Bundesregierung plant Änderung bei "Containern"Statt wegwerfen - Warum spenden Supermärkte abgelaufene Lebensmittel nicht einfach?

ARCHIV - 01.10.2019, Sachsen, Dresden: Weggeworfene Lebensmittel liegen in einer Mülltonne. Justizminister Buschmann (FDP) und Landwirtschaftsminister Özdemir (Grüne), wollen dafür sorgen, dass niemand mehr dafür bestraft wird, dass er noch genießbare Lebensmittel aus Abfallcontainern holt. (zu dpa "«Containern» ohne Strafe: Özdemir und Buschmann schlagen Änderung vor") Foto: Christiane Raatz/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bundesminister Cem Özdemir und Marco Buschmann schlagen Änderung vor zu "Containern".
dna sja kde pil, dpa, Christiane Raatz

Elf Millionen Tonnen Lebensmittel werden laut Bundeslandwirtschaftsministerium jedes Jahr in Deutschland entsorgt. Und das obwohl viele Lebensmittel – trotz abgelaufenem Haltbarkeitsdatum – eigentlich noch gut verzehrbar sind. So landen viele Lebensmittel aus Supermärkten jeden Tag in der Tonne.
Lebensmittel aus den Tonnen zu holen, das so genannte Containern, ist in Deutschland allerdings sehr umstritten, aktuell sogar noch verboten. Aber gibt es nicht eine viel einfachere Lösung gegen die Lebensmittelverschwendung? Warum spenden die Supermärkte abgelaufene aber noch verzehrbare Lebensmittel nicht einfach an gemeinnützige Organisationen?
Warum das in Deutschland nicht so problemlos geht, wie gedacht und wie es andere Länder besser machen, lesen Sie hier.
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Spenden für Supermärkte oft teurer als wegschmeißen

Abgelaufene Lebensmittel statt sie wegzuschmeißen einfach an bedürftige Organisationen spenden, klingt nach einem Plan, der sowohl das Containern verhindern würde, als auch die Lebensmittelverschwendung deutlich eindämmen würde. Dabei gibt es allerdings für deutsche Supermärkte ein Problem: Das Spenden der Lebensmittel ist deutlich teurer, als diese einfach wegzuschmeißen. Grund dafür ist die aufkommende hohe Steuer bei der Spende.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte schon Ende 2021 angekündigt, Spenden nicht verkaufter Lebensmittel durch den Einzelhandel zu erleichtern und komplizierte rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen dafür zu lockern. Steuerliche Belastungen machen Spenden von Lebensmitteln und anderen Gütern nach Auffassung von Experten oft teurer, als die Waren wegzuschmeißen.

Einige Supermärkte spenden ihre abgelaufenen Waren zwar am Ende des Tages, das geschieht allerdings nur auf Basis von Freiwilligkeit. Eine Verpflichtung dazu gibt es in Deutschland nicht.

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Frankreich hat schon seit 2016 Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung

Andere Länder gehen mit dem Thema anders um und verpflichten Supermärkte, abgelaufene Lebensmittel zu spenden, statt diese wegzuwerfen. In Frankreich gibt es beispielsweise seit 2016 ein Gesetz, das es größeren Supermärkten verbietet, nutzbare Lebensmittel wegzuwerfen. Unverkaufte Ware muss hier entweder gespendet, als Tiernahrung verwendet oder als Kompost genutzt werden. Für jede Spende wird 60 Prozent des Warenwertes von der Steuer abgezogen. Hält sich ein Supermarkt nicht an diese Regelung fällt eine Strafe von maximal 3.750 Euro an.

Auch in Dänemark, Tschechien und Italien gibt es ähnliche Gesetze, die dabei helfen sollen, gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen und Containern zu verhindern.

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Änderung beim Containern

Beim Thema Containern könnte sich bald allerdings in Deutschland etwas ändern: Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wollen dafür sorgen, dass niemand mehr dafür bestraft wird, dass er noch genießbare Lebensmittel aus Abfallcontainern holt. Eine Gesetzesänderung auf Bundesebene ist allerdings vorerst nicht geplant. Vielmehr werben die beiden Bundesminister in einem gemeinsamen Schreiben an die Justizminister und -senatoren der Länder dafür, einen Vorschlag des Landes Hamburg von 2021 zu unterstützen. Dieser sieht eine Änderung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vor, die von den Ländern beschlossen werden könnte.

Danach sollte das sogenannte Containern nur noch bestraft werden, wenn ein Hausfriedensbruch vorliegt, „der über die Überwindung eines physischen Hindernisses ohne Entfaltung eines wesentlichen Aufwands hinausgeht oder gleichzeitig den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt“. Mit anderen Worten: Wer über eine niedrige Mauer steigt, um an den Abfallcontainer des Supermarktes zu gelangen und Lebensmittel mitnimmt, soll dafür nicht wegen Diebstahls belangt werden. Wer auf der Suche nach noch verzehrfähigen Lebensmitteln ein Tor aufhebelt und beschädigt, müsste dagegen weiterhin mit einer Strafe rechnen. (khe/dpa)

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