Impfstoff knapp - Kinder nicht impfen, fordert daher Medizin-Experte

Kaum noch Erstimpfungen: Gerät der Impfzug in Deutschland wieder ins Stocken?

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Hamburgs Hausärzte melden aktuell, dass sie mangels Impfstoffs kaum noch Erstimpfungstermine machen könnten, im Kölner Impfzentrum werden jetzt schon noch Zweitimpfungen angeboten.
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Der Impfstoff wird wieder knapp – und jetzt sollen auch noch Kinder und Jugendliche schnell geimpft werden! Dazu kommt, dass sich eine Lieferung von Biontech-Impfstoff verspätet. Die Folge: In Niedersachsen kritisieren die Landkreise bereits den Umstand, dass in den Impfzentren derzeit vorwiegend nur die Zweitimpfungen stattfinden. Bis auf Weiteres gibt es auch in Bayern erst einmal nur den zweiten Piks. Hygieniker Prof. Klaus-Dieter Zastrow sagt: „Das ist tödlich falsch!“ Medizinexperte Dr. Christoph Specht hält dagegen. Er sagt: Der Impfstoff für Kinder sollte besser für weitere Erstimpfungen benutzt werden.
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Hygiene-Professor: "Je mehr Erstimpfungen, desto besser"

Hamburgs Hausärzte melden aktuell, dass sie mangels Impfstoffs kaum noch Erstimpfungstermine machen könnten, im Kölner Impfzentrum werden jetzt schon noch Zweitimpfungen angeboten. Ist das die richtige Entscheidung? „Das ist tödlich falsch“, sagt Hygiene-Professor Klaus-Dieter Zastrow der Bild-Zeitung. „Die erste Impfung bringt in jedem Fall eine Schutzwirkung hervor. Je mehr Erstimpfungen, desto besser. Das ist ein Unding, denn es ist wichtig, dass wir so viele Leute wie möglich erreichen.“

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Großbritanniens Erstimpfungs-Strategie ist erfolgreich - aber riskant

So schnell wie möglich so vielen Menschen wie möglich durch eine Erstimpfung einen ersten Schutz geben – oder darauf setzen, dass die Zweitimpfung den besseren Schutz bietet: In Großbritannien haben die Entscheider von Anfang an auf die erste Strategie-Variante gesetzt. Und das Land steht mit 56 % Erstgeimpften, 34,79 % vollständig Geimpften und einer Inzidenz von 24,9 aktuell sehr gut da. Doch Kritiker sagen: Diese Strategie ist gefährlich, weil sie Mutationen hervorbringen kann – so wie die aus Südafrika, Brasilien und Indien. Sogenannten Escape-Varianten, auch Flucht-Mutationen genannt, könnten entstehen, wenn sich das Virus in einer Bevölkerung mit unvollständigem Immunschutz ausbreitet.

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Dr. Christoph Specht beantwortet Ihre Fragen rund um das Thema Coronavirus.
Dr. Christoph Specht beantwortet Ihre Fragen rund um das Thema Coronavirus.
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Die Frage, ob es „tödlich falsch“ ist, jetzt erst einmal auf die Zweitimpfungen zu setzen, hält Mediziner Dr. Christoph Specht für nicht wirklich entschieden: „Ich glaube, man muss einen pragmatischen Weg wählen“, sagt er uns, „natürlich Erstimpfungen machen, so gut und so schnell es geht, die Zweitimpfungen sind aber auch wichtig.“ Das Ganze hänge letztendlich gar nicht an der Kapazität des Impfens, sondern an der Verfügbarkeit von Impfstoff. „Diesen Impfstoff könnten wir ja haben“, so der Mediziner, „wenn wir ihn klug verwenden, nämlich nicht bei Kindern – es sei denn, sie sind gefährdet“. Damit hätte man genug Impfstoff für weitere Erstimpfungen – auch für gefährdete Menschen.

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Für die Kleinen ist ein neues Virus der Normalfall

Von den Kinder-Impfungen hält Specht nichts. Viele Kinder und Jugendlichen würden sich schon gerne impfen lassen wollen, um wieder Freiheiten ohne Tests haben zu können, glaubt der Mediziner. „Natürlich können Kinder sich infizieren und das Virus auch weitergeben“, so Specht, „aber für Kinder und gerade für ganz kleine Kinder ist ein neues Virus der Normalfall. Die Viren, die wir als Erwachsene alle kennen, sind für die ja immer neu – das Immunsystem von Kindern ist aber darauf ausgerichtet. Das ist der Grund, warum die Corona-Infektion bei Kindern so wenig ausrichten kann.“ Ausnahmen, so der Mediziner, bestätigen da die Regel – aber in diesem Fall sei es wichtiger, über die großen Zahlen zu reden.

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Welche Impfstrategie ist denn die richtige?

Natürlich wäre es das Beste, wenn alle geimpft wären. „Aber es gibt interessante Untersuchungen, was passiert, wenn man zuerst die Jungen und Mobilen oder erst die Alten impft“, so der Medizinexperte. „Wenn man zuerst die Jungen und Mobilen impft, dann gibt es mehr Todesfälle, aber die Pandemie wird dann schneller endemisch, weil die Verbreitung reduziert wird.“ In Deutschland seien erst die Hochrisiko-Menschen geimpft, dadurch habe die Verbreitung des Virus nicht abgenommen. Dafür sei es gelungen, die Todesrate deutlich zu reduzieren. „Dann gibt es noch den Mischweg: Dass man die Hochrisiko-Personen impft und die Jungen und Mobilen impft, damit das Virus nicht verbreitet wird – das wäre im Prinzip der beste Weg. Und in dieser Phase befinden wir uns jetzt.“ (ija)

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