Ein Erfahrungsbericht

Ich bin Corona-Erstkontakt - und jetzt?

RTL-Reporterin MAdeline Zilch
RTL-Reporterin Madeline Zilch war Corona-Erstkontakt und musste in Quarantäne.
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„Jetzt hat es mich also auch getroffen“. Das war meine erste Reaktion auf die Nachricht, dass ich Kontakt mit einem Corona-Infizierten hatte. Nun bin ich offiziell Erstkontakt. Irgendwie kein schönes Wort. Seit über einem halben Jahr beherrscht das Virus die ganze Welt. Seitdem berichte ich als Reporterin über fast nichts anderes mehr. Zugegeben: Überrascht bin ich deshalb nicht, als ich diese Nachricht bekomme. Die Zahlen der mit Covid-19 Infizierten steigen rasant. Weltweit gibt es über eine Million Tote. Ob ich nun Angst habe? Ja! Denn schließlich heißt Erstkontakt: Es besteht die Möglichkeit, dass ich infiziert bin.
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Was ist passiert?

Es war ein Montag. Genauer gesagt der Montag vor zwölf Tagen, als ich draußen an der frischen Luft zu einem Fotoshooting verabredet war. Der Fotograf und ich haben Abstand gehalten. Masken haben wir keine getragen. Es war Mittwoch, als er mir plötzlich eine WhatsApp schrieb, dass er positiv sei. „Wen habe ich alles getroffen und wo war ich überall“, schießt es mir direkt durch den Kopf. Der Fotograf hat meine Daten direkt beim Gesundheitsamt hinterlegt. Denn nur so kann das Amt nachvollziehen, wer das Virus in sich tragen und weiterverbreiten könnte. So weit. So gut.

Warum meldet sich keiner bei mir?

Erstkontakt heißt Quarantäne. Vierzehn Tage Isolation. Sobald man länger als 15 Minuten auf einen Corona-Infizierten getroffen ist. Diese Anordnung muss eigentlich per Telefon oder Brief vom Gesundheitsamt kommen. Eigentlich. Doch die Ämter sind am Limit, kommen nicht mal hinterher, sich bei den Infizierten zu melden, um sie in Quarantäne zu schicken. Was das heißt? Man muss sich als Erstkontakt selbst - also freiwillig - in Quarantäne stecken. Was selbstverständlich sein sollte, denn schließlich will man andere Menschen nicht anstecken. Und was wenn nicht?

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Im Video: RTL-Reporterin Madeline Zilch erzählt von ihren Erlebnissen

Mutwillig andere anstecken, das kann eine Straftat sein

Die Verwirrung ist groß. Ob Freunde oder Familie, Posts bei Instagram oder Facebook. Überall höre und lese ich das gleiche: „Was soll ich jetzt tun?“ und „Warum meldet sich keiner bei mir?“ Auch ich wundere mich. Denn weder an Tag drei, vier oder fünf meiner Quarantäne habe ich Post oder einen Anruf vom Gesundheitsamt erhalten. Warten. Für einen ungeduldigen Menschen wie mich gar nicht mal so einfach. „Kann ich nicht einfach auf direktem Weg zu einer Teststation fahren?“, frage ich mich. Nein, auf keinen Fall!

Damit kann man sich sogar strafbar machen, erklärt mir Rechtsanwältin Nicole Mutschke. „Ein Bußgeld kann wohl nicht verhängt werden, aber mutwillig andere anstecken, das kann eine Straftat sein. Im schlimmsten Fall ist das sogar eine gefährliche Körperverletzung. Wenn ein Mitarbeiter mit Symptomen zur Arbeit kommt und daraufhin alle krank sind, dann könnte dem Mitarbeiter sogar ein hoher Schadensersatz vom Chef drohen. Da kann schon eine ordentliche Summe zusammenkommen.“ Trotzdem müsse es eine bessere Regelung geben, findet Mutschke. Eine Regelung wie bei der Corona-Einreisebestimmung. „Es müsste eine Regelung geben die z.B. besagen könnte, wenn man länger als fünfzehn Minuten mit einer infizierten Person in einem Raum war, dann muss man sich in Quarantäne begeben.“

Aber es gibt andere Lösungen. Bei Symptomen und wirklich nur bei möglichen Anzeichen kommt ein mobiles Abstreichteam vom Gesundheitsamt vorbei. Andernfalls kann man sich auch bei seinem Hausarzt melden. Abgesehen von meinem alljährlichen Reizhusten hatte ich ein Brennen im Hals. Starke Halsschmerzen. Immerhin ein mögliches Anzeichen für das Coronavirus. Ich melde mich beim Gesundheitsamt. Per E-Mail, denn an die Strippe habe ich niemanden bekommen.

Tag 12 - Endspurt

Das mobile Abstreichteam kommt innerhalb von zwei Tagen. Einen Brief mit meiner Quarantäne Anordnung habe ich allerdings immer noch nicht erhalten. An Tag zwölf hake ich nach. In meiner Funktion als Reporterin, nicht als Privatperson in Quarantäne. Wie lange muss man als Erstkontakt auf eine Benachrichtigung warten? „Das hängt vom Arbeitspensum ab“, so das Gesundheitsamt Köln. Derzeit kann das Amt also nicht genau sagen, wie lange es dauert, bis der Erstkontakt Bescheid bekommt. Der Grund: ein extrem hohes Testaufkommen. Das heißt, jeder muss sich selbst in Quarantäne stecken. Auch wenn das viel Disziplin erfordert. Falls Sie in Quarantäne übrigens ein negatives Testergebnis erhalten, bedeutet das nicht gleichzeitig, dass Sie die Quarantäne frühzeitig beenden dürfen. „Die Quarantänezeit beträgt vierzehn Tage, da man bis zum 14. Tag nach dem Erstkontakt krank werden und das Virus verbreiten kann“, erklärt das Amt mit Nachdruck.

Wird jetzt alles besser?

Ab Montag kommt der zweite Lockdown. Ziemlich uncool für mich, denn an diesem Tag darf ich mich endlich wieder aus meiner 40 Quadratmeter großen Wohnung rausbegeben. Endlich wieder spazieren gehen, frische Luft atmen. Ich kann inzwischen mit geschlossenen Augen vom Bett ins Bad und von da in die Küche laufen. Mit den kleinen Dingen muss man zufrieden sein, denke ich mir.

Aber wird jetzt alles besser? Werden die Zahlen zurückgehen und somit auch das Gesundheitsamt entlastet? Das Gesundheitsamt in Köln ist positiv gestimmt: „Ja, das wird aber deutlich zeitlich verzögert eintreten. Man geht davon aus, dass die Maßnahmen erst nach zwei bis drei Wochen Wirkung entfalten und die Zahlen zurückgehen.“

Etwas Positives hatte die Quarantänezeit dann doch irgendwie. Man schafft Dinge, für die man sich sonst einfach viel zu wenig Zeit nimmt. Und ganz wichtig: Nicht verzweifeln, auch das habe ich jetzt gelernt.