Gynäkologin klärt auf
Die Tage vor den Tagen überstehen: Was PMS-Symptome wirklich lindert

Millionen Frauen in Deutschland kennen es, manche haben sogar schon richtig Angst davor. Angst davor, an das Ende ihres monatlichen Zyklus‘ zu gelangen und wieder die „Tage vor den Tagen“ erleben müssen. Bei einigen Frauen beginnt das Grauen sogar nicht erst ein paar Tage, bevor ihre Blutung beginnt, sondern bereits kurz nach dem Eisprung.
Patientin bemerkt: Irgendetwas stimmt nicht!
„Ich erkenne mich dann einfach überhaupt nicht mehr wieder, bin gar nicht mehr ich selbst. Ich bin aggressiv, esse kiloweise Schokolade und fahre sofort aus der Haut. [...] Manchmal habe ich Angst, dass meinem Mann das alles zu viel wird. Ich könnte ihn sogar verstehen“, sagte neulich eine völlig verzweifelte Patientin zu mir.
Dass sie unter einem PMS leiden könnte, hatte meine Patientin in einem Gespräch mit ihrer Freundin erfahren. Die beiden Frauen saßen zusammen und unterhielten sich darüber, dass sich ihr Zyklus mit den Jahren verändert habe. „Außerdem bin ich so zwei, drei Tage vor meiner Periode mittlerweile so richtig PMS-mäßig drauf. Ich habe schlechte Laune und fühle mich einfach bescheiden. Sobald ich dann anfange zu bluten, ist alles wie weggeblasen“, erzählte die Freundin.
Lese-Tipp: Letzte Hoffnung Notaufnahme! Wenn der Mittelschmerz zum Albtraum wird
Meine Patientin entgegnete daraufhin, dass es ihr genauso ginge. Allerdings nicht nur ein paar Tage, sondern mindestens eine Woche. Außerdem leide sie nicht nur unter schlechter Laune, sondern habe manchmal richtig Angst, dass sie depressiv sei. „Du solltest mit deiner Frauenärztin darüber sprechen. Bestimmt kann man irgendetwas dagegen tun“, riet die Freundin.
Im Video: Frau malt mit Periodenblut - und nutzt nicht nur ihr eigenes
PMS - Was ist das eigentlich?
Etwa 75 Prozent alle fertilen Frauen leiden unter allgemeinem Unwohlsein kurz vor ihrer Periode. Bei circa 25 Prozent dieser Frauen handelt es sich um ein sogenanntes prämenstruelles Syndrom. Zwei bis fünf Prozent der Betroffenen geben an, dass ihre Beschwerden so schwerwiegend sind, dass ihre Lebensqualität erheblich eingeschränkt ist. Vor allem Frauen über 30 Jahren scheinen übrigens vermehrt darunter zu leiden.
Die Symptome sind vielfältig und können wie folgt aussehen:
spannende Brüste
Kopfschmerzen
Übelkeit
Wassereinlagerungen
Hautprobleme
Gelenk- und Muskelschmerzen
Schlafstörungen
Verdauungsstörungen
Unterleibsschmerzen
Abfall der Leistungsfähigkeit
psychisches Leid (Traurigkeit, Aggression, Angst)
Überwiegt die psychische Komponente und ist diese sehr ausgeprägt, spricht man von einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom (PMDS).
Typisch ist, dass die Beschwerden in der zweiten Zyklushälfte, also nach dem Eisprung, auftreten.
Lese-Tipp: Natürlicher Trick: Wie Sie Periodenschmerzen endlich lindern
Manche Frauen leiden nur ein paar Tage vor ihrer Menstruation darunter, andere wiederum beinahe ganze zwei Wochen.
Die Ursache für PMS? Unklar!
Wodurch genau ein PMS ausgelöst wird, ist bislang wissenschaftlich nicht geklärt. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze. Möglicherweise ist es auch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren.
Vermutet wird, dass bei Frauen, die unter einem PMS oder auch PMDS leiden, das Zusammenspiel der Hormone nicht reibungslos funktioniert und dadurch ein hormonelles Ungleichgewicht entsteht. Eventuell reagieren Betroffene auch besonders ausgeprägt auf ein Abbauprodukt des Hormons Progesteron, das vor allem in der zweiten Zyklushälfte eine wichtige Rolle spielt. Ein weiterer Erklärungsansatz ist ein Abfallen des Serotoninspiegel zwei Wochen vor der Periode, den die Erkrankten besonders intensiv wahrnehmen.
Lese-Tipp: Farbe der Periode: Was das Menstruationsblut über unsere Gesundheit verrät
Zudem geht man davon aus, dass es sowohl eine genetische Komponente gibt, die das Risiko, an einem PMS zu erkranken, erhöht. Auch verschiedene Umweltfaktoren scheinen eine Rolle dabei spielen.
Ihre Meinung ist gefragt!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Das hilft wirklich!
In der Medizin ist es meistens so, dass, wenn eine eindeutige Erklärung für ein Krankheitsbild fehlt, auch der Weg, die individuell passende Therapie zu finden, möglicherweise nicht ganz geradlinig ist. So auch beim PMS oder PMDS. Zudem fühlen sich leider viele betroffene Frauen mit ihren Beschwerden von ihren behandelnden Ärzten und Ärztinnen nicht ernst genommen.
Sie sollten dennoch nicht die Hoffnung verlieren!
Ich empfehle allen Betroffenen, zunächst mit einem Symptom-Tagebuch zu beginnen, in dem sie nicht nur genau ihren Zyklus notieren, sondern auch sämtliche Beschwerden aufzeichnen. Dieses Tagebuch kann nicht nur den Frauen selbst, sondern auch der behandelnden Gynäkologin dabei helfen, die Symptome richtig einzuordnen.
Lese-Tipp: Doc Fleck: PMS-Probleme? Was Sie vor den Tagen essen sollten – und was nicht
Was außerdem hilft:
Sport! Auch wenn die Lust auf körperliche Betätigung in dieser Zeit nicht sonderlich groß ist, ist sie ein bewährtes Therapietool. Die Durchblutung wird gesteigert, Glückshormone werden ausgeschüttet und Schmerzen gelindert.
Entspannungsverfahren
ausreichend Schlaf
Verzicht auf Nikotin und Alkohol
Verzicht auf Schokolade
reduzierter Koffeinkonsum
salzarme Ernährung, um Wassereinlagerungen vorzubeugen
zusätzliche Zufuhr von Magnesium, Calcium, Vitamin E und Vitamin B6
Bei einigen Betroffenen reichen diese Maßnahmen nicht aus. Gemeinsam mit der behandelnden Gynäkologin können nun folgende Therapieoptionen besprochen werden:
mikronisiertes Progesteron in der 2. Zyklushälfte
Mönchspfeffer
Verhütungsmittel, die den Eisprung verhindern
Johanniskraut
selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
Diuretika, das heißt ausschwemmende Medikamente
Und wie ging es mit der Patientin weiter?

Mit meiner Patientin vereinbarte ich ein gemeinsames Gespräch mit ihr und ihrem Ehemann in meiner Praxis. Ich konnte noch einmal als Ärztin erklären, dass es sich bei dem PMS um ein echtes Krankheitsbild handelt und es kein „böser Wille“ der Patientin ist, wenn sie sich in den „Tagen vor den Tagen“ für Außenstehende merkwürdig verhält.
Wir vereinbarten, dass sie ab sofort innerhalb der Familie ganz ehrlich mit dem Thema umgeht und offen sagt, wenn es ihr schlecht geht. Allein das war schon eine große Hilfestellung für sie, da sie plötzlich nicht mehr den Druck spürte, trotz Beschwerden „funktionieren“ zu müssen.
Sie achtete außerdem ab der Zyklusmitte sehr bewusst darauf, genügend Ruhepausen zu haben und Zeit, um ins Fitnessstudio zu gehen. Den Kaffee am Morgen tauschte sie gegen eine Tasse grünen Tee aus und begann damit, zusätzlich Magnesium und einen Vitamin-B-Komplex einzunehmen. Bislang fühlt sich meine Patientin gut mit diesem therapeutischen Vorgehen. Sie weiß aber auch, dass sie sich immer melden kann, wenn sie doch medikamentöse Unterstützung benötigt.