Wie endet der Ukraine-Krieg?

Fünf Szenarien: Von Putsch gegen Putin bis Konfrontation mit der Nato

Krieg in der Ukraine
Noch ist nicht absehbar, wie es nach dem Krieg in der Ukraine weitergeht.
RTL

Seit dem Angriff der russischen Armee am 24. Februar tobt in der Ukraine der Krieg. Wie er endet und es danach weitergeht, ist noch nicht absehbar. "ntv" beschreibt fünf Szenarien für die kommenden Monate aus Sicht westlicher Regierungen und Experten.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

Szenario 1: Militärisches Patt zwischen Russland und der Ukraine

Die russische Armee kommt bisher nicht so schnell voran wie geplant. Die ukrainischen Streitkräfte wehren sich. In den ersten Kriegstagen scheiterten die Invasoren beim Versuch, die Hauptstadt Kiew mit Fallschirmjägern einzunehmen. Auch andere wichtige Städte wie Charkiw und Mariupol sind noch unter ukrainischer Kontrolle. Mithilfe westlicher Waffen und Geheimdienste könnten die ukrainischen Truppen in Kiew auszuharren und ein militärisches Patt erzwingen.

Weil die russische Wirtschaft durch Strafmaßnahmen geschwächt ist, könnte Russlands Machthaber Wladimir Putin gezwungen sein, sein Kalkül zu ändern, heißt es in dem Bericht. "Der Westen könnte mit seinen Sanktionen Putin dazu bringen, sein zentrales Kriegsziel aufzugeben, die ukrainische Regierung zu enthaupten und eine prorussische Marionette zu installieren", schreibt Samuel Charap vom US-Thinktank Rand Corporation.

Szenario 2: Putsch gegen Wladimir Putin

Auch wenn ein Putsch gegen Putin zurzeit unwahrscheinlich erscheint, schließen Beobachter nicht aus, dass er durch einen ein Volksaufstand oder Staatsstreich aus dem Amt gejagt wird. Der Kreml will die unabhängige Berichterstattung ausländischer Medien unterdrücken und die Meinungshoheit der äußerst loyalen Staatsmedien festigen. Doch an vielen Orten fanden kleinere Antikriegsdemonstrationen statt, bei denen laut Menschenrechtsorganisationen mindestens 6.000 Menschen verhaftet wurden. Und in der russischen Elite bröckelt Putins Rückhalt: Nicht nur die von Sanktionen getroffenen Oligarchen, sondern auch Abgeordnete und sogar der private Ölkonzern Lukoil fordern ein Ende der Kämpfe in der Ukraine.

"Putins persönliche Sicherheit ist sehr gut und wird auch weiterhin sehr gut sein – bis sie es nicht mehr ist", erklärt Eliot A. Cohen von der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies. "Das ist in der sowjetischen und russischen Geschichte schon mehrfach vorgekommen".

Lese-Tipp: Endet der Ukraine-Krieg, wenn Putin stirbt? Sicherheitsexperte schätzt ein

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Szenario 3: Militärischer Erfolg für russische Armee in der Ukraine

Westliche Verteidigungsexperten sind sich einig, dass Russland im Krieg militärisch überlegen ist. Deshalb dürften die Truppen weiter vorrücken. Das Schlimmste stehe erst noch bevor, fürchtet Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einem Telefonat mit Putin am Donnerstagmorgen. Er ist sich sicher, dass Putin "die Kontrolle über die gesamte Ukraine übernehmen" will.

Aber: "In eine Stadt einzudringen ist nicht dasselbe, wie sie zu halten", schreibt der britische Kriegshistoriker Lawrence Freedman vom Londoner King's College. Auch wenn die russische Armee den Widerstand der Ukrainer brechen und Präsident Wolodymyr Selenskyj absetzen könnte, wäre es für Russland eine Herausforderung, ein so großes Land mit 40 Millionen Einwohnern zu besetzen.

Szenario 4: Krieg in der Ukraine weitet sich aus

24.02.2022, Russland, Moskau: Dieses Standbild, das aus einem vom Pressedienst des russischen Präsidenten veröffentlichten Video zur Verfügung gestellt wird, zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, der sich an die Nation wendet. Russische Truppen haben am Donnerstag ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet. Putin wies die internationale Verurteilung und die Sanktionen zurück und warnte andere Länder, dass jeder Versuch einer Einmischung zu "Konsequenzen führen würde, die Sie noch nie gesehen haben". In einer Fernsehansprache rechtfertigte Putin das Ganze mit der Behauptung, der Angriff sei notwendig, um die Zivilbevölkerung in der Ostukraine zu schützen. Foto: Uncredited/Russian Presidential Press Service/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Dass Wladimir Putin ein Nato-Mitglied direkt angreift, halten Experten für unwahrscheinlich.
nwi, dpa, Uncredited

Zwar erwartet kaum ein Experte, dass Putin einen Nato-Mitgliedsstaat direkt angreift. Denn dadurch würde er einen Atomkrieg riskieren. Die Ukraine grenzt an vier frühere Staaten der Sowjetunion, die inzwischen der Nato angehören: Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien. Wird ein Mitglied angegriffen, tritt der sogenannte Bündnisfall ein. Die Nato wäre verpflichtet, den angegriffenen Bündnispartner zu schützen. Möglich sind jedoch weitere Provokationen vonseiten Russlands.

Zudem warnt der Politikwissenschaftler Charap vor den "Risiken eines Unfalls, eines Zwischenfalls oder einer Fehleinschätzung, die zu einem Krieg zwischen der Nato und Russland führen könnten". So könnte zum Beispiel eine verirrte Rakete oder ein Cyberangriff dazu führen, dass sich der Ukraine-Krieg ausweitet.

Zu befürchten ist, dass sich Putin mit der Ukraine nicht zufrieden gibt. Und wegen seiner Vorstellung von einem Russland sowjetischer Dimension weitere territoriale Ambitionen hat. Es gibt Spekulationen, er könne als Nächstes die Ex-Sowjetrepublik Moldawien ins Visier nehmen.

Szenario 5: Konfrontation Russlands mit der Nato

Eine Konfrontation zwischen Russland und der Nato galt bislang als ausgeschlossen, da die Folge vermutlich ein Atomkrieg und damit die gegenseitige Vernichtung wäre. Doch im Ukraine-Krieg versetzte Putin die nuklearen Abschreckungskräfte in Alarmbereitschaft und drohte so dem Westen mit Atomwaffen.

Lese-Tipp: Putins Atom-Drohung: Wie gefährlich ist sie wirklich?

"Diese Ankündigungen richten sich in erster Linie an ein westliches Publikum, um uns Angst zu machen und unsere Gesellschaften zu verunsichern", sagt Gustav Gressel, Experte für Raketenabwehr beim Thinktank European Council on Foreign Relations. Er hält sie für "substanzlos". Nach Einschätzung westlicher Beobachter sollen solche Drohungen die USA und Europa von Interventionen abhalten, etwa einer Flugverbotszone über der Ukraine. (bst)

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