Auch bei den Preisen lohnt der kritische Blick
Diese IGeL-Leistungen verursachen mehr Schaden als Nutzen

Warum werden uns beim Arztbesuch immer wieder individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, angeboten oder sogar empfohlen, deren Kosten wir dann selbst tragen müssen? Und wie können Sie ganz konkret herausfinden, wie sinnvoll die Ihnen empfohlenen Leistungen sind, ob Ihre Gesundheit wirklich davon abhängt und ob der Preis dafür gerechtfertigt ist? Wir erklären es Ihnen.
Unklar, eher negativ oder negativ: Mehrzahl der Leistungen lohnen nicht
Der medizinische Nutzen vieler Selbstzahlerleistungen in Arztpraxen bleibt aus Expertensicht zweifelhaft. Das gilt auch für neue Angebote für langwierige Erkrankungen. Von insgesamt 55 bewerteten Individuellen Gesundheitsleistungen sei keine als positiv und zwei als eher positiv eingestuft worden, erklärte der Medizinische Dienst des Bundes kürzlich in einer Pressemitteilung. Der weitaus größte Teil sei als unklar, als eher negativ oder als negativ bewertet worden.
IM VIDEO: IGeL-Leistungen - welche brauchen wir wirklich?
Wie finden Patienten heraus, ob sie eine Leistung wirklich brauchen?
Laut Dr. Nina Buschek, Expertin der „Apotheken Rundschau“, ist es grundsätzlich wichtig, dass sich Patienten nicht unter Druck setzen lassen. Wer sich nicht sicher sei, ob er eine Leistung wirklich brauche, solle sich die Zeit nehmen, darüber nachzudenken. Die Expertin rät, im Zweifelsfall darauf hinzuweisen, dass man einen Termin für die entsprechende Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt vereinbaren möchte. In der Zwischenzeit könne man sich bei einer unabhängigen Stelle informieren.
Folgende Informationsstellen empfiehlt die Expertin:
Unabhängige Informationsstellen (z. B. die Verbraucherzentrale)
Unabhängige Gesundheitsportale (z. B. gesund.bund.de)
Rücksprache mit dem eigenen Hausarzt
Auch können IGeL-Leistungen die Patientinnen und Patienten je nach Praxis unterschiedlich viel kosten. Denn die Gebührenordnung lässt den Ärztinnen und Ärzten Spielraum bei der Abrechnung. Zum Beispiel bei der Einschätzung des Schwierigkeitsgrades der Behandlung. Das kann die Kosten um das bis zu 3,5-fache erhöhen.
Ein Preisvergleich in verschiedenen Praxen lohnt sich daher immer, so die Verbraucherzentrale NRW. Auf dem Informationsportal IGeL-Monitor findet man zudem zu erwartende Kostenspannen. Oder man ruft bei den Patientenberatungsstellen der jeweiligen Landesärztekammern an.
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Bei diesen vier IGeL-Leistungen überwiegt der Schaden den Nutzen
Definitiv „negativ“ bewertet werden vom Medizinischen Dienst aktuell folgende vier Leistungen. „Negativ“ bedeutet dabei: Der Schaden der IGeL überwiegt aus Dienstleistungssicht deutlich den Nutzen.
Colon-Hydro-Therapie: Sie steht seit 2012 auf dem Negativ-Index. Bei der Colon-Hydro-Therapie handelt es sich um eine spezielle Form der Darmspülung. Sie ist besonders in der Alternativmedizin verbreitet. Ziel ist die Linderung von Verdauungsbeschwerden und verschiedenen Erkrankungen sowie die Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens.
Durchblutungsfördernde Infusionstherapie beim Hörsturz: Es wird vermutet, dass Durchblutungsstörungen im Innenohr beim Hörsturz eine Rolle spielen. Deshalb werden Medikamente eingesetzt, die die Durchblutung verbessern. Allerdings kann keine Studie bislang den Nutzen belegen.
Immunglobulin G-Bestimmung zur Diagnose einer Nahrungsmittelallergie: Auch diese IGeL befindet sich seit 2012 in der Liste der „negativen“ Leistungen. Wenn jemand bestimmte Nahrungsmittel nicht verträgt, kann eine Allergie die Ursache sein. Zur Abklärung von Beschwerden, die auf eine Nahrungsmittelallergie zurückzuführen sein könnten, bieten manche Ärzte eine Bestimmung des Immunglobulins G (IgG) an. Aus immunbiologischer Sicht, da für Allergien ein anderer Typ von Immunglobulinen verantwortlich ist, ist ein Nutzen als Allergietest nicht zu erwarten.
Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung: Eine hochwertige Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2018 sowie die Langzeitergebnisse einer der wichtigsten Studien zu diesem Thema bestätigen dies: Mit einer Ultraschalluntersuchung (auch in Kombination mit Tumormarkern) sterben genauso viele Frauen an Eierstockkrebs wie ohne. Zudem werden Frauen durch falsch-positive Befunde oft unnötig verunsichert. (dpa/ija)
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