Nur drei Verletzte nach Feuer in Wohnkomplex

Das Wunder von Essen: Darum ging der Großbrand so glimpflich aus

 21.02.2022 , Essen , Ein Mehrfamilienhaus mit beinahe 50 Wohneinheiten an der Bargmannstraße steht im kompletten Vollbrand , Feuerwehr Essen im Grosseinsatz , noch keine Erkenntnisse über Opfer. *** 21 02 2022 , Essen , A multi-family house with almost 50 residential units on Bargmannstraße is in complete conflagration , Essen fire department in large-scale operation , no knowledge yet about victims
In Essen ging ein Wohnkomplex in Flammen auf.
www.imago-images.de, imago images/Reichwein, Christoph Reichwein (crei) via www.imago-images.de
von Valerio Magno, Alexandra Callenius, Jan Dafeld und Ulrich Klose

Ein Wohnkomplex, der vom Erd- bis ins Dachgeschoss komplett in Flammen steht - die Feuerwehr spricht von einer bislang völlig unbekannten Größenordnung, Anwohner von Szenen, die an die Apokalypse erinnern. Und doch geht der Großbrand in Essen vergleichsweise glimpflich aus. Wie konnte ein größeres Unglück verhindert werden?

Feuerwehr Essen: "Können von einem kleinen Wunder reden"

 21.02.2022 , Essen , Ein Mehrfamilienhaus mit beinahe 50 Wohneinheiten an der Bargmannstraße steht im kompletten Vollbrand , Feuerwehr Essen im Grosseinsatz , noch keine Erkenntnisse über Opfer. *** 21 02 2022 , Essen , A multi-family house with almost 50 residential units on Bargmannstraße is in complete conflagration , Essen fire department in large-scale operation , no knowledge yet about victims
Das Mehrfamilienhaus in Essen brannte komplett aus.
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„Wir können tatsächlich von einem kleinen Wunder reden“, zeigt sich Christoph Riße von der Feuerwehr Essen erleichtert. Man sei „mit zwei blauen Augen davongekommen“, sagt er, nachdem das Schlimmste in Essen offenbar überstanden ist.

Die "massive Brandausbreitung“ habe „alle Einsatzkräfte sehr überrascht.“ Einen Brand von ähnlichem Ausmaß habe die Essener Feuerwehr "definitiv" noch nicht erlebt. Und doch konnte ein größeres Unglück offenbar verhindert werden.

Drei Menschen mussten mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden, nachdem sie aus den Flammen gerettet wurden. Schwere Schäden hat allerdings niemand davongetragen. „Weitere Verletzte oder Tote haben wir nicht zu beklagen“, bestätigt Riße. Angesichts der angsteinflößenden Bilder aus der Nacht eine Nachricht, die kaum zu glauben ist.

Großbrand in Essen: Anwohner retten Rollstuhlfahrer aus den Flammen

„Die Geschwindigkeit, mit der sich der Brand ausgebreitet hat, ist für alle unbegreiflich“, schildert Sebastian Jäger, der selbst in dem Haus wohnte, die Szenen. „Das war herzzerreißend“, sagt er. „Apokalypsemäßig.“

Dass keine Menschen in dem Flammenmeer umkamen, ist auch dem beherzten Eingreifen zahlreicher Anwohner zu verdanken. Anwohnern wie Martin Kotzur. Der Essener rettete zwei Rollstuhlfahrer aus dem Feuer, trug sie gemeinsam mit anderen Bewohnern und Feuerwehrmännern aus den Flammen.

Auch Lennart Diedrich, der in einem Haus gegenüber wohnt, rettete einen Rollstuhlfahrer aus dem Feuer. „Ich bin einfach rein, die Treppe hoch“, berichtet einer der Helden der Stunde. „Das war ein Automatismus. Ich habe mir nicht groß Gedanken gemacht.“

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Feuer in Essen: Rauchmelder verhindern größere Katastrophe

Dass in Essen ein größeres Unglück verhindert werden konnte, liegt aber sehr wahrscheinlich auch an den wirkungsvollen Brandschutzmaßnahmen in dem Wohnkomplex. „In Deutschland gibt es gesetzliche Regelungen, die dem Brandschutz dienen. Das Gebäude in Essen war ja noch relativ neu, da kann man dann davon ausgehen, dass diese Regelungen gut umgesetzt wurden“, erklärt Frank Hachemer, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands und Sachverständiger für Vorbeugenden Brandschutz. „Das Gebäude stürzt also nicht so schnell ein, Feuer und Rauch können sich nicht so schnell ausbreiten.“

Besonders wichtig außerdem: Die Brandmelder. „In dem Gebäude waren überall Rauchmelder installiert“, sagt Riße. „Die haben genau das gemacht, was sie tun sollten. Nämlich die Anwohner gewarnt.“ „Dass es in allen Häusern Rauchmelder gibt und dass diese funktionieren, ist enorm wichtig“, stimmt ihm auch Hachemer zu.

Wie konnte sich das Feuer in Essen so schnell ausbreiten?

Die Brandschutztüren in dem Gebäude seien zuletzt im März 2021 gewartet worden, teilte ein Sprecher des Hauseigentümers „Vivawest“ mit. Die Dämmung des Hauses erfolge zudem überwiegend mit Mineralfaserplatten, weil diese weniger brandanfällig als Polysterol-Dämmstoffe seien.

Wie sich das Feuer trotz der Vorkehrungen in dem Wohnkomplex so schnell ausbreiten konnte, ist aktuell noch unklar. Experten vermuten, dass sich die Flammen über die Fassade an dem Gebäude entlang gefressen haben. „Wind hat natürlich eine Rolle gespielt und die Flammen enorm angefacht“, sagt Riße. „Ob da noch weitere Materialien zukommen, können wir aktuell nicht sagen.“

Wie kann ich mich vor einem Großbrand schützen?

Und was kann man selbst tun, um sich vor gefährlichen Bränden zu schützen? „Einen Feuerlöscher zuhause zu haben, bringt in so einem Fall nichts“, meint Hachemer. „Ein Feuerlöscher ist zur Bekämpfung von Entstehungsbränden gut geeignet, bei fortgeschrittenen Bränden hat man kaum eine Chance.“

Viel wichtiger: Alle Rettungs- und Fluchtwege müssen frei sein. „Das ist das Wichtigste“, so der Brandschutz-Experte. „Dort dürfen keine Sachen stehen, die brennen können. Andernfalls können die Fluchtwege während eines Feuers schnell ebenfalls nicht mehr begehbar sein.“ Ein Tipp, der in Essen offenbar bereits beherzigt wurde – zum Glück!