Vater will endlich Gewissheit: „Ich schlafe seit zwei Jahren nicht mehr"
Der Fall Ronja H.: Hat ein Arzt die Krankenschwester mit einer Todesspritze aus dem Leben gerissen?

„Ronja war fast eine Kopie von mir“, erzählt Vater Tobias.
Die Krankenschwester tritt im Dezember 2021 eine Nachtschicht in der Notaufnahme an. Wegen eines Migräneanfalls will sie Medikamente gespritzt bekommen – wenige Stunden später ist sie tot. Lange sieht alles nach einem Unfall aus. Doch Zeugen beschuldigen plötzlich einen Arzt.
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Die Spritze sollte ihr helfen - doch am Ende war Ronja H. tot

Es ist der 14. Dezember 2021. Ronja macht sich auf den Weg ins Krankenhaus im Landkreis Kelheim, sie hat die Nachtschicht in der Notaufnahme. Lange hadert sie, ob sie gehen soll. Ronja hat mit Migräne zu kämpfen – heute ist es wieder schlimm. Sie will sich krankmelden, doch sie findet keinen Ersatz, will die Kollegen nicht hängenlassen. Am Abend werden die Kopfschmerzen schlimmer, die Übelkeit nimmt Überhand. Sie fragt bei einer Kollegin nach einem intravenösen Zugang, Elektrolyte sollen ihr helfen. Fünfeinhalb Stunden später wird sie tot auf dem Boden neben dem Bett aufgefunden. So erzählt es Nebenklageanwalt Philip Pruy.
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Mehr als zwei Jahre später: Der Schock in der Familie sitzt immer noch tief. Vater Tobias spricht über die ersten zwei Wochen nach dem Tod seiner ältesten Tochter: „Ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr erinnern. Tag war Nacht, Nacht war Tag. Ich schlafe seit zwei Jahren nicht mehr.“ Die Nacht auf den 15. Dezember 2021 habe ihn verändert. „Ich bin härter geworden, weniger spontan, unfairer“.
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Für Vater Tobias steht fest: Ronjas Tod kann kein Unfall gewesen sein

Wie kann es sein, dass eine junge Frau in einer Notaufnahme stirbt und es niemand bemerkt? Für Vater Tobias bleiben zu viele Fragen offen. Der zuständige Kriminalkommissar will keine weiteren Ermittlungen in die Wege leiten. Deswegen schreibt Tobias Beschwerde über Beschwerde, bis ins Innenministerium hoch. Mitte 2022 stellt ein Gutachter fest: Ronja stirbt an einer Überdosis Propofol. Es sollte helfen, doch es wurde zur Todesfalle.
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Propofol ist ein Narkosemittel. Es wird gerne zur Einleitung einer Vollnarkose genutzt, weil es ein angenehmes Einschlafen und Aufwachen verspricht. Doch der Einsatz ist gefährlich. Der Grat zwischen der richtigen Menge und einer Überdosis ist gering. Deshalb muss es unter ärztlicher Aufsicht verabreicht werden und der Patient in der Folge weiter überwacht werden. Das, so der Vorwurf, passiert bei Ronja nicht. Sie wird erst fünfeinhalb Stunden nach der Injektion tot aufgefunden. Es scheint, als habe niemand nach ihr gesehen.
Der behandelnde Arzt wurde entlassen
Im Zuge der Nachermittlungen werden auch erstmals Zeugen befragt. Was ist passiert in dieser Nacht? Schnell wird deutlich: der Arzt Markus R.* soll Ronja das Propofol verabreicht – und sich dann nicht um sie gekümmert haben. „Warum musste erst jemand sterben, bevor gehandelt wird?“, fragt Vater Tobias. Mittlerweile ist der Arzt Markus R. (wir haben seinen Namen geändert) entlassen. Als RTL versucht, mit ihm über den Fall und die Vorwürfe zu reden, knallt eine Frau die Tür vor der Nase unseres Reporters zu. Auch das Krankenhaus, in dem Ronja gestorben ist, möchte nicht reden. Besonders das macht Vater Tobias wütend.
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Vater Tobias will Schuldigen zur Rechenschaft ziehen
Nun hat das Schwurgericht Regensburg weitere Nachermittlungen angeordnet. Ein Erfolg für Vater Tobias: „Ich will endlich Gewissheit haben, was in dieser Nacht passiert ist. Und wenn es einen Schuldigen gibt, will ich, dass er zur Rechenschaft gezogen wird.“ Die Staatsanwaltschaft wirft dem Arzt Aussetzung mit Todesfolge vor. Das kann eine Freiheitsstrafe von drei bis 15 Jahren mit sich ziehen. Ein Termin für den Prozess gibt es noch nicht. Der Anwalt des Vaters, Philipp Pruy, rechnet damit, dass sich die Ermittlungen noch über mindestens ein halbes Jahr ziehen werden. „Die Mordkommission hat einfach nicht gut ermittelt.“ Das müsse nun ausgebadet werden.
Tobias besucht das Grab seiner Tochter immer noch regelmäßig. Er hat es mit seinen eigenen Händen gebaut. „Auch jetzt, nach über zwei Jahren, würde ich immer noch mit ihr tauschen“, sagt er.