Hygiene-Experte Dr. Zinn beantwortet IHRE Fragen
Welche Corona-Maßnahmen bringen etwas - und welche nicht?
Seit die Corona-Krise Deutschland – und den Rest der Welt – fest im Griff hat, haben wir viel über Regeln und Maßnahmen gelernt, die die Verbreitung eindämmen sollen: Von den Hygieneregeln über die Maskenpflicht bis zum Social Distancing im Lockdown. Dennoch ist die Pandemie weiterhin Teil unseres Lebens und nimmt zuletzt sogar verstärkt Fahrt auf. Sind die Maßnahmen falsch? Halten wir sie einfach nicht genug ein? Oder haben wir DIE Maßnahme zur Corona-Bekämpfung einfach noch nicht gefunden? Hygiene-Experte Dr. Zinn schätzt ein und verrät, welche Maßnahmen etwas gebracht haben und welche eher nicht. Im Video beantwortet Dr. Zinn Ihre Fragen zu den Corona-Maßnahmen.
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#1: Lockdown/Ausgangsbeschränkungen
„Aus meiner Sicht wirklich sehr, sehr wirksam war der Lockdown“, erklärt Dr. Georg-Christian Zinn, Direktor Hygienezentrum Bioscientia im RTL-Interview. Egal, ob Ausgangsbeschränkungen oder kompletter Lockdown, Studien und Erfahrungen (z. B. in Israel mit dem zweiten Lockdown oder in Madrid mit der Ausgangssperre) würden die Wirksamkeit bestätigen. „So hart das für die Wirtschaft ist, aber eine Ausgangsbeschränkung oder eine Ausgangssperre, also ein fast vollständiger Lockdown, bringt tatsächlich was.“
#2: Maskenpflicht
Bei kaum einer Maßnahme gab es so viel Hin und Her wie bei den Mund-Nasen-Bedeckungen. Erst sagte sogar die WHO, die Masken würden im Kampf gegen Corona nichts bringen, doch inzwischen gibt es zahlreiche Studien, die das Gegenteil belegen. Auch Dr. Zinn ist von der Alltagsmaske als sinnvolle Maßnahme überzeugt. „Masken bringen immens was. Ich kann mich damit schützen, ich kann Übertragungen vermeiden. Also, die Masken bringen viel“, sagt er. Als Beispiel führt er die Erfahrungen in Krankenhäusern an: „Seitdem wir wirklich sehr zuverlässig alle Masken tragen, haben wir kaum noch Übertragungen – innerhalb des Personals, aber auch nicht von Patienten auf das Personal.“
#3: Absage von Großveranstaltungen
Eine weitere Maßnahme zählt Dr. Zinn ebenfalls zu den sinnvollen im Kampf gegen das Coronavirus: Die Absage von Großveranstaltungen. „Auch wenn das für die Veranstalter und Künstler traurig ist, die Absage von Großveranstaltungen, wo viele Menschen auf engstem Raum zusammen sind, Party machen, feiern etc. hat auch viel gebracht, muss man ganz klar sagen.“
#4: Reisebeschränkungen
Erst kürzlich zeigte eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), dass Reisebeschränkungen viel gebracht haben. Je früher ein Land diese einführte, so das Ergebnis, desto weniger Todesfälle gab es dort. Auch Dr. Zinn zählt den Versuch, Reisen in Risikogebiete zu verbieten oder einzuschränken zu den erfolgreichen Maßnahmen. „Wir haben gesehen, wie viele Reiserückkehrer tatsächlich das Virus aus ihren Urlaubsgebieten zurückgeholt haben. Der Versuch, das zu bremsen, hat was gebracht.“
Welche Maßnahmen waren weniger erfolgreich?
Kritisch sieht Dr. Zinn – wie auch viele Bürger und Politiker – das Beherbergungsverbot. „Da würde ich nochmal ein Fragzeichen machen, ich glaube, das hat viel Verwirrung gestiftet, aber wenig gebracht“, sagt er. Wo das Beherbergungsverbot aktuell noch gilt und welche Bundesländer es bereits gekippt haben, können Sie hier nachlesen.
Auch an der Corona-App gibt es Kritik. Wie sinnvoll ist sie wirklich? „Viele haben sich vielleicht ein bisschen zu viel davon versprochen“, gibt Dr. Zinn zu bedenken. „Wir haben unsere App viele Monate vor anderen Ländern fertig gehabt, wir sind dabei, sie zu verbessern. Das ist nicht DIE Waffe gegen Corona, aber eine Waffe und die sollte auch jeder Bürger nutzen.“
Ein weiterer Irrtum zu Beginn der Corona-Pandemie war, dass die Schmierinfektion einer der Hauptübertragungswege sei. Inzwischen wissen wir, dass neben der direkten Tröpfcheninfektion auch die Übertragung durch Aerosole in der Luft eine sehr viel größere Rolle spielt. Waren die Hygienemaßnahmen daher übertrieben? „Da muss ich als Hygieniker mit Leib und Seele sagen: Natürlich spielt die Schmierinfektion eine Rolle. Wir hatten früher gedacht, das spielt eine größere Rolle, dass das mehr über Kontakte ins Gesicht stattfindet. Allerdings spielt die Schmierinfektion immer noch eine Rolle, wenn ich Oberflächen anfasse, Türklinken, meine kontaminierte Maske.“ Zinn sagt also, dass die Händehygiene weiterhin eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen das Coronavirus – aber auch gegen andere Infektionen – ist. Die kann man, so der Experte, „gerade jetzt in der Winterzeit wunderbar vermeiden“.
Corona-Simulator zeigt düstere Entwicklung in Deutschland
Wie wichtig es ist, dass wir die Maßnahmen weiterhin umsetzen und uns an die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministern beschlossenen Corona-Regeln halten, zeigt nicht nur der erneute Lockdown in Berchtesgaden, sondern auch die Zahlen aus der Corona-Simulation der Uni Saarland. Ungebremst würden sich die täglichen Neuinfektionen schon innerhalb kürzester Zeit in die Zehntausende entwickeln. Mehr zu dem Simulator erfahren Sie hier.