Kein HeimwehRusslands Elite in Europa: Diese berühmten Kreml-Kinder bleiben Russland bewusst fern

© Vyacheslav Prokofyev / Picture Alliance
Jung und voller Tatendrang - viele Sprösslinge zentraler russischer Akteure verbringen ihre Zeit lieber im Westen. © Vyacheslav Prokofyev / Picture Alliance
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von Ellen Ivits

Verwesend, verkommen, verfaulend – das sind nur einige der Attribute mit denen Kreml-Politiker den Westen beschreiben. Und während sie sich auf die Jagd nach vermeintlichen Verrätern machen, die westliches Gedankengut hegen, leben die Kreml-Kinder in London, New York oder Paris. Ein paar Beispiele.

Große Kreml-Frage: Wer darf als Patriot gelten?

Wer ist ein Patriot und wer ein Verräter? Diese Frage steht in Russland ganz oben auf der politischen Agenda. Es kam sogar so weit, dass Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow sich einen Streit darüber lieferten, wer denn als Patriot gelten darf. Die Jagd nach vermeintlichen Nation-Verrätern ist eröffnet. Der Westen versucht, die russische Gesellschaft zu spalten, erklärt Wladimir Putin immer und immer wieder.

"Sie werden versuchen, auf die fünfte Kolonne zu setzen, auf Volksverräter, auf diejenigen, die hier bei uns Geld verdienen, aber dort leben, und das nicht einmal zwingend im geografischen Sinne des Wortes, sondern im Sinne ihrer Gedankenwelt, ihrem Sklavenbewusstsein", schwadronierte das Staatsoberhaupt bei einer Sitzung von Regierungsvertretern. "Viele dieser Menschen sind von Natur aus gedanklich genau dort verortet und nicht hier, nicht bei unserem Volk, nicht in Russland."

Im Topf der sogenannten fünften Kolonne will Putin alle Oppositionelle, Kritiker, Pazifisten und Kriegsgegner wissen. Tatsächlich müsste er sich jedoch unter den Sprösslingen seiner Regierungsmitglieder und Duma-Abgeordneten umschauen. Während die Kreml-Propaganda der russischen Bevölkerung von der Erhabenheit und Überlegenheit Russlands erzählt, lebt der Nachwuchs der politischen Eliten im "verfaulenden" oder "verwesenden" Westen, wie die Staatspropaganda immerzu schimpft. Von den Segen der "besten Medizin", der "besten Universitäten" und der "besonderen russischen Zivilisation" wollen die Kreml-Kinder offenbar nichts wissen. Sie verprassen lieber das Geld der Steuerzahler in London, New York oder Paris.

Elterlicher Schein und Doppelmoral

So zum Beispiel die Tochter von Dmitri Peskow. Elizaweta Peskowa führte bis vor kurzem ein Jetset-Leben zwischen London und der französischen Riviera. Auf Instagram teilte sie fröhlich und ungehemmt Glamour-Pics aus ihrem Luxus-Leben – bis auch sie auf die Sanktionsliste gesetzt wurde. Bei Lisa (Kurzform für Elizaweta) stieß die Maßnahme auf komplettes Unverständnis: "Ich bin aufgebracht, weil ich gerne reisen würde und andere Kulturen liebe", schrieb sie. Es sei "seltsam, Sanktionen gegen eine Person zu verhängen, die 24 Jahre alt ist und nichts mit der Situation zu tun hat", behauptete sie. Doch längst ist sie in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Auf dem Papier ist sie zumindest Gründerin einer Kommunikationsfirma und Direktorin einer historischen Stiftung mit einem Master-Abschluss in internationalen Beziehungen. Studiert hat sie natürlich auch im Ausland, in Paris.

Lese-Tipp: SPD-Politiker Roth fordert Sanktionen gegen Oligarchen und reiche Putin-Freunde: "Jetzt das Wasser abgraben".

Während sie in der französischen Hauptstadt Marketing studierte, klagte Lisa einst, das Leben in Paris könnte so schön sein, wären da nicht all die vielen Migranten. "'Paris ist nicht mehr Paris', hat Trump gesagt und ich bin immer öfter geneigt, ihm Recht zu geben, obwohl ich diese wunderschöne Stadt liebe", schrieb sie damals.

Die Tochter von Peskow ist bei weitem nicht die Einzige, die das Leben im Westen Russland vorzieht. Wir haben nur einige Beispiele zusammengestellt. Das Leben der Kreml-Sprösslinge führt die Scheinheiligkeit und Doppelmoral ihrer Eltern nur zu gut vor Augen.

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Sohn von Dmitri Medwedew

© Vyacheslav Prokofyev / Picture Alliance
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Ilja Medwedew, der Sohn von Dmitri Medwedew, nimmt im Rahmen des New Wave Song Contest 2018 an einer White Party teil. Während sein Vater, der Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates, Europa mit Atomwaffen droht, lebt der Sprössling in den USA, dem verhassten Feind Russlands. Er besitzt die US-Staatsbürgerschaft und betreibt mit seinen 27 Jahren eine Tankstellen- und Supermarktkette.

Tochter von Sergej Lawrow

© Russian Foreign Ministry / Picture Alliance
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Die Tochter von Sergej Lawrow, Ekaterina Winokurowa, wurde gar in den USA geboren. 1982 kam sie in New York zur Welt, als ihr Vater dort bei der UN die Sowjetunion vertrat. Ihre gesamte Kindheit und Jugend verbrachte Ekaterina im Westen. Zur Schule ging sie in Manhattan, machte anschließend einen Abschluss in Politikwissenschaft auf der Columbia University und ging schließlich nach London für ein Masterstudium an der School of Economics. Dort lernte sie ihren Ehemann Alexander Winokurow kennen, der dort ebenfalls studierte. Erst mit 23 Jahren siedelte sie nach eigenen Angaben nach Russland über. Russisch spricht sie mit einem englischen Akzent.
Nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurde Ekaterina auf die Sanktionsliste der USA und der EU gesetzt Ihr ist nun die Einreise verboten.

Sohn von Elwira Nabiullina

© Russian State Duma/ / Picture Alliance
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Elwira Nabiullina, Russlands mächtigste Frau, soll zu Beginn des Ukraine-Krieges blass wie die Wand gewesen sein, so die Gerüchte in Moskau. Und kurz nachdem sie von den ersten westlichen Sanktionen erfahren hatte, soll die Chefin der Zentralbank Russlands sogar ihren Rücktritt eingereicht haben. Dennoch wurde sie von der Duma zu einer dritten Amtszeit auf dem Posten bestätigt. Nun versichert sie der Bevölkerung: "Russland verfügt über alle notwendigen finanziellen Ressourcen, uns droht kein Zahlungsausfall": Ihr Sohn muss sich aber nicht vor einem Default fürchten. Er besitzt die Staatsbürgerschaft Norwegens und hat an der University of Manchester studiert.

Sohn von Jelena Misulina

© Mikhail Metzel / Picture Alliance
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Jelena Misulina ist eine verschriene Feindin von Homosexuellen und Abtreibungsgegnerin. Sie war die treibende Kraft hinter dem sogenannten Gesetz gegen homosexuelle Propaganda, das öffentliche Meinungsäußerungen über Homosexualität mit dem Hinweis auf Kinderschutz verbietet. Sie ist Mitglied im Föderationsrat und Politikerin der Partei Gerechtes Russland, die als Sparringpartner der Regierungspartei Einiges Russland betrachtet wird. Seit 2014 steht sie unter Sanktionen.
Misulina ist berüchtigt für ihre Homophobie. Gleichgeschlechtliche Ehen lehnt sie kategorisch ab und kritisiert europäische Länder, die sie zulassen. "Ich bin mir sicher, dass die Länder, die jetzt homo- und heterosexuelle Beziehungen gleichstellen, in ein paar Jahren dagegen kämpfen werden", erklärte sie im Staatsfernsehen.
Ih Sohn lebt und arbeitet aber in Belgien. Nikolaj Misulin arbeitet als Jurist und soll selbst einen Mann geheiratet haben, den Sohn des ehemaligen russischen Bildungsministers Andrej Fursinko.

Tochter von Dmitri Peskow

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Die Tochter von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, Elizaweta Peskowa (m.), führte bis vor kurzem ein Jetset-Leben zwischen London und der französischen Riviera. Auf Instagram teilte sie fröhlich und ungehemmt Glamour-Pics aus ihrem Luxus-Leben – bis auch sie auf die Sanktionsliste gesetzt wurde. Bei Lisa (Kurzform für Elizaweta) stieß die Maßnahme auf komplettes Unverständnis: "Ich bin aufgebracht, weil ich gerne reisen würde und andere Kulturen liebe", schrieb sie. Es sei "seltsam, Sanktionen gegen eine Person zu verhängen, die 24 Jahre alt ist und nichts mit der Situation zu tun hat", behauptete sie. Doch längst ist sie in Fußstapfen ihres Vaters getreten. Auf dem Papier ist sie zumindest Gründerin einer Kommunikationsfirma und Direktorin einer historischen Stiftung mit einem Master-Abschluss in internationalen Beziehungen. Studierst hat sie natürlich auch im Ausland, in Paris.
Dort arbeitete sie einst für Aymeric Chauprade. Der Franzose zog 2014 für den rechtsextremen Front National ins EU-Parlament und war außenpolitischer Berater von Parteichefin Marine Le Pen.

Tochter von Sergej Zheleznjak

© Council.gov.ru
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Der Politiker der Regierungspartei Einiges Russland und Abgeordneter der Duma Sergej Zheleznjak verdient sich zurzeit einen gewissen Ruf, indem er durch die unzähligen Propaganda-Shows tingelt und Putins Krieg in der Ukraine glorifiziert. Gerne schwärmt er auch von der Großartigkeit der russischen Armee. Seine ältere Tochter schickte er jedoch zunächst in die Schweiz, dann nach Großbritannien zum Studium. Dort arbeitete sie später sogar bei der BBC und lebt heute in London.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de

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