Expertin erklärt, was Frau wissen sollteTabuthema vaginaler Ausfluss - was ist normal, wann sollte ich zum Arzt?

Jeden Tag sehe ich in der Praxis Mädchen und Frauen, die sich mit vulvo-vaginalen Beschwerden an mich wenden. Häufig klagen sie über einen Austritt farbiger Flüssigkeit, gepaart mit Jucken und Brennen. Gar nicht so selten kommen sie aber auch zu mir, weil sie verunsichert sind: Eigentlich fühlen sie sich wohl, haben keine Beschwerden im Intimbereich, merken aber vermehrten Ausfluss. Ist das noch normal? Oder doch eine Infektion?
Ausfluss: Was ist das eigentlich?
Vaginaler Ausfluss besteht aus Flüssigkeit der Scheide und des Gebärmutterhalses, auch Zervixschleim genannt. In der Regel hat er eine eher weißliche Farbe und ist geruchslos beziehungsweise riecht etwas säuerlich.
Er enthält eine Menge Milchsäurebakterien – Laktobazillen, die dafür sorgen, dass das Scheidenmilieu einen sauren pH-Wert hat. Dieses saure Milieu verhindert, dass sich Keime und auch Pilze vermehren und ausbreiten.
Der vaginale Ausfluss verändert sich im Zyklus

Was viele Frauen nicht wissen, ist, dass sich der vaginale Ausfluss während des Zyklus‘ verändert. Das ist völlig normal und von der Natur genau so gewollt!
Während der Menstruation tritt Blut aus der Scheide, aber auch Gebärmutterschleimhaut und Sekret aus dem Gebärmutterhals.
Mit dem Ende der Periode und dem Anstieg des Östrogenspiegels wird mehr Zervixschleim gebildet. Zunächst ist dieser eher dickflüssig und wird von den Frauen als „klebriger“ Ausfluss wahrgenommen.
Um den Eisprung herum verändert er seine Konsistenz, wird insgesamt flüssiger und deshalb auch durchsichtiger. Man bezeichnet ihn häufig auch als „spinnbar“, weil er sich jetzt zwischen Daumen und Zeigefinger dehnen, also spinnen, lässt. Einige Frauen nutzen dieses Phänomen, um ihre fruchtbaren Tage, die Tage um den Eisprung, zu erkennen. Der Zervixschleim ist nun sehr gut für Spermien durchlässig. Das ist wichtig, damit eine Schwangerschaft eintreten kann. Häufig bemerken Frauen jetzt einen verstärkten vaginalen Ausfluss, der sogar zehn bis 20 mal mehr sein kann als an anderen Zyklustagen. Einige empfinden ihn als unangenehm oder sind besorgt, dass sie sich eine Infektion „eingefangen“ haben.
Lese-Tipp: PMS nervt mal wieder? Warum Frauen während der Periode mehr essen sollten!
Nach dem Eisprung wird der Zervixschleim dann wieder weniger und auch von der Beschaffenheit her zäher. Dafür verantwortlich ist der Anstieg des Hormons Progesteron. Mit dem Einsetzen der Menstruation beginnt dann der Zyklus wieder von vorne.
Im Video: Woher kommt der Ausfluss nach dem Sex?
Aufgepasst, wenn sich Farbe und Geruch verändern!
Der vaginale Ausfluss verändert sich also immer wieder in seiner Konsistenz, ist mal flüssiger oder cremiger. Dadurch wirkt auch die Farbe immer wieder anders und reicht von fast durchsichtig bis zu weißlich oder beinahe etwas gelblich. Das ist alles normal, überhaupt kein Grund zur Sorge, sondern vielmehr ein Zeichen dafür, dass alles genau so ist, wie es sein soll. Übrigens: Auch Stress und natürlich sexuelle Erregung können die Ausflussmenge erhöhen und die Beschaffenheit verändern!
Erscheint der Ausfluss allerdings plötzlich grünlich, ist dies ein Anzeichen dafür, dass tatsächlich eine bakterielle Infektion vorliegt. Ganz häufig verändert sich dann auch der Geruch. Viele Frauen beschreiben diesen als „fischartig“. Meist kommt hierbei auch ein Jucken oder Brennen hinzu, das als sehr störend empfunden wird.
Bei einer Pilzinfektion dagegen verändert sich der Geruch nicht, allerdings wirkt der Ausfluss „bröckelig“ und etwas klumpig. Ganz typisch ist nun auch ein unangenehmer Juckreiz, der sowohl Vulva als auch Vagina betreffen kann.
Vorsicht! Bei einem fauligen Geruch sollte immer auch an die Möglichkeit gedacht werden, dass ein Tampon in der Scheide vergessen wurde!
Lese-Tipp: Bekannt als Tamponkrankheit - was Sie über das toxische Schocksyndrom wissen sollten
Dann braucht es einen Frauenarzt
Bei einer Veränderung von Farbe und Geruch und natürlich bei Beschwerden sollte unbedingt ein Frauenarzt oder eine Frauenärztin aufgesucht werden. Häufig ist für ihn oder sie bereits durch eine vaginale Untersuchung zu erkennen, ob eine Infektion vorliegt, und wenn ja, welche. In der Regel wird dann ein Antibiotikum als Zäpfchen oder Creme, manchmal auch als Tabletten, oder ein Antipilzmittel verschrieben.
Ist eine Infektion, übrigens auch Vaginitis genannt, nicht so einfach zu diagnostizieren, können bei der Untersuchung auch Abstriche gemacht werden. Diese werden im Anschluss in ein spezielles Labor geschickt und dort untersucht.
Aber nicht alle vaginalen Infektionen verursachen Ausfluss! Manche verlaufen komplett asymptomatisch. Das heißt, es tritt weder vermehrt Flüssigkeit aus der Scheide, noch kommt es zu Jucken oder Brennen. Häufig werden solche Infektionen schließlich durch einen Pap-Test erkannt, weil darin vermehrt Entzündungszellen vorhanden sind.
Bei einem unerfüllten Kinderwunsch werden zudem vaginale Abstriche entnommen, um eine Infektion auszuschließen, die die Frau selbst gar nicht bemerkt, aber den Eintritt einer Schwangerschaft verhindert.
Lese-Tipp: Immer weniger Kinder! Unfruchtbarkeit nimmt zu - diese Ursachen haben Sie selbst in der Hand
Ihre Meinung ist gefragt!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Was tun bei wiederkehrenden Infektionen?

Kommt es immer wieder zu vaginalen Infektionen, ist vermutlich das natürliche Scheidenmilieu aus dem Gleichgewicht geraten. Der pH-Wert liegt hierbei nicht im sauren, sondern im basischen Bereich, Keime haben leichtes Spiel. Jetzt ist es wichtig, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Am besten gelingt das mit einer Milchsäure-Kur, die entweder oral als Tabletten oder Pulver oder vaginal als Zäpfchen durchgeführt werden kann.
Es ist übrigens ein Ammenmärchen, dass anstelle von Milchsäurezäpfchen auch einfach ein Tampon in Joghurt getränkt und dann in die Scheide eingeführt werden kann. Zwar enthält Joghurt auch Milchsäurebakterien, es handelt sich dabei aber um völlig andere als jene in der Scheide.
Viele Frauen leiden zum Beispiel nach einer Antibiotikatherapie unter einer vaginalen Pilzinfektion. Der Grund ist auch hier das veränderte vaginale Milieu. Antibiotika sorgen dafür, dass weniger Milchsäurebakterien vorhanden sind und damit das Milieu nicht mehr ausreichend sauer ist. Pilze, vor allem Candida, können sich nun ausbreiten und fiese Beschwerden verursachen. Mein Tipp: Wenn ein Antibiotikum eingenommen wird, dann auch gleichzeitig die Scheidenflora mit einer Milchsäurekur unterstützen!
Vaginalen Infektionen vorbeugen - so geht's!
Auf die richtige Intimhygiene kommt es an! Bitte keine stark parfümierten Seifen zur Reinigung von Vulva und Vagina verwenden. Eigentlich reicht warmes, klares Wasser aus. Wenn Sie doch ein Reinigungsmittel verwenden möchten, sollte dies ein spezielles für die Intimregion sein, das pH-neutral ist.
Bitte tragen Sie luftdurchlässige Slips, am besten aus Baumwolle!
Nach dem Toilettengang sollte von vorne nach hinten abgewischt werden, um keine Keime vom Darm in die Scheide zu tragen!
Natürlich ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung grundsätzlich wichtig! Dennoch gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine „Anti-Zucker-Diät“, die immer wieder bei vaginalen Pilzinfektionen empfohlen wird, wirklich hilfreich ist. Ein vollständiger Verzicht auf Zucker ist also nicht nötig!
Auch die richtige Menstruationshygiene ist wichtig! Tampons sollten nicht zu häufig gewechselt werden, da die Scheidenflora ansonsten austrocknet und so anfälliger für Infektionen wird. Natürlich sollten sie auch nicht zu lange in der Scheide verbleiben, nach spätestens acht Stunden sollte gewechselt werden. Wird ein Tampon über Nacht getragen, dann bitte direkt am nächsten Morgen nach dem Aufstehen austauschen.
Lese-Tipp: Sie weinte vor Scham: Patientin vergaß Tampon vier Wochen in ihrer Vagina