"Ich möchte endlich frei atmen können!"

Tumor schnürt ihre Kehle zu: Frau (33) mit Proteus-Syndrom verzweifelt auf der Suche nach neuem Arzt

Yasmine Seber
Yasmine Seber ist 33 Jahre alt und lebt, seitdem sie auf der Welt ist, mit dem seltenen Proteus-Syndrom. Dieses hat schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Gesundheit.
Yasmine Seber / privat

von Vera Dünnwald

Seit ihrer Kindheit kämpft Yasemin Seber gegen ihre Erkrankung. Doch so langsam wird ihr der genetische Defekt, den weltweit nur 200 weitere Menschen haben, zum Verhängnis. Die Mettenheimerin hat das sogenannte Proteus-Syndrom, das dafür sorgt, dass Gliedmaßen überdimensional wachsen. Einige ihrer Finger mussten bereits amputiert werden, über 70 (!) Mal wurde Seber schon operiert. Doch was viel schlimmer ist: Mittlerweile haben sich überall in ihrem Körper an den Organen Tumore gebildet. Lebensgefährlich ist vor allem der, der an ihrem Kehlkopf sitzt und ihr die Luft abschnürt.

Bisherige Behandlungsmethoden, Eingriffe und Medikamente haben der 33-Jährigen kaum geholfen. Jetzt ist sie dringend auf der Suche nach einem neuen Arzt, der ihr dabei helfen soll, endlich wieder ein normales Leben führen zu können.

Wer kann ihr jetzt noch helfen?

„Ich verlange gar nicht so viel. Ich wünsche mir einen Arzt, der mir dabei helfen kann, dass ich endlich wieder frei atmen und ein normales Leben führen kann. Der sich wirklich Gedanken darüber macht, was effektiv sein könnte. Denn ich möchte diese ständige Angst aus dem Kopf kriegen, dass der Tumor mir jeden Moment vollständig die Luft abschnüren könnte“, sagt Yasemin Seber (33) im emotionalen RTL-Interview.

Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist aktuell fraglich, denn: Sie ist verzweifelt auf der Suche nach einem neuen Arzt, braucht dringend Hilfe: „In meiner vorherigen Klinik haben sie schon alles versucht, um den Tumor am Kehlkopf zu entfernen. Sie haben ihn zwei Mal weggelasert, zwei Mal skelorisiert – was dafür sorgen sollte, dass er verklebt und zusammenschrumpft –, aber leider Gottes ist er immer wieder zurückgekommen. Und das auch noch sehr schnell. Mein eigentlicher Arzt ist weg, weil er sich niedergelassen und nun seine eigene Praxis hat. Deswegen kann er mich nicht mehr betreuen.“ Dazu fehle ihm die intensivmedizinische Ausstattung, denn für die Entfernung des Tumors müsse Seber ins Koma versetzt werden. „Das kann er nicht. Jetzt bin ich arztlos“, erklärt sie.

Nicht jeder wisse mit dem seltenen Proteus- Syndrom, an dem Seber erkrankt ist, umzugehen: „Keiner weiß, was los ist. Ich habe meine Unterlagen schon überall hingeschickt, aber bisher erfolglos.“ Und der Tumor? Wächst und bereitet ihr weiter Probleme. Auch die Tatsache, dass er ausgerechnet am Kehlkopf sitzt und auf die Luftröhre drückt, unterstreicht die Dringlichkeit ihres Anliegens.

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Tumore und deformierte Finger: Yasemine Seber kommt bereits mit dem Proteus-Syndrom zur Welt

Yasmine Sebers Hand
Im Laufe ihres Lebens wurde Yasmine Seber über 70 (!) Mal operiert. Außerdem wurden die meisten ihrer Finger amputiert.
Yasmine Seber / privat

Doch was genau ist eigentlich das Proteus-Syndrom? Vor 33 Jahren wird Yasemin Seber damit und dem Clove-Syndrom geboren. Beide Syndrome sind sehr selten. Seber erzählt, dass sie ein großes Feuermal auf der Brust hat und riesengroße Finger hatte, die ihr zum größten Teil bereits amputiert wurden: „Ich wurde mit zehn Fingern geboren. Fünf davon waren jedoch extremst deformiert und einfach zu groß. Zudem hatte ich einen großen Tumor im Herzbeutel und an der Schlagader, die über einen Kilogramm schwer waren. Sie wurden sofort entfernt, da ich sonst als Baby nicht überlebt hätte“, erklärt die Selbstständige, die ihren eigenen Online-Shop betreibt.

Im Mutterleib ist davon allerdings keine Spur: „Dass ich Tumore habe oder deformierte Finger, das hat man per Ultraschall nicht gesehen. Niemand wusste davon, alle waren geschockt. Auch die Ärzte hatten so etwas noch nicht gesehen.“ Denn: Seber sagt, dass das Proteus-Syndrom erstmals im Jahr 1979 in Erscheinung getreten sei. Sie selbst ist im Jahr 1990 geboren: „Elf Jahre liegen dazwischen. Natürlich war die Entdeckung nicht mehr ganz neu. Aber eben auch nicht ganz bekannt. Bis heute eigentlich nicht.“

Ihre Mutter kann mit der Tatsache, dass ihre Tochter eine seltene Erkrankung hat, nicht umgehen, sodass Seber im Kinderheim aufwächst. Im Laufe der Jahre muss sie unzählige Operationen über sich ergehen lassen, Tendenz steigend. Mittlerweile ist die Mettenheimerin bei über 70 Operationen angekommen.

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Auch ein spezielles Medikament hilft Sebers nicht - im Gegenteil

Eigentlich sollte ein Medikament, was für Brustkrebs-Patienten im Endstadium gedacht ist, helfen: „Ich habe mich so dafür eingesetzt, dass ich es bekommen kann, da es aus den USA kam und 50.000 Euro gekostet hat. Ich durfte es testen, aber dann ist die Hölle ausgebrochen. Mein Körper war hochgradig allergisch dagegen, es war ganz, ganz schlimm. Mir sind fast alle Haare ausgefallen, ich hatte ein Ganzkörper-Ekzem, und ich habe sogar Diabetes bekommen. Die Behandlung wurde unterbrochen.“ Andere Medikamente zeigen bisher keine Wirkung.

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Das Problem: Viele Therapiemaßnahmen seien eher für Kinder ausgelegt, so Sebers. „Ich kenne mehr Kinder mit Proteus-Syndrom als Erwachsene, deshalb sind die wenigen Mediziner dafür Kinderärzte. Behandlungsmethoden gibt es nur ganz, ganz wenige – allgemein bei Proteus/Clove, die sind für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Bei mir wurden alle versucht und sind gescheitert. Aber ich bin Teil einer Selbsthilfegruppe, mit der ich regelmäßig in Kontakt stehe. Wir motivieren uns gegenseitig, und es tut gut, sich auszutauschen. Aber da sind viele Kinder, es gibt nur noch eine Frau aus Österreich – sonst bin ich die Älteste.“

Im Video: Yasemin erzählt RTL ihre Geschichte im Jahr 2020

Yasemin lebt mit dem unheilbaren Proteus Syndrom Gendefekt lässt Gliedmaßen wachsen
01:36 min
Gendefekt lässt Gliedmaßen wachsen
Yasemin lebt mit dem unheilbaren Proteus Syndrom

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"Schneidet man irgendwo ein bisschen was weg, wächst es woanders wieder nach"

Auch wenn eine Amputation alles andere als einfach ist: Für Yasemin Seber ist es ein Befreiungsschlag, als ihr nach und nach ihre Finger abgenommen werden, „weil alles Sichtbare vom Proteus-Syndrom plötzlich weg war. Meine Finger haben so geschmerzt und waren so riesig. Ich saß regelmäßig auf dem Boden und habe vor Schmerzen geschrien.“ Plötzlich, so erzählt sie, habe sie sich nicht mehr wie ein „kleines Monster“ gefühlt, sondern wie eine Frau.

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Ende 2018, Anfang 2019 kommen jedoch die Tumore „wie die Pilze aus dem Boden geschossen“. An so gut wie allen Organen, an Leber, Niere, Milz, Zwerchfell, im Hals – überall machen sich die Wucherungen breit. „Irgendwas muss passiert sein bei der letzten Amputation und als ich danach drei Wochen im Koma lag. Das hat irgendwas mit dem Syndrom gemacht, denn es kann sein, dass es so ausflippt. Proteus ist wie ein Mosaik im Körper: Es ist nie der ganze Körper betroffen, aber schneidet man irgendwo ein bisschen was weg, wächst es auf jeden Fall irgendwann woanders wieder nach. Dass es aber so krass ist, damit haben weder meine Ärzte noch ich gerechnet.“

Proteus-Syndrom: Yasemin Seber einen Mediziner, der sie im Notfall betreuen kann

In akuter Lebensgefahr schwebt Yasemin Seber zum Glück nicht, die Tumore sind gutartig. „Nur die Positionen macht das ganze so problematisch.“ Vor allem eben der, der an ihrem Kehlkopf sitzt. Sie erzählt: „Das kann ganz schnell kippen, eben weil er an dort sitzt und wachsen kann, was er gerade auch schon tut. Die Stelle in der Luftröhre entzündet sich ständig und ich habe dann nichts mehr im Griff. An manchen Tagen ist er so prall, dass ich kaum atmen oder sprechen kann.“ Selbst Nahrung bleibe oft stecken im Hals.

Ihr Hauptziel sei es daher, eine neue Klinik und einen neuen Mediziner zu finden, der ihren Tumor entfernen oder zumindest in Schach halten kann: „Er muss nicht zaubern können, aber dass zumindest jemand ein Auge drauf hat und mich im Notfall betreuen und behandeln kann, dass ich nicht mehr so alleine bin damit. Was ist, wenn die Luftröhre zu geht und keiner ist da? Zu 90 Prozent vom Tag bin ich alleine zu Hause. Ich möchte einfach nicht mehr in Angst leben und so machtlos sein.“

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