Reporterin Carolin von der Groeben wohnt eine Woche in Duisburger Problemhochhaus So schlimm ist es im „Weißen Riesen” wirklich
Kakerlaken, Müll, Gewalt!
Seit Monaten ist der „Weiße Riese“ in den Schlagzeilen. DHL-Postboten trauen sich hier nicht mehr ohne Security ins Haus. Wie ist es, eine Woche in diesem Problem-Hochhaus zu verbringen? Das haben wir getestet und mit den Bewohnern gesprochen.
Kein Ort für feine Nasen
Für mich allein sind die 68 Quadratmeter großzügig. Eigentlich schlafen hier aber bis zu sieben Handwerker, wenn sie auf Montage sind für die Dauer ihres Einsatzes. Und billig war die Wohnung nicht. 640 € zahle ich für die Woche. Für den Vermieter ein lohnendes Geschäft. Ja, es riecht auf jeden Fall gewaschen. Ich mache mir ein Bild vom Rest des Hauses.
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Kein Ort für feine Nasen. Dafür für Ungeziefer. Es stinkt wirklich widerlich. Man merkt, dass hier in die Ecken immer mal wieder uriniert worden ist. Eklig. Auf dem Weg durchs Haus treffe ich Ahmad, aus Syrien geflüchtet. Er arbeitet in einer Fastfoodkette und wohnt mit seinen vier Kindern hier und will weg.
Video: Alles wird geklaut
Frau Said aus dem Irak hat keine Angst
Was ist denn das, was hier stört? Nachbarn sagen: „Die Leute sind dreckig. Seit null Uhr kannst du nicht schlafen. Beispiel. Ich muss 7:00 aufstehen. Meine Kinder. Ich konnte nicht.“ Ich frage: „Haben Sie mal mit denen gesprochen und gesagt, hey, warum sind Sie so laut?” Antwort: „Ja, die machen gar nichts, verstehen kein Deutsch. Großes Problem”
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Ich treffe Frau Said aus dem Irak. Sie wohnt seit 2008 hier, zeigt mir spontan die Wohnung, in der sie mit ihrem Mann lebt. Gut gelaunt erzählt sie, dass sie den Weißen Riesen nicht gefährlich findet. „Bei mir ist ganz normal. Alles gut. Läuft, ja. Ich habe gar keine Probleme. Bis jetzt nicht. Aber weiter weiß das nicht.“ Es sei schön, sagt sie. Sie sehe die Umstände gelassen und habe „keine Angst, gar keine Angst.“
Die „Taubenwohnung” wird geräumt
An Tag zwei treffen wir Gerold Kitzmann. Er ist Rentner. Vor 19 Jahren kaufte er eine Wohnung im Weißen Riesen, vor acht Jahren eine zweite. Diese hier kostete ihn 20.000 €. Heute ist sie noch weniger wert. „Fühlen Sie sich hier immer noch zu Hause?“, frage ich ihn. „Wir versuchen, das Beste draus zu machen. Wir haben natürlich große Probleme, weil hier am Wochenende Remmidemmi ist. Wenn ich dann mal hier hinkomme von draußen. Das ist wie die Disco“, sagt er.
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Schlagzeilen machte das Problemhochhaus, weil sich in der Vergangenheit DHL-Boten geweigert hatten, Pakete auszuliefern. Inzwischen kommen sie wieder – an zwei Tagen pro Woche und nur mit Sicherheitsdienst. Angenehm sei es nicht, sagt ein Bote. Auch er sei schon mit Kartoffeln beworfen worden.
Viele Geschichten und viele nette Menschen
Später beobachte ich zwei Herrn in Blau, die eine Wohnung ausräumen. Sie wird die „Taubenwohnung“ genannt und hat durch ihren Geruch viele Anwohner geplagt. Videos zeigen, wie schlimm der Zustand für zwei Jahre war.
Als ich nach einer Woche aus dem Haus ausziehe, bin ich nicht wirklich traurig, dass ich gehen muss. Aber „Weißer Riese“ klingt irgendwie unmenschlich, gigantisch. Das ist es nicht. Ich habe gelernt, dass hier am Ende ganz, ganz viele Geschichten dahinter stecken - auch vor allem sehr viele nette Menschen.