Gefährlicher Trend immer beliebter

Melatonin-Gummibärchen, damit das Kind besser einschläft? Genau davor warnen jetzt Kinderärzte

mother and son sleeping Keine Weitergabe an Drittverwerter.
Kindern Melatonin-Gummibärchen verabreichen, damit sie schneller einschlafen? Laut Medizinern keine gute Idee!
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Bunte Gummibärchen, die schmecken und das Kind schnell schlafen lassen!
Solche Melatonin-Bärchen als schnelle Einschlafhilfe klingen fast zu gut, um wahr zu sein. Kein Wunder also, dass sich das Nahrungsergänzungsmittel schon seit einiger Zeit auf Social Media zum Trend gemausert hat. Doch Kinderärzte halten das für riskant.
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Schlafhormon Melatonin: Das müsst ihr wissen

Heimlich mischt die Frau in dem TikTok-Video Melatonin-Gummibärchen in eine Tüte mit Süßigkeiten und reicht sie ihrem Kind. Schnitt, nächste Sequenz: Das Kind liegt in seinem Bett und schläft tief und fest. Videos wie diese gibt es in den sozialen Medien zuhauf. Mit Titeln wie „Wie du dein Kind in unter fünf Minuten zum Schlafen bringst“ bewerben Eltern Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin als absolutes Wundermittel für Kinder, die einfach nicht einschlafen wollen.

Tatsächlich spielt Melatonin beim Einschlafen eine wesentliche Rolle. Das natürliche Hormon wird in der Zirbeldrüse im menschlichen Gehirn produziert und wird aktiviert, wenn es dunkel wird. „Vitamin D kennen alle, das ist das Hormon des Tages“, erklärt Kinderarzt Ekkehart Paditz, der Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (DGSM) ist. „Melatonin ist der Gegenspieler, das ist das Hormon der Nacht.“

Im Internet und in Drogerien finden sich zahlreiche frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin, die meisten für Erwachsene. Es gibt sie in Form von Tabletten, Sprays, Tees, Tropfen und eben Gummibärchen.

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Im Video: Drei Tricks, mit denen man angeblich besser einschläft

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So gefährlich kann Melatonin bei (kleinen) Kindern sein!

Kinderarzt Paditz rät aber davon ab, den eigenen Kindern ohne Absprache mit einem Arzt eines dieser Produkte zu geben. Bislang wisse man noch zu wenig über die Abbauwege von Melatonin bei Säuglingen und kleinen Kindern, sagt der Arzt. Sicher sei, dass der Melatonin-Stoffwechsel bei ihnen langsamer laufe. Außerdem gebe es bei den in Studien geprüften Nahrungsergänzungsmitteln erhebliche Konzentrationsschwankungen. „Es wäre fatal, wenn Eltern Geld für irgendwelche Tütchen ausgeben, die nicht über den Rezeptblock des Arztes oder über die Apotheke kommen.“

In den USA gab es Paditz zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Todesfälle von Kleinkindern, die im zeitlichen Zusammenhang mit stark erhöhten Melatonin-Werten standen.

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Bei Kindern: Erst dann kann Melatonin hilfreich sein

Wenn Kinder unter ernstzunehmenden Schlafstörungen litten, sollten Eltern sich nicht auf frei käufliche Mittelchen verlassen, meint Paditz. „Eltern gehen damit ein ziemliches Risiko ein, dass möglicherweise schwerwiegende Krankheiten übersehen werden.“ Der Kinderarzt rät daher: „Kinder gehören zum Kinderarzt.“ Für betroffene Kinder und Jugendliche kann Melatonin per Rezept verschrieben werden.

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Paditz zufolge sollte die Dosis generell so gering wie möglich sein. Je nach Alter empfiehlt er, vor dem Zubettgehen zwischen 0,25 und 0,5 Milligramm des Melatonin-Medikaments einzunehmen.

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Besser sei es laut des Experten, Routinen zu entwickeln und vor dem Schlafen zur Ruhe zu kommen. Schließlich spielten auch Stress, Handys vor dem zu Bett gehen, Sorgen und Ängste eine Rolle beim Einschlafen. Eltern könnten Kindern am Bett beruhigend über den Kopf streicheln, ihnen ein Buch vorlesen oder ein Schlaflied singen. (dpa/vdü)