Das sagt der Mediziner zur StudieAlkohol senkt den Cholesterinspiegel! Sollten wir jetzt mehr trinken?
Alkohol ist schlecht!
Das weiß eigentlich jedes Kind, trotzdem lassen wir es uns – selbstverständlich als Erwachsene – nicht nehmen, regelmäßig ein leckeres Glas Wein oder ein gutes altes Feierabendbier zu trinken. Trotzdem ist uns bewusst: Gesundheitliche Vorteile gibt es selbst bei gepflegtem Alkoholkonsum so gut wie keine. Oder etwa doch?
Krasses Studienergebnis: „Gutes” Cholesterin dank Alkohol gestiegen, „schlechtes” Cholesterin sogar gesunken!

Lebererkrankungen, Bluthochdruck, verschiedene Krebsarten – auch wenn zu viel Alkohol allerlei Risiken mit sich bringt: Ein hoher Cholesterinspiegel scheint keines davon zu sein! Das zumindest wollen Forscher der Harvard University (USA) herausgefunden haben. Das Ergebnis ihrer Studie veröffentlichten sie jetzt in der medizinischen Fachzeitschrift JAMA Network Open.
Dabei schauten sich die Wissenschaftler 58.000 Erwachsene aus Japan an, die für einen Zeitraum von einem Monat regelmäßig untersucht und im Rahmen einer Beobachtungsstudie beobachtet wurden.
Die Bilanz: Die Probanden, die während des Testzeitraums von Nichttrinkern zu Trinkern wurden, konnten ihr „schlechtes” Cholesterin, das sogenannte Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL), senken. Gleichzeitig sei das „gute” Cholesterin, das High-Density-Lipoprotein-Cholesterin (HDL), sogar angestiegen.
Die Verbesserungen waren dabei so gravierend, dass die Werte, die typischerweise nur durch Cholesterinmedikamente erzielt werden können, übertroffen wurden. Bei denjenigen, die während des Studienzeitraums KEINEN Alkohol mehr tranken, sei der gegenteilige Effekt beobachtet worden: Hier stieg das schlechte Cholesterin an und das gute Cholesterin sank.
Eindeutige Sache, oder? Das klingt, als ist Alkohol doch gut für uns!
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Mediziner kritisiert die Studie: „Alkohol und Fettwerte war schon immer ein Thema”
So einfach ist das leider nicht, wie uns Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht im RTL-Interview erklärt: „Alkohol und Fettwerte war schon immer ein Thema. Denn bislang war man der Ansicht, dass Alkohol das ,gute’ Cholesterin nach oben treiben kann, was also gut wäre, und das ,schlechte’ Cholesterin hingegen weder positiv noch negativ beeinflusst wird.”
Die Studie bestätige nun Ersteres, so Specht. Und mehr noch: Das schlechte Cholesterin werde zusätzlich sogar noch gesenkt!
Trotzdem sagt der Experte: „Beobachtungsstudien, vor allem die, die auf Befragungen basieren, sind immer etwas mit Vorsicht zu genießen – selbst wenn, wie hier, recht viele Personen im Spiel waren.”
Und, es sei wichtig zu wissen, dass es bei dieser Studie nur um die Laborwerte ging. „Da interpretiert man natürlich sofort: Wenn das böse Cholesterin sinkt, dann müsste auch die Wahrscheinlichkeit für Gefäß-Kreislauferkrankungen, sprich für Schlaganfall oder Herzinfarkt, sinken. Das hat man in der Studie aber nicht nachgewiesen!”
Seine Kritik an der Studie:
Das Ergebnis beziehungsweise der Zusammenhang zwischen Alkohol und Cholesterin an sich sei nicht neu.
Der Beobachtungszeitraum sei zu kurz gewesen. „Ob es wirklich keine negativen Auswirkungen gibt, müsste man länger untersuchen. Das aktuell positive Ergebnis könnte einfach nur ein kurzfristiger Effekt sein.”
Selbst wenn Alkohol wirklich langfristig den Cholesterinspiegel senken würde, heißt das nicht, dass er gleichzeitig, an anderer Stelle, Gefahren mit sich bringt. „EINE Maßnahme hat selten nur einen Effekt. Es ist fast immer so, dass Nutzen und Risiken miteinander verbunden sind. Das ist sowohl in der Medizin als auch im echten Leben so.”
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Für einen vermehrten Alkoholkonsum könne nie eine Empfehlung ausgesprochen werden
Heißt: „Die Studie ist auf keinen Fall so zu verstehen, dass man jetzt anfangen sollte, mehr Alkohol zu trinken, um seinen Cholesterinspiegel zu senken. Das sollte man aus dem Ergebnis nicht ableiten. Es ist vielleicht eher – mit einem Augenzwinkern – ein Hinweis darauf, dass man nicht ganz auf Alkohol verzichten muss, wenn man es nicht will. Man sollte nur auf die richtige Menge achten”, so Specht.
Wie bei so vielen Dingen im Leben appelliert der Mediziner an den gesunden Menschenverstand und an ein gesundes Mittelmaß: „Man muss generell nicht päpstlicher sein als der Papst und eine Angst gegen Alkohol entwickeln. Da gibt es auch andere ‘gefährliche’ Dinge in unserem Alltag. 0,1 Liter Wein am Tag zum Beispiel ist eine vertretbare Größenordnung.”
Trotzdem sollte klar sein, dass man sich die gesundheitlichen Nachteile von Alkohol stets vor Augen führt. „Alkohol macht in vielen Dingen auch viel Schlechtes. Deswegen KANN es dafür gar keine Empfehlung geben, egal welche positiven Effekte er haben könnte.”
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Und gerade in Bezug auf einen hohen Cholesterinwert gibt es vielleicht auch andere Methoden, auf seine Gesundheit zu achten. Wie wäre es zum Beispiel mit einer gesunden Ernährung und bestimmten Lebensmitteln?