Studienergebnisse stimmen positiv

Neues Alzheimer-Medikament verlangsamt geistigen Abbau um 27 Prozent

Die Alzheimer-Erkrankung geht mit einem fortschreitenden Abbau der geistigen Fähigkeiten einher. Auch wenn die Krankheit nicht heilbar ist: Ein neues, bislang noch nicht zugelassenes Medikament könnte Studiendaten zufolge das Fortschreiten der Erkrankung abbremsen. Wie genau das Mittel wirkt und wie Mediziner Dr. Christoph Specht die Studie bewertet, sehen Sie im Video.

„Wenn sich das bestätigt, wäre das eine gute Nachricht“

Wie das Unternehmen Biogen, das das Präparat mit dem japanisches Pharmaunternehmen Eisai entwickelt, mitteilte, verlangsamte der Antikörper Lecanemab bei Patienten in einem frühen Stadium den Abbau der geistigen Fähigkeiten um 27 Prozent. Experten in Deutschland beurteilen die vorgestellten Ergebnisse insgesamt positiv.

„Wenn sich das bestätigt, wäre das eine gute Nachricht“, sagt Linda Thienpont, Leiterin der Abteilung Wissenschaft bei der Alzheimer Forschung Initiative, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es wäre das erste Mal, dass ein Wirkstoff, der in die Mechanismen der Alzheimer-Krankheit eingreift, tatsächlich einen positiven Effekt auf die Kognition der Betroffenen habe. Von einem Durchbruch in der Alzheimer-Forschung spricht Frank Jessen, Forscher am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).

Die Daten der zugrundeliegenden Studie sind bisher nicht veröffentlicht, die Unternehmen haben die Ergebnisse der Phase-3-Studie in einer Unternehmensmitteilung vorgestellt.

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"Das ist eine ordentliche Studie, in der die klinische Wirksamkeit sorgfältig geprüft wurde"

Lecanemab ist ein Antikörper, der sich gegen das Eiweiß Amyloid-beta (Abeta) richtet. Dieses Molekül lagert sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten in Form sogenannter Plaques ab, die ein Kennzeichen der Demenz-Erkrankung sind. In der Studie wurden 1.795 Menschen im Frühstadium von Alzheimer untersucht - eine Hälfte bekam den Antikörper, die andere ein unwirksames Placebo (Scheinmedikament).

Es zeigte sich, dass das Mittel zu einer deutlichen Reduzierung der Ablagerungen im Gehirn führt. Weiterhin verlangsamte sich der Abbau der geistigen Fähigkeiten. Geprüft wurde unter anderem die Gedächtnisleistung, das Orientierungsvermögen und die Problemlösungskompetenz.

„Das ist eine ordentliche Studie, in der die klinische Wirksamkeit sorgfältig geprüft wurde“, sagte Jessen der dpa. „Es zeigt sich, dass nicht nur die Amyloid-Ablagerungen aus dem Gehirn entfernt werden, sondern - und das ist das Entscheidende - dass sich der Abbau der geistigen Fähigkeiten über 18 Monate entscheidend verlangsamt.“ Ein solcher Effekt habe in klinischen Studien mit anderen Antikörpern bisher nicht überzeugend gezeigt werden können.

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US-Arzneimittelbehörde FDA hat Zulassung beantragt

Beide Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, betonen, dass auch dieses Medikament die Alzheimer-Erkrankung nicht heilen kann. „Die Krankheit wird auch weiter voran schreiten, nur langsamer, was aber für die Patienten und Angehörigen von großer Bedeutung sein kann“, sagte Jessen. Unklar sei zum jetzigen Zeitpunkt auch, wie lange der berichtete Effekt anhalte, das müssten weitere Beobachtungsstudien zeigen.

„Positiv ist zu vermerken, dass Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen weniger oft auftraten als in Studien zuvor mit vergleichbaren Wirkstoffen“, sagt Thienpont. „Für eine umfassende Einschätzung müssen wir die detaillierten Studienergebnisse abwarten.“

Biogen hat angekündigt, die Daten Ende November auf einem Alzheimer-Kongress vorzustellen und sie in einem medizinischen Fachmagazin zu veröffentlichen. Das Präparat werde bereits von der US-Arzneimittelbehörde FDA in einem beschleunigten Zulassungsverfahren geprüft, auch in Japan und Europa wollen Biogen und Eisai die Zulassung beantragen. (nri/dpa)

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