein gegen die neun Jahre Haft, die ihm wegen Vergewaltigung der Frau auferlegt wurden. Die Anklage hatte sogar 12 Jahre gehofft.

Die Entscheidung des Gerichts in Nîmes, die noch im Oktober fallen soll, wird mit Spannung erwartet. Denn jetzt steht D. nicht nur vor Berufsrichtern wie in Avignon, sondern vor einer Jury. Und die sind in Frankreich dafür bekannt, sehr viel härter zu urteilen.

 Hüsamettin D.
Hüsamettin D.
provat

In Nîmes wird sich Gisèle Pelicot erneut die Videos ansehen, die ihr Ehemann heimlich aufgenommen hat. Auf denen zu sehen ist, wie sich fremde Männer an seiner betäubten Frau vergehen.

Ihr mutiger Gang an die Öffentlichkeit macht Gisèle Pelicot zur Ikone

Die 72-jährige Pelicot (72) hatte darauf bestanden, dass der Prozess öffentlich stattfindet, und damit dafür gesorgt, dass Vergewaltigungen und der Missbrauch von Frauen weit über Frankreich hinaus in den Fokus der öffentlichen Debatte rückten. Mit ihrem bemerkenswerten Auftreten wurde sie für viele Menschen zum Vorbild und zur feministischen Ikone. Auch der Berufungsprozess wird öffentlich geführt.

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Gisèle Pelicot wird noch einmal vor Gericht aussagen. Anschließend hofft sie, endgültig abschließen können. Gemeinsam mit ihrem neuen Partner will sie ein neues Kapitel beginnen: ein ruhiges, sorgenfreies Leben, fernab der Öffentlichkeit.

Verwendete Quellen: AFP; BMFTV; dpa; RTL-Recherchen