Was hinter der Diagnose Magenentleerungsstörung steckt Ihr Körper wehrt sich gegen feste Nahrung! Kathleen (21) lebt mit seltener Erkrankung

Kathleen W. seltene Erkankung
Kathleen W. hat eine seltene Magen-Darm-Erkrankung. Mit nur 21 Jahren durchlief bereits eine Krankenhaus-Odyssee, bevor ihr eine endgültige Diagnose gestellt wird.
Kathleen W. / privat
von Vera Dünnwald

Sie kann kaum Nahrung zu sich nehmen, geschweige denn bei sich behalten. Kathleen W. ist 21 Jahre alt und schwerkrank. Die junge Frau leidet an einer Magenentleerungsstörung, hat außerdem permanent mit einer chronischen Magenschleimhautentzündung zu kämpfen. Das Krankheitsbild ist sehr selten, Kathleen muss sich ständig übergeben und nimmt Schmerzmittel, die sie in ihrem Alltag fast vollständig lähmen. In wenigen Wochen steht eine wichtige Operation an: Kathleen soll einen Magenschrittmacher eingesetzt bekommen – ein Eingriff, in den die 21-Jährige all ihre verbliebene Hoffnung setzt.

Im Alter von gerade mal 17 Jahren wird Kathleen W. plötzlich schwerkrank

Vor vier Jahren – da ist sie gerade 17 Jahre alt – wird Kathleen W. von einem auf den anderen Tag plötzlich schwerkrank. „Es hat angefangen mit Bauchschmerzen“, erinnert sich die 21-Jährige aus Husum im RTL-Interview. „Ich wusste nicht, woher sie kommen. Nach etwa zwei Wochen, in denen ich mich ständig nach dem Essen übergeben musste, bin ich zum Arzt gegangen. Die Fähigkeit zu essen habe ich fast komplett verloren.“

Es werden Bluttests gemacht, der Verdacht auf eine chronische Darmentzündung steht im Raum. „Doch irgendwie wusste niemand so richtig, was zu tun ist. Ich war im Krankenhaus und habe Infusionen gegen die Schmerzen bekommen, es wurde eine Magenspiegelung gemacht und dann wurde ich an eine Schmerzklinik verwiesen. Das war im Juni 2019, kurz nachdem ich 18 geworden bin.“

Die Plätze in der Schmerzklinik sind rar, weswegen Kathleen lange auf der Warteliste steht. Sie schafft es nicht rechtzeitig: „Im August ging es mir so schlecht, dass ich wieder ins Krankenhaus musste. Drei Wochen war ich dort und musste ganz viele Untersuchungen über mich ergehen lassen, nur um am Ende gesagt zu bekommen, dass auch hier niemand etwas für mich tun kann. Die Ärzte haben trotz mehrerer Magen- und Darmspiegelungen nichts entdeckt.“

Etwas Gutes hat der erneute Aufenthalt im Krankenhaus dann aber doch: „Das hat dafür gesorgt, dass es in der Schmerzklinik weitergeht“, erzählt Kathleen.

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"Ich habe mir oft meine Mutter herbeigesehnt": Krankenhausaufenthalte und ständige Schmerzen begleiten Kathleens Alltag

Leider stellt sich schnell heraus, dass auch das nicht der richtige Weg ist, die 21-Jährige bricht die Therapie ab. Bis 2021 besteht Kathleens Leben aus einem ständigen Wechsel zwischen Krankenhausaufenthalten und kurzen Aufenthalten zu Hause, ihr privates Leben pausiert: „Meine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, die ich nach der Schule angefangen habe, musste ich aufgrund der Krankheit nach nur drei Monaten wieder abbrechen.“

Es sind die ständigen Schmerzen, die sie in ihrem Alltag begleiten: „Ich konnte teils tagelang nichts essen und musste immer wieder brechen.“ Ein Gastroenterologe führt schließlich Tests gegen Intoleranzen wie zum Beispiel Laktose oder Fruktose durch, das Ergebnis ist ernüchternd: „Die waren alle negativ und es war nichts Auffälliges zu erkennen.“

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Was Kathleen am meisten zu schaffen macht, ist die Ungewissheit. Nicht zu wissen, was mit ihr nicht stimmt. Im gleichen Jahr kommt sie auch auf eine psychosymptomatische Station und in eine Tagesklinik für psychische Erkrankungen. Vielleicht ist es ja gar nichts Körperliches und die Psyche steckt hinter ihrem Leiden?

Wegen der Coronavirus-Pandemie gelten strikte Regeln in medizinischen Einrichtungen: „Ich war zwar schon 18 und somit volljährig, aber ich wollte gar nicht ständig alleine sein und habe mir oft meine Mutter herbeigesehnt. Ich habe mich oft überfordert gefühlt“, erinnert sich die heute 21-Jährige an diese Monate.

Teilweise fühlt sich die 21-Jährige von den Ärzten nicht ernst genommen und alleine gelassen. Leider stößt sie auf ihrer Reise zur endgültigen Diagnose auch auf Mediziner, die ihr nicht glauben: „Ich musste mir schon anhören, dass ich mich nicht so anstellen solle. Meine Schmerzen wurden immer wieder auf die Psyche geschoben.“

Doch es ist nicht die Psyche, die Kathleen krank macht. Im Sommer 2022 bekommt sie endlich Klarheit.

Auch wenn sie schwerkrank ist: Kathleen erhält endlich ihre Diagnose

Im israelitischen Krankenhaus in Hamburg kann ihr endlich geholfen werden: „Schon der erste Termin dort war super, alle waren nett, ich habe mich wohlgefühlt und ich wurde direkt ernst genommen. Zum ersten Mal stand der Verdacht auf eine Magenentleerungsstörung im Raum.“ Diese bestätigt sich: Feste Nahrung wird von Kathleens Körper viel zu verzögert verdaut. Und: „Außerdem kam raus, dass ich eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms habe und eine akute Magenschleimhautentzündung. Ich wurde daraufhin medikamentös eingestellt.“

Endlich eine Diagnose zu haben, sei einerseits eine Erleichterung, andererseits bricht für die 21-Jährige eine Welt zusammen. „Man weiß endlich, was es ist und man kann es greifen. Man möchte ja eigentlich gar nicht hören, dass man schwerkrank ist“, so Kathleen über ihre ambivalenten Gefühle. Schon gar nicht wolle man hören, dass man an einer Krankheit leide, die so extrem selten vorkommt, sagt die junge Patientin.

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Doch trotz Diagnose ist ein Happy End noch immer nicht in Sicht: „Anfang Juli ging es mir wieder schlechter, sodass ich zurück in die Klinik musste. Ich habe neue Medikamente bekommen, die meinen Gesundheitszustand aber weiter verschlechtert haben, ich musste mich wieder viel übergeben, sodass die Ärzte mir am Ende eine Dünndarmsonde legen musste. Ihnen wurde zudem die Tatsache, dass ich immer mehr an Gewicht verlor, langsam aber sicher zu riskant.“

Seit September 2022 lebt Kathleen mit einer Dünndarmsonde. „Ich werde jetzt künstlich ernährt. Mein Magen funktioniert einfach nicht mehr richtig. Ungefähr 1.500 Kalorien werden mir nun täglich zugeführt, damit ich mein Gewicht halten kann“, erzählt sie.

Weil die Schmerzen immer schlimmer werden, ist sie seit November 2022 sogar auf Betäubungsmittel als Schmerzmittel angewiesen. Die wiederum machen ihr enorm zu schaffen: „Mittlerweile bin ich fast komplett bettlägerig, da ich durch die Schmerzen und das Übergeben kaum noch Kraft habe. Ich bin kaum noch in der Lage irgendwohin zu gehen.“

14. März 2023: Dieser Tag soll Kathleens Leben zum Positiven verändern

Kathleen W. mit ihrem Hund
Trotz ihrer Krankheit und ihren Schmerzen versucht Kathleen W. (21) positiv zu denken. Hoffnungsvoll fiebert sie dem 14. März, dem Tag ihrer OP, entgegen.
Kathleen W. / privat

Trotzdem versucht Kathleen, positiv in die Zukunft zu blicken. All ihre Hoffnung liegt nun auf dem 14. März, dann steht eine wichtige OP an: „Ich bekomme einen Magenschrittmacher. Die Chance, dass er mir helfen wird, liegt zwar laut meiner Ärztin nur bei 30 bis 50 Prozent, aber ich hoffe einfach, dass es dann endlich besser wird.“ Wenn alles klappt, könnte Kathleen wieder normal essen und ohne ständiges Erbrechen und das andauernde Übelkeitsgefühl leben.

Die 21-Jährige blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Diesen Sommer möchte ich meine schulische Ausbildung wieder aufnehmen und neu durchstarten.“