Das müssen Sie wissen

Krasser Fall aus Kanada! Vertrag bindend dank Daumen-Hoch-Emoji - kann das auch bei uns passieren?

Welcome aboard our business
Ein Landwirt hat auf eine Textnachricht mit einem Daumen-Hoch-Emoji reagiert. Nun muss er Schadensersatz zahlen, weil er die Vertragsbedingungen nicht eingehalten hat.
Delmaine Donson
von Olivia Coppius und Vera Dünnwald

Von wegen harmlos! Ein einziges Daumen-hoch-Emoji kostet Chris A. aus Kanada 56.000 Euro. Denn:Mit seiner Reaktion stimmt er einem Vertragsangebot zu. Aber ist das überhaupt rechtens? Kann Ihnen das auch passieren?

Chris A. stimmt einem Vertragsangebot per Daumen-Hoch-Emoji zu

Ein simples Emoji als Antwort und Reaktion auf eine Textnachricht zu schicken, spart Zeit und ist meist deutlich komfortabler als einen Paragraphen abzuschicken. Es geht jedoch auch schnell nach hinten los, da es bei einem Vertrag im schlimmsten Fall sogar als bindend gelten kann, wie dieser Fall zeigt.

Lese-Tipp: Gericht fällt Urteil! Muss man eine Dienst-SMS in der Freizeit lesen?

Landwirt Chris A. aus Ottawa (Kanada) hätte sein gesendetes Emoji besser mit mehr Bedacht gewählt: Im März 2021 erhält er ein Vertragsangebot in Form einer Textnachricht. Wie Merkur berichtet, möchte die Firma South West Terminal damals große Bestellungen an Flachs, einem Leingewächs, in Auftrag geben. Dazu kontaktieren die Mitarbeiter unterschiedliche kanadische Bauern. Auch Chris A.

Dieser soll auf das Angebot reagiert haben. Zwischen ihm und dem Getreidekäufer findet ein Gespräch am Telefon statt und das Unternehmen bestätigt, dem Landwirt einen schriftlichen Vertrag zukommen zu lassen.

Kurze Zeit später wird Chris A. der Flachs-Einkauf per Textnachricht bestätigt. Es wird um Bestätigung gebeten, Chris A. verschickt sein Daumen-Hoch-Emoji.

Im Video: Tattoo-Fails de Luxe? Das sind Ihre Rechte beim Pfusch

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Expertin erklärt: Wenn Angebot und Annahme im Raum stehen, muss es nicht immer ein schriftlicher Vertragsabschluss sein

Dumm gelaufen, denn: South West Terminal wertet das Emoji als Zusage. Chris A. hätte seine Lieferung einhalten müssen, doch diese bleibt im Herbst 2021 aus. Er beteuert, er habe so reagiert, weil er nur den Eingang der Nachricht bejahen wollte – und nicht den Vertrag. Beide Partien ziehen vor Gericht – und Chris A. verliert.

Der Richter stimmt nämlich zu, dass es sich bei dem Daumen-Hoch-Emoji tatsächlich um eine verbindliche Zusage handele, wenn auch um eine eher ungewöhnliche Form. Laut dem kanadischen Fernsehsender CBC heißt es in der Urteilsbegründung, dass das gesendete Emoji ein „valider Weg ist, um die Zwecke einer Unterschrift zu erfüllen.“

Der Vertrag sei also gültig, das Gericht verdonnert Chris A. zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von umgerechnet 56.000 Euro. Eine ziemlich teure Angelegenheit!

Lese-Tipp: Mehr Schimmelbefall durch Spar-Heizen: Wer haftet eigentlich am Ende?

Für Rechtsanwältin Nicole Mutschke kommt die Entscheidung des Gerichts ebenfalls „nicht ganz so überraschend“, wie sie im RTL-Interview erklärt: „Viele meinen immer, so ein Vertrag muss wirklich mit einer Unterschrift unter dem Vertragstext abgeschlossen werden – das ist aber gar nicht so! Sondern es gibt in der Regel ein Angebot und eine Annahme. Und in diesem Fall wird das eben genauso ausgelegt worden sein, dass genau so etwas im Raum stand und dann passiert sowas recht schnell.“

Der Fehler: Man sei immer dem Vertrag verpflichtet, so auch Chris A. Man müsse also leisten „und ersetzen, was der andere als Nachteil hat, weil er ja auf meine Zustimmung vertraut hat“, sagt Mutschke. Im Falle des kanadischen Landwirts sei dieser Vertrauensschaden nun eben der zusätzliche Preis, für den sein Vertragspartner aufkommen muss, weil Chris A. nicht liefern konnte.

Aber Moment: Dieser Fall spielt in Kanada. Wie sieht es denn bei uns in Deutschland aus?

Ihre Meinung ist gefragt!

Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Auch in Deutschland möglich!

Anwältin Nicole Mutschke
Mit Emoji einen Vertrag abschließen? Das kann tatsächlich bindend sein!
RTL

„Ja, tatsächlich kann ich mir das auch gut in Deutschland vorstellen“, sagt die Expertin. Man müsse immer hinterfragen, wie die Situation bei einem objektiven Dritten ankommt: „Kann der möglicherweise verstehen ‘Aha, hier gibt es ein Angebot’ und auf der anderen Seite ein ‘Okay’ zu diesem Angebot, also eine Annahme? Wenn das der Fall ist, wird es immer kritisch.“ Dies könne sogar mündlich oder gar ohne Worte erfolgen, denn: „Für einen gültigen Vertrag reicht tatsächlich ganz, ganz wenig.“

Ein Beispiel aus dem Lehrbuch, wie Mutschke erklärt: Wenn jemand bei einer Auktion im falschen Moment die Hand hebt, um einen Freund zu grüßen, könne die Geste ganz klar als Kauf-Zustimmung für ein Auktionsobjekt gesehen werden.

Trotzdem gilt: Man müsse immer die konkrete Situation als Ganzes betrachten. Generell sorge die Schriftform immer dafür, dass man am Ende beweisen kann, was man festlegt und worauf man sich einigt. Nur so könne man Missverständnisse vermeiden, so die Rechtsanwältin.

Und: „Immer schön vorsichtig sein und sich darüber im Klaren sein, welche Konsequenz die eigene Zustimmung haben könnte.“

Lese-Tipp: Handy am Arbeitsplatz aufladen: Drohen da wirklich bis zu fünf Jahre Haft?