"Wie ignorant mit dem Schicksal meiner Schwester umgegangen wird, verletzt mich sehr“
Zwillingsschwester der toten Radfahrerin: Klimaaktivisten sollten ihre Methoden überdenken

Der Tod einer Radfahrerin in Berlin schlägt weiter hohe Wellen. Die Aktivisten der Klima-Gruppe „Letzte Generation“ stehen in der Kritik, ihnen wird vorgeworfen, möglicherweise an einer Verzögerung der Versorgung der Frau Mitschuld zu sein. Unterdessen nimmt die politische Debatte an Schärfe zu. Von einer „Klima-RAF“ sprechen manche, andere wiesen das zurück und mahnen zur Besonnenheit. Wenig gesprochen wurde bisher über das menschliche Leid, das hinter dem Fall steckt. Das ändert nun die Zwillingsschwester der Toten, die dem Magazin „Spiegel“ ein Interview gegeben hat.
„Uns liegt der Schutz der Natur sehr am Herzen"

Anja Umann hat sich dem Magazin zufolge selbst beim „Spiegel“ gemeldet, um über den Tod ihrer Schwester Sandra zu sprechen. Der Grund für ihren Entschluss sei die Ignoranz, mit der „einige Klimaaktivisten den Tod von Menschen in Kauf nehmen, die sich unter Umständen selbst für Umweltschutz und andere Menschen einsetzen.“
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Dazu führt sie aus, dass sie und ihre verstorbene Schwester dem Anliegen der Klima-Aktivisten positiv gegenüberstanden. Sie hätten „die Ziele der Bewegung zu 100 Prozent“ geteilt. Vor Jahren hätten die beiden Frauen ein veganes, nachhaltiges Modelabel gegründet. „Uns liegt der Schutz der Natur sehr am Herzen. Aber wie ignorant mit dem Schicksal meiner Schwester umgegangen wird, verletzt mich sehr“, so Anja Umann im Interview mit dem Spiegel.
"Wut gibt mir meine Schwester auch nicht zurück“

Wütend sei sie nicht auf die Aktivisten, so Ullmann weiter. Sie verspüre generell keine Wut. „Wut ist nichts, was San (so nennt Ullmann ihre Schwester) gewollt hätte. Wut gibt mir meine Schwester auch nicht zurück.“ Sie sagt sogar, dass sie weiterhin hinter den Aktivisten stehe.
Sie würde die Aktivisten allerdings gern bitten, ihre Methoden zu überdenken. „Ich würde ihnen einfach gerne das, was ich erlebt habe, erzählen, und ihnen dann gerne die Chance geben, sich einmal in diese Hölle hineinzuversetzen. Um zu überdenken, ob es nicht vielleicht doch einen anderen Weg gibt, für das Überleben unseres Planeten zu kämpfen, ohne dass andere Menschen möglicherweise zu Schaden kommen, so Anja Umann.
Während des Unfalls backte Anja gerade einen Kuchen für ihre Schwester
Die 44-Jährige berichtet in dem Interview auch über ihre tiefe Trauer über den Verlust. Sie habe ihre Schwester vor dem Tod noch sehen, ein letztes Mal berühren dürfen. Sie seien Zeit ihres Lebens unzertrennlich gewesen, erzählt sie über die innige Beziehung der Zwillinge.
Als ihre Schwester den schweren Unfall auf der Bundesallee in Berlin gehabt habe, sei sie selbst zuhause gewesen. Sie habe „einen Karamellkuchen für sie gebacken, weil der Montag immer der schwerste Tag der Woche für sie ist.“ Ihre Schwester sei Autistin gewesen, es sei ihr schwer gefallen, zur Arbeit zu gehen. Deswegen habe sie Sandra überraschen wollen, wenn sie nach Hause kommt.