„Zero-Waste-City” Kiel will weniger Müll
Bis zu 50 Cent mehr für einen Kaffeebecher? Kiel plant Steuer
Das Ziel: Weniger Abfall!
Rund 7,6 Millionen Einwegbecher wandern deutschlandweit täglich über den Tresen und landen dann ganz schnell im Müll. Das findet die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins nicht in Ordnung und möchte Vorreiter werden: Mit einer Verpackungssteuer sollen Mehrweg-Automaten für Kaffeebecher finanziert werden. Ob Kieler Verbraucher bis zu 50 Cent mehr für die Umwelt zahlen, klären wir im Video.
Becher-Rückgabe-Automaten für Kiel?
Kiels Umweltdezernentin Alke Voß hat klare Ziele für die Stadt: Sie möchte die Einwegbecher verbannen. Dafür hat sich die Stadt ein Konzept bei ihrer Partnerstadt Aarhus in Dänemark abgeschaut: Mehrweg-Rückgabe-Automaten für wiederverwendbare Becher. Diese hat sich Grüne-Politikerin Voß bei einem Besuch angeschaut. Es sei ein System, das wohl Erfolge verspricht: „Das ist der Game-Changer gewesen. Also durch diese Automaten in der Stadt haben die ihre Mehrwegquote auf über 50 Prozent erhöht und da wollen wir als Stadt Kiel auch gerne hin”, meint die Kommunalpolitikerin, denn die Stadt Kiel hat zurzeit eine Mehrwegquote von nur zwei Prozent. Doch wie sollen solche Automaten finanziert werden?

Betriebe unter Druck
Eine Verpackungssteuer, die die Gastronomen bei der Herausgabe von Einwegverpackungen zahlen müssen, soll die innovativen Mehrwegautomaten finanzieren. Unfair - finden viele Kieler Gastronomen und auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Stefan Scholtis, Geschäftsführer des DEHOGA Kiel, sorgt sich darum, dass lokale Gastronomen weiter unter finanziellen Druck geraten. „ln den letzten zwei, drei Jahren kann man sagen, haben ungefähr zehn bis 15 Prozent der Betriebe zugemacht. Sicherlich nicht immer aus denselben Gründen, aber die finanziellen Belastungen waren fast immer ausschlaggebend”, erklärt Scholtis im Gespräch mit RTL. Auch wenn er grundsätzlich für Mehrweg-Optionen ist, findet er nicht, dass gastronomische Betriebe diese finanzieren sollten.
Rechtlich ist die Verpackungssteuer seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende Januar jedoch zulässig. Die Stadt Tübingen bezieht seit 2022 eine solche Steuer. Die Klage einer Fast-Food-Kette wurde abgewiesen. Auf dieser Grundlage will die Stadt Kiel die Steuer ebenfalls prüfen.
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Mehr Kosten für den Kaffeebecher?
Auch Gastronom Lars Lenßen, der ein Franchise in der Kieler Innenstadt betreibt, hofft auf eine Alternative zur Verpackungssteuer. Er ist sich sicher, dass Gastronomen eine solche Steuer nicht tragen könnten und diese, zumindest zum Teil auf den Kunden übertragen müssen. „Die größte Gefahr ist natürlich ganz klar, dass der Verbraucher tatsächlich nicht bereit ist, diese Steuer zu zahlen. Man hört natürlich gerne, dass das viele wollen, aber vielen vielleicht gar nicht klar ist, dass das bedeutet, dass dann auch so ein Kaffeebecher plötzlich 0,50 € mehr kostet.”, fürchtet Lenßen im Gespräch mit RTL.
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Netzwerk „Zero-Waste-City”
Als erste Stadt in Deutschland hat sich Kiel dem internationalen Netzwerk „Zero Waste Europe“ angeschlossen und über 100 Maßnahmen zur Abfallvermeidung erstellt. Seit 2020 wird an der Umsetzung dieser Maßnahmen gearbeitet. Die durch die Verpackungssteuer finanzierten Becher-Rückgabe-Automaten sind eine davon. Die Stadt plant bis 2035, die Müllmenge zu halbieren. Ob die Gastronomen der Stadt da mitziehen? Das will die Stadt Mitte Februar in einem Treffen mit Gastronomie-Betrieben, der Industrie- und Handelskammer und dem Hotel- und Gaststättenverband diskutieren. Denn Umweltdezernentin Voß möchte die Maßnahme der Verpackungssteuer nur mit Zustimmung der Gastronomen umsetzen.