Enttäuscht von Generation Z

Molkerei-Chef stellt nur noch Mitarbeiter über 60 ein

23.02.2024, Italien, Zanè: Der Geschäftsführer des Molkerei-Unternehmens Brazzale AG, Roberto Brazzale, steht in seinem Firmensitz vor einem Bild. (zu dpa: «Molkerei-Chef in Italien stellt nur Mitarbeiter über 60 ein») Foto: Robert Messer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Molkerei-Chef Roberto Brazzale ist enttäuscht von den jüngeren Mitarbeitern.
dpa, Robert Messer

„Die heutigen 60er sind die neuen 40er.“
Ein italienischer Molkerei-Inhaber schwört auf die Alten und stellt für ein Projekt nur Menschen über 60 ein. Warum hinter der Idee ein ernstes Problem steckt.
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Chef kritisiert Generation Z: Jungen Mitarbeitern fehlt Tatkraft und Energie

Wenn Roberto Brazzale von den Neuen in seinem großen Molkereibetrieb erzählt, hat er ein breites Strahlen im Gesicht. Als „Goldmine“ bezeichnet er das etwas andere Team, das Brazzale zusammengestellt hat.

Der Italiener, der mit seinen zwei Brüdern eine der ältesten Molkereien des Landes betreibt, sorgt derzeit mit einer ungewöhnlichen Personalentscheidung für Aufsehen. Denn für einen bestimmten Unternehmenszweig stellt er nur Menschen über 60 Jahren ein. Von den Jungen ist er einfach enttäuscht.

Für ein neues Projekt suchte Brazzale vor einiger Zeit Angestellte. Neben den traditionellen Produkten wie der klassischen Butter und den Käsesorten Mozzarella, Grana Padano oder Scamorza wollte er spezielle Feinschmecker-Butterprodukte vermarkten. Tatsächlich habe er dafür auch einige Bewerber, die um die 30 sind, zum Probearbeiten vor Ort gehabt. Allerdings mit enttäuschenden Ergebnissen: Ihnen hätten Tatkraft und Energie gefehlt, sagt er. Die Jobs haben deswegen letztlich nur acht Männer und Frauen ab 60 Jahren aufwärts erhalten.

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„Für mich sind sie alle irgendwie jung, denn das Alter zählt nichts im Vergleich zum Enthusiasmus und auch zur Energie, die man mit über 60 Jahren noch haben kann“, sagt Brazzale. Er führt das für Butter und Käse bekannte Traditionsunternehmen Brazzale in Zanè in der norditalienischen Region Venetien.

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Statt Generation Z: Lieber mit alten Freunden zum Erfolg

Seine Entscheidung habe er nie bereut. Im Gegenteil: Seine neuen Mitarbeiter bringen viel Energie, Leidenschaft und vor allem Erfahrung mit. „Sie haben eine ganz andere Erfahrung als die Jungen. Sie haben verstanden, wie wichtig die Arbeit ist. Wenn man jung ist, versteht man das nicht - man versteht es erst später“, so Brazzale, der selbst Anfang 60 ist.

Bei seinen Neuen handelt es sich größtenteils um alte Bekannte und Freunde, die sich allesamt entweder aus der Schulzeit oder - typisch italienisch - von der zentralen Piazza der 6000-Einwohner-Gemeinde Zanè in Venetien kennen. Nach der Jugendzeit hatten sie andere Wege eingeschlagen. Sandro etwa war als Goldhändler tätig, Sonia führte mit ihrem Ehemann lange Zeit ein Restaurant.

„Wir sind alle Freunde und kennen uns gut“, betont Brazzale. „Deswegen herrscht auch ein stärkerer Teamgeist.“ Heute kümmert sich das Ü60-Team am Hauptstandort in Zanè um die Vermarktung von speziellen Buttersorten. Ugo ist etwa mit einem Foodtruck unterwegs und Sonia, mit der Brazzale früher gerne die Schule schwänzte, kümmert sich um die Verwaltung.

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Die heutigen 60er sind die neuen 40er

Nach Brazzales Worten hat sich aber auch einiges mit Blick auf das Selbstverständnis der Älteren verändert. „Es hat sich das Vorurteil herausgebildet, dass man mit 60 nichts mehr zu sagen hat. Oder sogar, dass man in diesem Alter nur noch in die Rente gehen will. Das ist nicht wahr.“ Die heutigen 60er seien die neuen 40er, lautet einer seiner markigen Sprüche.

Brazzale ist von seinen gleichaltrigen Mitarbeitern begeistert. Und er wird nicht müde zu betonen, dass er kaum junge Leute kenne, die so viel schafften wie sein Ü60-Team. Doch: Wie es in ein paar Jahren weitergehen soll, wenn einige seiner Angestellten dann doch in Rente gehen, weiß auch Brazzale nicht. Für den Moment läuft das Geschäft jedenfalls gut. Er sagt: Seine Mitarbeiter seien einfach „bravissimi“. (dpa/aze)