Nocebo-Effekt sogar physiologisch messbar

Studie belegt: Impf-Nebenwirkung meist „Einbildung“ – das sagt der Experte

close up of sick asian man wearing face mask has headache or fever on sofa and feeling uncomfortable in living room at home
Kopfschmerzen und Gliederschmerzen nach Impfung? Oft spielt der Nocebo-Effekt eine große Rolle, wie eine US-Studie zeigt.
PonyWang, iStockphoto, iStock/PonyWang

Es pikst einmal kurz – und zack, dann war es das eigentlich auch schon. Der Impfstoff ist im Oberarm, wird dort sofort von unserem Immunsystem als körperfremd identifiziert, untersucht und bekämpft. In der Folge sind wir besser auf ein Virus vorbereitet. Viele Menschen leiden nach der Impfung aber unter meist moderaten Impfreaktionen: Kopf- oder Gliederschmerzen, Müdigkeit und Schmerzen an der Einstichstelle kommen am häufigsten vor. Doch sind diese Beschwerden wirklich echt? Oder eingebildet – weil ja alle über die möglichen Nebenwirkungen reden? Wie es laut einer neuen Meta-Studie aussieht, ist sehr oft letzteres der Fall.
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Erwartungshaltung und Selbstwahrnemung

Unsere Erwartungshaltung und Selbstwahrnehmung spielt auch bei den Nebenwirkungen der Corona-Impfung eine große Rolle. Das Phänomen ist in der Wissenschaft und Medizin als Nocebo-Effekt bekannt. US-Wissenschaftler des Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston haben den jetzt in Zusammenhang mit den Corona-Impfungen genauer unter die Lupe genommen, indem sie Daten aus zwölf verschiedenen Studien analysierten. Darin wurden die Nebenwirkungen von 45.380 Teilnehmern beschrieben. Zirka die Hälfte von ihnen hatte echten Impfstoff erhalten, die andere Hälfte ein Placebo in Form von Kochsalzlösung.

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76 Prozent der systemischen Nebenwirkungen sind „eingebildet“

Nach der ersten „Impfstoff“-Dosis kam es in der Placebogruppe bei einem Drittel (35 Prozent) der Teilnehmer zu systemischen Nebenwirkungen, also welche, die über lokalen Schmerzen an der Einstichstelle hinausgingen. Von Kopfschmerzen und Müdigkeit wurde am häufigsten berichtet.
Bei der zweiten Dosis sank der Wert auf 31 Prozent. In der Impfstoffgruppe berichteten 46 Prozent der Teilnehmer von mindestens einer systemischen Nebenwirkung. Zwei Drittel erlebten lokale Effekte wie Schmerzen an der Einstichstelle.

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Durch einen Daten-Vergleich errechneten die Forscher dann den Anteil der Placeboeffekte, die in der Impfstoffgruppe aufgetreten sind. Demnach waren wahrscheinlich rund 76 Prozent der systemischen Nebenwirkungen auf den sogenannten Nocebo-Effekt zurückzuführen.

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Nocebo: Kleiner Bruder des Placebo-Effekts hat schmerzverstärkende Wirkung

Der Nocebo-Effekt ist quasi der kleine Bruder des Placebo-Effekts. „Als Placebo bezeichnet man ja normalerweise ein Medikament, in dem gar kein Wirkstoff drin ist“, erklärte Mediziner Dr. Christoph Specht uns im Juli 2021. „Man sagt dem Patienten aber, es sei ein starkes Schmerzmittel, der Patient glaubt das – und tatsächlich empfindet er auch eine schmerzlindernde Wirkung.“

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Der negative Nocebo-Effekt hat im umgekehrten Fall eine schmerzverstärkende Wirkung. „In der gesamten Medizin, da machen auch Impfungen keine Ausnahme, spielt unsere Erwartungshaltung eine ganz, ganz große Rolle“, erklärte der Medizin-Experte, „wenn wir ein Medikament nehmen beispielsweise und denken, oh Gott, das hat bestimmt ganz viele Nebenwirkungen oder es wirkt vielleicht auch gar nicht, nur negativ, dann werden wir auch mehr Nebenwirkungen erleben.“

„Einbildung“ aber sogar physiologisch messbar

Aber diese Schmerzen sind tatsächlich nicht bloß eingebildet – also sogar messbar vorhanden, wie Specht erklärt: „Interessant ist, dass dieser Nocebo-Effekt tatsächlich auch physiologische Auswirkungen haben kann, also das Fieber kann tatsächlich stärker sein, messbar stärker, das kennen wir aus der Medizin in anderen Bereichen auch, bei der Blutdrucksenkung, beim Schmerzlevel, überall, man kann solche Dinge tatsächlich messen.“ (ija)

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