Mord ohne Leiche in Berlin Ali Koc im Interview: Zum ersten Mal spricht der verurteilte Mörder von Georgine Krüger (†14)
25. September 2006. Es war ein Montag, als die 14-jährige Georgine Krüger nicht mehr von der Schule heimkehrte. Ihre Oma wartete mit Essen auf sie, aber sie kam nicht. Die Schülerin geht auch nicht an ihr Handy. Sie wird als vermisst gemeldet. Seit diesem Tag ist Georgine spurlos verschwunden.
Ermittler gehen später von einem Mord aus. Bis heute bleibt ihre Leiche unentdeckt. Aber die Polizisten glauben, den Mörder von Georgine im Visier zu haben und setzen verdeckte Ermittler auf ihn an.
Zum ersten Mal bricht der verurteilte Mörder Ali Koc sein Schweigen

Es ist einer der rätselhaftesten und wohl spektakulärsten Mordfälle der deutschen Kriminalgeschichte: ohne Leiche und dennoch einem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder.
Das Opfer: Die 14-jährige Georgine Krüger aus Berlin
Der Täter: Ali Koc – ein Nachbar
Das Problem: Bis heute hat die Polizei keine objektiven Beweise
Polizisten tauchten getarnt als neue Freunde in das Leben des damals mutmaßlichen Täters ein und entlocken ihm nach eineinhalb Jahren ein Geständnis. Wegen dieses Geständnisses wird Ali Koc vor Gericht verurteilt. Er selbst hat sich noch nie öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Nicht einmal beim Prozess.
Ali Koc: „Mein Anwalt hat gesagt, ich soll schweigen, ich soll nicht reden. Ich wollte reden, er hat gesagt: Nein.“
Zum ersten Mal bricht er sein Schweigen in der Dokumentation „Ohne Filter Spezial – Lebenslänglich! Ohne Beweise“. Die Justiz untersagt ein Interview mit ihm, seine Aussagen werden in der Doku deshalb nachgestellt. Die ganze Doku finden Sie auch auf RTL+
Verschwinden von Georgine Krüger beginnt an der Bushaltestelle "Perleberger Straße" in Berlin
Thomas Ruf ist Leiter der Mordkommission. Im Interview erzählt er: „Objektive Beweise gab es in dem Sinne nicht. Wir haben weder Georgine, weder Bekleidung, also keine DNA oder Fingerspuren.“ Dennoch glauben sie fest daran, dass Ali Koc mit dem Mord an Georgine Krüger in Verbindung steht. Ein Indiz sind die Handydaten des Mörders und die des Opfers.
Georgines Oma versucht ihre Enkelin, am Tag ihres Verschwindens, um 14.04 Uhr zu erreichen. Es klingelt, aber niemand geht ran. Die Ermittler stellen fest: Das Handy befindet sich in der Funkzelle ihres Zuhauses. Die 14-Jährige ist also wie gewöhnlich mit dem M27er Bus bis zur Perleberger Straße in Berlin Moabit gefahren. Von dort aus sind es nur noch 200 Meter bis nach Hause. Jeden Tag läuft sie dabei direkt am Wohnhaus von Ali Koc vorbei.
Die Polizei konzentriert sich auf den Radius der Funkzelle. Um 14.06 Uhr wurde Georgines Handy schließlich ausgestellt. Ali Koc ist zum gleichen Zeitpunkt auch mit seinem Handy in derselben Funkzelle, der Stendaler Straße in Berlin, eingeloggt. Er wohnt allerdings nur fünf Häuser von dort entfernt.
Ali Koc bekommt die Suche nach der vermissten Schülerin in der Stendaler Straße live mit

Noch unwissend startet die Hundertschaft der Polizei eine groß angelegte Suchaktion in der Stendaler Straße. Leichenspürhunde werden eingesetzt. Sie laufen aber am Wohnhaus von Ali Koc vorbei. Er bekommt den Großeinsatz „live“ mit: „Die Polizei kam mit Hunden und mit Megafon. Flyer wurden an die Fenster geklebt, da habe ich sie zum ersten Mal in meinem Leben gesehen.“
Thomas Ruf, Leiter der Mordkommission: „Bei Ali Koc wurde auch geklingelt und er wurde auch befragt. Er sagte, er kennt Georgine nicht. Also wurden seine Personalien aufgenommen, mehr ist nicht machbar.“ Und auch der Keller, der Tatort gewesen sein soll. Ist zu diesem Zeitpunkt unauffällig.
„Die Polizei hat sich den Keller angeschaut, aber es gab keine Verdachtsgründe. Deshalb konnten sie nicht einfach in den Keller gehen. Von außen nichts zu sehen, keine Notwendigkeit, keine Hunde“, erzählt der Einsatzleiter der Mordkommission weiter.
Die Polizei befragt jeden Bewohner der Straße. Besonders im Visier: Sexualstraftäter. Allein im Postleitzahlbereich der Wohnung leben 150 Männer mit Vorstrafen durch sexuelle Hintergründe. All das führt allerdings noch immer zu keinem Ergebnis.
Drei Jahre später suchen Mantrailer nach Georgine Krüger

Die Ermittler um Thomas Ruf geben nicht auf. Drei Jahre nach dem Verschwinden von Georgine wenden sie eine neuartige Suchmethode an. Sogenannte Mantrailer: Suchhunde, die anders als Leichenspürhunde, Lebendgeruch aufspüren. Ihr Einsatz beginnt an der Bushaltestelle, von der aus Georgine verschwand. Keiner der Hunde läuft in Richtung des Kellers von Ali Koc. Der Leithund läuft sogar 30 Kilometer aus Berlin raus in ein Waldstück, aber auch dort finden die Beamten nichts.
Drei Tage lang soll Georgine angeblich in Ali Kocs Keller gelegen haben. Die Hunde aber nehmen eine andere Fährte auf. Warum am Ende kein einziger Hund den Weg zum vermeintlichen Tatort einschlagen hat, ist bis heute eines der großen Fragezeichen im Fall Ali Koc.
Ali Koc wird 2012 wegen sexueller Nötigung einer Minderjährigen vor Gericht verurteilt

Doch wie ist er ohne jeden Beweis überhaupt ins Visier der Ermittler geraten? Die entscheidende Wende bringt eine umstrittene Straftat im Jahr 2016 – erst zehn Jahre nachdem Georgine spurlos verschwunden ist.
Thomas Ruf, Leiter der Mordkommission: „Er ist aufgefallen, weil er 2012 ein Verfahren als Beschuldigter hatte, eine Jugendliche, sie war damals 17 Jahre alt, auf der Straße angesprochen hatte, sie in den Keller gelockt hat und dort in seinem Keller plötzlich unvermittelt begann anzufassen und sie sexuell zu nötigen.“
Das damalige Opfer: Nicole Kollath. Sie lebt in der gleichen Straße wie Georgine und Ali Koc. Vor Gericht gesteht er die Tat damals, heute aber erzählt Ali Koc, er habe die Tat nur aus einem Grund zugegeben: „Mein Anwalt hat gesagt, die haben einen Deal gemacht mit der Staatsanwältin. Wenn ich das zugeben würde, dann würde ich eine Bewährung bekommen und damit ich die Bewährung bekomme, hab ich gesagt, ich war das.“ Das Urteil lautet: eineinhalb Jahre auf Bewährung wegen sexueller Nötigung.
10 Jahre nach dem Verschwinden von Georgine Krüger stellt die Polizei einen Bezug zu Ali Koc her
2016 - erst vier Jahre nach dem Urteil stellt die Mordkommission den Vorfall in Bezug zur vermissten Georgine. Die Ermittler gehen nochmal alles durch, stellen fest, an der Hausnummer 3, wo Ali Koc wohnte, muss das Mädchen jeden Tag zwangsläufig vorbei, wenn sie nach Hause will. 2012 hat er die minderjährige Nicole Kollath in den Keller gelockt und sie sexuell genötigt.
Ab diesem Zeitpunkt gerät Ali Koc massiv unter Verdacht. Noch immer ohne objektiven Beweis. Keine Leiche, keine DNA, keine Fingerspuren. Die Mordermittlung unter Thomas Ruf greift zu einer ungewöhnlichen Methode.
„Bei der zu erwartenden Beweislage bleibt nur noch Instrument des verdeckten Ermittlers“, erklärt der Beamte. Und so entscheidet sich die Mordkommission „Hakan“ in das Leben des Langzeitarbeitslosen einzuschleusen.
Verdeckte Ermittler schleusen sich anderthalb Jahre in das Leben von Ali Koc
Zunächst observieren die Ermittler den Verdächtigen über Wochen und hören sein Telefon ab. Die Polizei bekommt mit, dass Koc finanzielle Probleme hat und setzt genau da an.
Der verdeckte Ermittler geht in ein Café, wo Ali sich täglich aufhält, die Kontaktaufnahme klappt sofort. „Hakan“ gibt sich als erfolgreicher Unternehmer aus und bietet dem Arbeitslosen schon beim ersten Gespräch einen Job an.
Ali Koc erinnert sich noch genau an das Kennenlernen: „Er hat gefragt, ob ich einen Transporter für ihn fahren kann, für 300 Euro.“ Dieser habe wegen seiner finanziellen Situation sofort zugesagt, erzählt er weiter.
Eineinhalb Jahre lang schleusen die verdeckten Ermittler sich in das Leben von Ali Koc. Werden Teil seiner Familie. Wie es ihnen gelungen ist, ihm am Ende ein Geständnis zu entlocken. Nächste Woche in „Ohne Filter Spezial – Lebenslänglich ohne Beweise“ um 01:15 Uhr bei RTL. (tsc / mca)






























































