Fiese Schockanrufe und Enkeltrick-Abzocke

"Nicht mit mir!" Gewitzter Rentner legt Trickbetrüger aufs Kreuz

Mit seiner Hilfe konnte die Polizei die Trickbetrüger festnehmen.
Trickbetrüger wollten Bruno Schmaus abzocken - doch der gewiefte Rentner drehte den Spieß um.
privat

von Petra Schaffarzik

„Ich habe ein Kind überfahren, ich brauche dringend Geld“ oder „Ich sitze beim Notar und könnte eine Wohnung in München kaufen.“ Mit solchen Anrufen, die angeblich von ihren Kindern stammen, sollen Senioren um Geld und Schmuck gebracht werden. Miese Trickbetrüger versuchen immer wieder, ältere Menschen auszunehmen. Doch bei dem 76-jährigen Rentner Bruno Schmaus aus Pullach bei München sind sie an den Falschen geraten.

Lese-Tipp: "Ihr Kind hatte einen Unfall!" Wie Betrüger Eltern mit Schockanrufen um ihr Geld bringen

Jemand versucht, mich reinzulegen!

Beim ersten Mal, im Sommer 2014, war es angeblich sein Lieblingssohn, der sich bei ihm meldete: "Grüß Dich Bruno, na, erkennst du mich noch?", fragte der Mann, wie „SZ“ zuerst berichtete. Zuerst hatte er wegen des Dialekts an seinen Studienfreund Günther gedacht, erinnert sich Schmaus im Gespräch mit RTL. Doch als der Anrufer ihn fragte "Wer ist dein Lieblingssohn?", war ihm klar: „Das ist jemand, der versucht, mich reinzulegen.“ Sein angeblicher Sohn sagte ihm, er sitze gerade bei einem Notar in München und wolle dort eine Wohnung kaufen. Weil aber auch andere Wohnungsinteressenten beim Notar warteten, brauche der junge Mann jetzt sofort ganz dringend Bargeld von seinem „Vater“, um sich die Wohnung zu sichern.

Schmaus, ein ehemaliger Laiendarsteller mit viel offenkundiger Freude an der Schauspielerei, dachte sich: "Da spiel ich doch jetzt mit." Ganze zweieinhalb Stunden hielt er den Anrufer an der Strippe und tat so als sei er ein „tattriger und gebrechlicher alter Greis“, schmunzelt der Rentner.

Er tat so, als habe er kein Handy und als sei er allgemein schon etwas dement. Weil er in dem Moment damit rechnete, dass die Kriminellen auch sein Haus beobachten, nahm er sich seinen Spazierstock und humpelte auf scheinbar zittrigen Beinen in seinem Garten umher. Er erzählte ihnen, dass das lange Telefonat ihn angestrengt und durstig gemacht habe, er müsse jetzt unbedingt ein Glas selbstgemachten Himbeersaft trinken – ein Vorwand, um das Telefon beiseite legen zu können und vom Handy aus die Polizei anzurufen.

In diesem ersten Fall gab es leider noch keine Festnahme, weil der Täter anscheinend die Adresse von Schmaus nicht fand.

Im Video: Was Sie bei Schock-Anrufen tun sollten

Fiese Masche: Was Sie bei Schock-Anrufen tun sollten Kampagne gegen Telefon-Abzocke
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Stundenlang führt Bruno die Betrüger an der Nase herum

Doch kaum vier Wochen später folgte ein erneuter Anruf. Dieses Mal war es angeblich Schmaus‘ Tochter Anna, die eine Wohnung in München kaufen wollte und sofort 35.000 Euro brauchte. Auch da ließ sich Schmaus mit viel schauspielerischem Talent und diebischer Freude auf die Unterhaltung ein: Er sei ja ein alleinstehender alter Herr, und ob er denn, wenn er seiner Tochter das Geld für die Wohnung gebe, auch zusammen mit ihr dort einziehen könne? Stundenlang habe er die vermeintliche Tochter „an der Nase herumgeführt und ihr das Blaue vom Himmel gelogen,“ während er parallel wieder die Polizei per Handy informierte. „Ich habe mich benommen wie ein tattriger alter Mann, der alles vergisst und kein Handy hat. Damit habe ich Zeit gewonnen und mit dem Handy heimlich nebenher die Polizei gerufen.“

Dieses Mal gelang die Festnahme der Betrügerin: Bei der fingierten Übergabe von Geld und Schmuck nahmen zwei Polizeibeamte eine erst 17 Jahre alte Polin fest.

Lese-Tipp: Dreiste Whats-App-Abzocke: So ziehen Betrüger Ahnungslosen das Geld aus der Tasche

Schockanrufe: Eine besonders miese Masche!

Den wohl schockierendsten Anruf erhielt Schmaus im Februar: „Papa, hilf mir, es ist etwas Schreckliches passiert!“ tönte es verzweifelt aus dem Hörer. Es war angeblich sein Sohn, der ihn anrief und den Hörer direkt an einen Polizisten weitergab, der Schmaus erzählte, dass sein Sohn eine Mutter und ihr Kind überfahren habe, die Mutter sei noch am Leben, aber das 6-jährige Mädchen sei gestorben. Der Sohn sei in Haft. Nun solle Schmaus 150.000 Euro Kaution für ihn stellen.

Weil der Sohn aber in dem Moment neben ihm saß, wusste Schmaus, dass es sich einmal mehr um Trickbetrüger handelt und spielte wieder mit: „Ich tat so, als würde ich fast in Ohnmacht fallen, jammerte die ganze Zeit vor mich hin: mein armer Sohn, oh Gott, was mache ich nur, mein armer Sohn …“ Und auch dieses Mal gelang es dem gewitzten Senior, die Polizei zu holen.

Heute gibt er offen zu: "Ich hatte richtig Spaß daran." Die Polizisten hörten das Telefonat mit an und mussten sich zurückhalten um nicht laut loszulachen über sein schauspielerisches Talent. Für die fingierte Übergabe packten Schmaus, sein Sohn und die Polizeibeamten Walnüsse und allerlei Krimskrams statt Schmuck und Goldbarren in einen Beutel. Gefasst wurde dieses Mal eine 36-jährige Tschechin.

Schmaus muss immer noch lachen, wenn er daran denkt, wie er den Spieß gegenüber den Betrügern herumdrehte. Und von der Polizei gab es ein Jobangebot: Für einen wie ihn hätten sie dort immer Verwendung.

Das sind die fiesesten Tricks

Schockanrufe: Der vermeintliche Freund oder Verwandte ist angeblich in einen schweren Unfall im Ausland (oft Russland) verwickelt und muss sich sofort mit Bargeld von der drohenden Gefängnisstrafe freikaufen.

Falsche Polizisten täuschen Einbrüche beim Nachbarn vor und wollen in Ihrer Wohnung angeblich die Sicherheit Ihrer Geld- und Schmuckverstecke überprüfen.

Callcenter-Betrügereien: Dabei werden Vorauszahlungen für angebliche Gewinne gefordert oder Straf- bzw. Inkassoverfahren angedroht, die nur durch hohe Zahlungen abgewendet werden können. In einigen Fällen riefen falsche BKA-Beamte bis zu 30 Mal am Tag an, um so Druck auf ihre Opfer auszuüben.

Die Polizei rät eindringlich: Nicht zahlen, lieber sofort 110 anrufen.