Krieg in der Ukraine

Internationaler Strafgerichtshof ermittelt wegen Kriegsverbrechen

Ein moderner Neubau aus Glas und Beton im Stadtteil Scheveningen von Den Haag (Niederlande) ist seit April 2016 Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Der durch einen völkerrechtlichen Vertrag1998 auf Dauer eingerichtete IStGH ist kein Teil der Vereinten Nationen. (22.10.2021)
Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag
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Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der von Russland angegriffenen Ukraine eingeleitet. Das teilte Chefankläger Karim Khan am Mittwochabend in Den Haag mit. 39 Vertragsstaaten des IStGH hätten eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen, die die Ermittlungen ermöglichten.
Experten für Konfliktforschung, Menschenrechte und Waffenkunde prangern unterdessen den Einsatz von Streumunition gegen die ukrainische Bevölkerung an. Bei Angriffen dieser Art auf ukrainische Städte wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen in den vergangenen Tagen mehrere Menschen getötet, darunter auch Kinder.

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Experten prangern Streubomben an

„Wir müssen uns auf schlimmes Leid einstellen“, sagte Simone Wisotzki von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung angesichts der russischen Artillerie, die weiter an die großen Städte heranrückt, der Deutschen Presse-Agentur.

Als Streumunition werden Raketen oder Bomben bezeichnet, die noch in der Luft über dem Ziel zerbersten und eine Vielzahl kleiner Sprengkörper freisetzen, die sogenannte Submunition. Diese Mini-Bomben, in etwa so groß wie eine Getränke- oder Spraydose, fallen dann in einem Umkreis von mehreren Dutzend Metern zu Boden. Sie können selbst leicht gepanzerte Fahrzeuge durchschlagen und nicht nur durch ihre Splitterwirkung Menschen in der Nähe tödlich verletzen. Streumunition kann vom Boden aus durch Raketenwerfer abgefeuert, aber auch von Flugzeugen als Bombe abgeworfen werden.

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Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine in der vergangenen Woche hatte der Internationale Strafgerichtshof erklärt, er beobachte die Lage eingehend. Am Montag kündigte er dann seine Absicht an, Ermittlungen einzuleiten. Diese beziehen sich nun den Angaben zufolge zunächst auf mögliche Verbrechen, die vor der Invasion Russlands begangen wurden. Angesichts der Ausbreitung des Konflikts sollten die Ermittlungen seiner Ansicht nach aber erweitert werden.

Das Gericht hatte bereits Vorfälle bei der Niederschlagung pro-europäischer Proteste in Kiew 2013/2014 untersucht, ebenso bei der russischen Besetzung der Krim 2014 und in der Ostukraine.

Es gebe „eine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine begangen wurden“, hatte der Chefankläger mitgeteilt. Die Untersuchung solle sich auf mögliche Verbrechen aller Parteien in dem Konflikt richten.

Angesichts der Ermittlungen wiederholte Khan am Donnerstag seinen Aufruf an alle Beteiligten an Kampfhandlungen in der Ukraine, „sich streng an die geltenden Regeln des internationalen humanitären Völkerrechts zu halten“.

Die Ukraine ist zwar kein Vertragsstaat des Weltstrafgerichts. Allerdings hat das Land in Erklärungen nach Angaben der Anklage die Zuständigkeit des Gerichts bei der möglichen Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf seinem Territorium seit November 2013 akzeptiert. Russland erkennt das Gericht nicht an. (dpa/eku)

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