Was der Experte sagt
Brauchen wir wirklich Zahnseide? Die größten Zahnputz-Mythen im Check!
Dreimal am Tag die Zähne putzen. Morgens, mittags, abends und am besten, wenn’s geht, auch noch nach jedem Essen – bei diesen Vorgaben rollen Erwachsene genauso mit den Augen wie Kinder. Aber sind die so auch wirklich sinnvoll? Laut Zahnarzt und Buch-Autor ( „Auf den Zahn gefühlt“*) Professor Dr. Stefan Fickl nicht zwingend – vor allem dann nicht, wenn man gesunde Zähne hat. Mit ihm zusammen haben wir landläufige Zahnpflege-Mythen genauer unter die Lupe genommen.
Stoppuhr stellen, um die zwei Minuten zu erreichen
Zahnseide muss sein, Zähneputzen am besten nach jeder Mahlzeit und ohne elektrische Zahnbürste sieht es finster aus in der Mundhöhle – um das Thema Zahngesundheit ranken sich einige Mythen. Aber was ist denn nun wahr? Wie putzt man sich die Zähne richtig gut?
Zahnarzt, Autor und Gesundheitsinfluencer Professor Dr. Stefan Fickl aus Fürth erzählt im RTL-Interview: „Die Zähne putzt man sich richtig, indem man versucht, alle Zahnflächen zu erreichen, das ist schon mal das Allerwichtigste.“ Es sei bekannt, dass der durchschnittliche Deutsche sich einmal am Tag für 30 Sekunden die Zähne putzt – aber in dieser kurzen Zeit erreiche man natürlich nicht alle Zahnflächen.
Daher gilt: „Wichtig wäre daher, sich schon mal eine Stoppuhr zu stellen oder zum Beispiel eine elektrische Zahnbürste zu benutzen, die einen Timer hat, um die zwei Minuten zu erfüllen“, so Fickl. Und: Morgens ist kurz für das Mundgefühl okay, abends auf jeden Fall zwei Minuten gründlich putzen.
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Fluorid schützt die Zähne besonders gut
Und wie wichtig ist dabei die richtige Zahnpasta? „Wir wissen heute, dass Fluorid fast alles verändert hat hinsichtlich der Vermeidung von Karies“, sagt der Zahnarzt. „Und Fluorid ist in den allermeisten Zahnpasten drin.“ Fluorid ist ein Salz und seit 50 Jahren bestens untersucht und nachweislich protektiv, wenn es um Zahnkaries geht. Der Arzt nennt ein Beispiel: „Die Jugendlichen in den 1980er-Jahren hatten acht Kariesstellen pro Gebiss, heute haben sie 0,8 – und das ist fast komplett auf Fluorid zurückzuführen.“
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Mund nach dem Putzen nicht ausspülen!
Und da Fluorid für die Zähne eine so wertvolle und schützende Substanz ist, ist es auch sinnvoll, den Zusatz nach dem Zähneputzen nicht gleich wieder komplett auszuspülen. „Das hat man früher gemacht, weil man sich gesagt hat, du musst die Bakterien irgendwie wegbekommen“, erzählt er. „Heute weiß man, dass die Bakterien superschnell wieder in der Mundhöhle sind, die hängen ja teilweise in der Wange, in den Backen und so weiter.“
Deswegen rät der Zahnarzt: „Nicht ausspülen! Die Zahnpasta noch ein wenig auf den Zahnoberflächen lassen, sogar als letztes, bevor man ins Bett geht.“ Denn nachts gehe die Speichelproduktion runter, und der kleine Fluoridfilm auf den Zähnen härtet und schützt den Schmelz.
Elektrische Bürsten bringen kleinen Vorteil
Empfiehlt sich denn der Einsatz von elektrischen oder gar Ultraschall-Zahnbürsten? „Man sieht schon, dass die elektrischen Zahnbürsten tendenziell bessere Ergebnisse erzielen, wahrscheinlich, weil sie einen Timer haben“, sagt der Zahnarzt und Buchautor. „Und das hilft, bis zu einem gewissen Grad länger zu putzen.“ Zudem wisse man von Ultraschall-Zahnbürsten, dass sie es schaffen, die Wirkstoffe in Räume zu bekommen, wo die Bürste nicht direkt putzt. „Also ein ganz kleiner Vorteil für die elektrischen Zahnbürsten.“
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Zahnseide nicht wirklich nötig
Zahnseide sei da nicht nötig: „Zahnseide hat über die letzten 40 bis 50 Jahre niemals gezeigt, dass sie irgendeinen Wert hat bei der Vermeidung von Parodontose oder Karies“, sagt der Arzt. Das habe zum einen mit der schwierigen Handhabung zu tun, zweitens verletze man sich häufig sehr stark mit dem Faden.
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Wenn jemand aber schon Parodontose habe, dann würden wir heute eher Bürstchen für die Zwischenräume empfehlen, um Reste von Nahrung in den offenen Zwischenräumen zu entfernen. Überhaupt sollten Menschen, die bereits Probleme mit den Zähnen haben, häufiger putzen als jene mit einem komplett gesunden Gebiss. Gleiches gilt auch bei Zahnersatz, der mithin besondere Pflege braucht – die sollte mit dem Zahnarzt abgesprochen werden.
Auf die Technik kommt es an?
Kommt es nicht auch auf die Putz-Technik an? „Die komplizierteste Technik, die es gibt, ist wahrscheinlich sogar die beste, wissenschaftlich gesehen“, sagt Fickl. Alle Studenten hätten im Studium lernen müssen, den Patienten zu zeigen, mit welchen kleinen Bewegungen man bei jedem Zahn putzen muss. „Ich würde aber sagen: Vergessen Sie es einfach. Versuchen Sie, jeden Zahn zu putzen, das ist viel besser, als die Hälfte der Zähne mit der perfekten Zahnputztechnik zu putzen.“ (ija)
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