Das ist kein Gedöns!

Machen Sie auch mal feministische Außenpolitik, Herr Merz!

 Friedrich Merz CDU, Vorsitzender der Unionsfraktion, im Rahmen der 24. Sitzung des Deutschen Bundestages aus Anlass der Generaldebatte zum Etat des Kanzleramtes.. Berlin, 23.03.2022. Berlin Deutschland *** Friedrich Merz CDU , Chairman of the CDU/CSU parliamentary group, during the 24 session of the German Bundestag on the occasion of the general debate on the budget of the Chancellery Berlin, 23 03 2022 Berlin Germany Copyright: xXanderxHeinl/photothek.dex
Friedrich Merz, CDU-Chef und Vorsitzender der Unionsfraktion
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CDU-Chef Friedrich Merz regte sich vor ein paar Tagen im Bundestag darüber auf, dass die geplanten 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr womöglich auch in eine „feministische Außenpolitik“ investiert werden könnten.
Als ihm das Wort „feministische“ über die Lippen ging, machte er mit seinem Arm so eine Bewegung, als wolle er das Thema „feministische Außenpolitik“ zusammenknüllen und in der nächsten Parlaments-Mülltonne versenken.
In Richtung Ampel sagte der 66-Jährige: „Sie können von mir aus feministische Außenpolitik machen, feministische Entwicklungshilfepolitik, das können Sie alles machen, aber nicht mit diesem Etat für die Bundeswehr.“
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"Mir bricht es das Herz"

Auf die Replik von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schien der CDU-Chef allerdings nicht vorbereitet zu sein. „Mir bricht es das Herz. Wissen Sie, warum?“, fing Baerbock an.

Merz legte ironisch seine Hand aufs Herz. Baerbock fuhr aber fort und berichtete von Gesprächen mit Frauen in Srebrenica, die während des Bosnienkriegs Opfer von Vergewaltigung geworden waren.

Die Außenministerin berichtete, was die Frauen ihr erzählt hatten: „Frau Baerbock, damals wurde nicht gehandelt, Anfang der Neunzigerjahre, als sie, als ihre Töchter und Freundinnen vergewaltigt worden sind und Vergewaltigung als Kriegswaffe nicht anerkannt war, nicht vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt wurde. Deswegen gehört zu einer Sicherheitspolitik des 21. Jahrhunderts auch eine feministische Sichtweise. Das ist kein Gedöns, sondern das ist auf der Höhe dieser Zeit.“

Das saß.

Und Baerbock hat Recht. Auch bei diesem Vernichtungskrieg – und der Krieg, den Putin gegen das ukrainische Volk führt, ist ein Vernichtungskrieg – geht es auch um die Demütigung und letztlich die Vernichtung von Frauen.

"Vergewaltigung als Waffe"

Die Kriegsreporterin, Autorin und Filmemacherin Julia Leeb erklärt es so: „Während meiner zehnjährigen Arbeit in Kriegsgebieten musste ich erkennen, dass es, trotz unterschiedlicher Natur der einzelnen Konflikte, ein wiederkehrendes Muster gibt: und das ist die systematische Gewalt gegen Frauen, die mir in den unterschiedlichsten Gestalten begegnet ist. Vergewaltigung als strategische Waffen ist eine von ihnen.“

Leeb, die viele Krisenregionen auf dieser Welt besuchte, sagt weiter, dass die patriarchalen Strukturen immer noch dazu dienten, vor allem die Opfer und nicht die Täter zu stigmatisieren: „Gerade in den ländlichen Gebieten, wie z.B. in der Dem. Republik Kongo, wird durch den geschundenen Frauenkörper nicht nur die einzelne Frau zerstört. Langfristig zerbricht die Ehe, die Familie und die Gemeinschaft. Das ist das Ziel. Somit sind die systematischen Vergewaltigungen eine äußert billige Kriegswaffe.“

Auch in der Ukraine finden gerade Vergewaltigungen von Frauen statt. Der russische Präsident Wladimir Putin wird das wissen, er wird natürlich nichts dagegen unternehmen.

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Kein Gedöns!

Vielleicht klingt „feministische Außenpolitik“ für einige Männer nach Benachteiligung von Männern. Vielleicht klingt es für einige Männer (und natürlich auch Frauen) nach einer nicht ernstzunehmenden „links-grün-versifften“ und hochideologischen Politik.

Doch letztlich findet feministische Außenpolitik die richtigen Worte für den Schmerz der Mütter über ihre so jungen gefallenen Söhne. Die ukrainischen und russischen Mütter werden es uns bald erzählen. Und sie werden, so wie nach dem Völkermord in Srebrenica, fragen: Wo wart ihr eigentlich, als das passiert ist? Und was habt ihr dagegen getan?

Feministische Außenpolitik ist kein Gedöns, sagt Baerbock. Richtig. Und die Empfehlung an die Merz-CDU: Wer diese Partei modern ausrichten will, der wird verstehen müssen, dass an feministischer Außenpolitik kein Weg mehr vorbei führt.

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