So gefährlich ist sein Job!„Du weißt nicht, was dich erwartet“ – Gerichtsvollzieher packt über seinen Arbeitsalltag aus

Auf sich allein gestellt, an vorderster Front.
Wenn Gerichtsvollzieher an der Tür klingeln wird meist gepfändet, beschlagnahmt oder geräumt. Ein Job, der die Beamten unbeliebt macht. Immer öfter werden sie Opfer von gewalttätigen Übergriffen, wie der erschütternde Fall eines erstochenen Gerichtsvollziehers aus dem Saarland aktuell zeigt. Im Interview mit RTL erklärt der ehemalige Obergerichtsvollzieher Andreas Fritz, wie gefährlich der Job wirklich ist.
Emotion oder Aggression, wenn es um Existenzen geht
Diese Tat erschüttert ganz Deutschland. Am Dienstagmorgen (25.11.) soll ein Gerichtsvollzieher in Bexback (Saarland) eine Räumung vollstrecken. Dabei wird er mutmaßlich von dem Bewohner mit einem Messer tödlich verletzt. Der Mann wird kurz darauf von der Polizei festgenommen.
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Gewalt gehört immer mehr zum Alltag eines Gerichtsvollziehers, sagt Andreas Fritz. Der derzeitige Bürgermeister von Diemelstadt (Hessen) hat zuvor 25 Jahre lang in dem Job gearbeitet und dabei einige Extremsituationen erlebt. „Wenn es um Existenz geht, werden Menschen emotional oder auch aggressiv”, erklärt Fritz. Besonders heikel sei dabei, dass Gerichtsvollzieher im Dienst auf sich selbst gestellt seien. Anders als Polizisten sind die Beamten bei ihren Terminen immer alleine unterwegs.
Im Video: Tödlicher Messerangriff auf Gerichtsvollzieher
„Du weißt nie, was ist da jetzt, wenn ich die Tür aufmache”
Nicht immer gebe es Probleme, meint der ehemalige Gerichtsvollzieher, in 99 Prozent seiner Fälle sei alles reibungslos gelaufen. Doch ab und zu gebe es eben auch Momente, in denen Fritz ein mulmiges Gefühl gehabt habe. Schließlich sei die Situation für die Schuldner hochemotional. „Bei einem Landwirt wurde ich auch schon mal mit einer Mistgabel vom Hof gejagt.“
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Eine Situation, die noch vergleichsweise harmlos ist. Kollegen von ihm hätten schon erlebt, dass zu einem Termin plötzlich zehn Leute im Wohnzimmer gesessen haben oder Beamte über Stunden von Schuldnern festgehalten wurden. Besonders riskant werde es darüber hinaus, wenn Waffen oder auch Hunde im Spiel seien. „Du weißt nicht, was dich dort erwartet. Es ist eine Extremsituation. Du weißt nie, was ist da jetzt, wenn ich die Tür aufmache.“
Alarmknopf, Schutzweste oder Pfefferspray
Die Polizei könne nicht zu jedem Vollstreckungstermin mitkommen, das sei nur bei extremen Fällen möglich. Um sich selbst vor Übergriffen zu schützen, können Gerichtsvollzieher Selbstverteidigungskurse machen und sich im Umgang mit Reizgas schulen lassen. Das habe Fritz bei seinen Diensten immer dabei gehabt, erzählt er. Wenn er eine Wohnung betreten habe, sei seine Hand immer am Pfefferspray gewesen.
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Außerdem gebe es noch Alarmknöpfe mit GPS, die im Notfall direkt die Polizei alarmieren oder Schutzwesten, die die Beamten im Dienst tragen können. Fritz selbst habe auf letztere aber verzichtet. Er habe sich sicher genug gefühlt. Das könnte aber auch an seinem eher ländlichen Einsatzgebiet gelegen haben.
Nicht nur pfänden, auch helfen
Trotz aller unvorhersehbaren Faktoren habe Andreas Fritz gerne als Gerichtsvollzieher gearbeitet. Er habe sich dabei als Mediator für die Schuldner gesehen. Denn als Gerichtsvollzieher gehöre es dazu, Betroffene zu beraten und ihnen einen Weg aus den Schulden zu zeigen. Oft seien Schuldner auch bemüht, etwas gegen ihre Schulden zu unternehmen.
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Nach dem Vorfall im Saarland fordert der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund ein besseres Schutz- und Sicherheitskonzept für Beamten im Außendienst. Als drei Hauptanliegen nennt der Vorsitzende Matthias Boek im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur eine verbesserte Ausbildung, bessere Schutzausrüstungen wie etwa stich- und schusssichere Westen sowie einen höheren Schutz der Privatsphäre von Gerichtsvollziehern.
Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche, dpa






























































