Expertin erklärt Free Bleeding
Natürlicher Trick: Wie Sie Periodenschmerzen endlich lindern

Kündigt sich die Periode an, muss frau schnell reagieren: Sofort wird ins Bad gerannt, um Tampon, Binde oder Menstruationstasse zu holen. Schließlich möchte man gerne auf Nummer sicher gehen. Oder könnten Sie sich vorstellen, der Menstruation freien Lauf zu lassen? Diese natürliche Methode nennt man „Free Bleeding“ (dt.: Freies Bluten) und ist auf TikTok zu einem echten Trend geworden. Diese Vorteile sollten Sie kennen!
Was genau ist Free Bleeding eigentlich?

Bei der Free-Bleeding-Methode geht es darum, dem Periodenblut freien Lauf zu lassen. Der Menstruationsfluss wird also nicht blockiert, sondern gesammelt und dann abgegeben. „Beim Free Bleeding ist der Hintergedanke, dass der Körper die Menstruation schubweise abgibt. Viele haben außerdem das Ziel, komplett auf Periodenprodukte zu verzichten“, erklärt Zykluscoach Anne Lippold im RTL-Interview.
Doch keine Angst: „Wer sich ‘sicherer’ fühlt – gerade am Anfang – kann natürlich weiterhin Periodenunterwäsche oder eine Binde benutzen. Es sollte nur kein Fremdkörper, sprich Tasse oder Tampon, eingeführt werden, denn dann kann das Blut nicht so gut abfließen.“
Diejenigen, die Free Bleeding praktizieren, wollen vor allem ihren Körper – inklusive Zyklus – spüren. Wann kommt der nächste Schub? Wenn man denkt, es könnte so weit sein, „dann sollte man auf Toilette gehen und dort bewusst locker lassen“, so Lippold, die auch ein Buch über das Thema geschrieben hat („Mein gesunder Zyklus“*).
Doch wie genau läuft das eigentlich ab? „Am Anfang fühlt es sich an, als ob man Harndrang hat. Wenn das Gefühl, dass etwas kommen könnte, noch nicht ausgeprägt genug ist, dann kann man sich einen Wecker stellen, auf ungefähr einmal pro Stunde. Dann geht man, wenn der Wecker klingelt, auf die Toilette und wartet erst einmal ab.“
Lese-Tipp: Expertin erklärt: Warum Frauen das "Vier-Jahreszeiten-Modell" kennen sollten
Free Bleeding: Das sollten Sie währenddessen beachten
Jetzt entspannt sich der Körper. Bis es fließt, könne es ein bis zwei Minuten dauern, „vielleicht sogar zehn Minuten. Was helfen kann, ist mit dem Mund zu schnauben. So entspannt sich der Beckenboden“, so die Expertin.
Und dass der Beckenboden entspannt ist, ist beim Free Bleeding essenziell: „Die Schmerzen während der Periode kommen aus der Gebärmutter und aus dem Beckenboden. Damit diese gelindert werden, sollte ein entspannter Zustand erreicht werden.“
Wichtig ist jedoch, wenn Sie auf der Toilette sitzen: Bauen Sie keinen Druck auf. Der Zykluscoach erzählt: „Wenn man mit Druck gegen den Beckenboden drückt, könnte es zwar zum Fluss kommen. Aber dadurch lernen wir nicht das bewusste Loslösen, das beim Free Bleeding wichtig ist. Sich Zeit zu lassen, ist das A und O.“
Wenn es dann los geht und Sie merken, dass die Periodenflüssigkeit fließt, sollten Sie so lange fließen lassen, bis es aufhört.
Um beim nächsten Mal zeitig und richtig zu agieren, solle man in sich hinein horchen: Wie hat sich das eigentlich angefühlt, als es los ging? „Manche Frauen spüren auch ein Kitzeln in der Vagina. Das kann auch ein Signal dafür sein, dass der Körper Blut abgeben muss.“
Die Expertin gibt zudem folgende Tipps:
Trinken Sie viel!
Gehen Sie während des Ablassens in die Hocke. Wenn Ihre Füße, zum Beispiel mit Hilfe eines kleinen Hockers, erhöht sind, entlastet das den Beckenboden automatisch.
Im Video: So helfen diese Eltern ihren Töchtern während der Periode
So werden Sie Ihre Regelschmerzen los

Zykluscoach Anne Lippold nutzt die Free-Bleeding-Methode selbst, hat es so geschafft, jahrelang schmerzfrei zu sein: „Früher habe ich sehr unter meinem Zyklus gelitten. Bis ich mich nach der Geburt meines ersten Kindes intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Ich wollte herausfinden, woher die Schmerzen eigentlich kommen und was mein Körper mir damit sagen will.“
Anstatt die Symptome nur oberflächlich zu lindern, zum Beispiel in Form von Schmerztabletten, oder den Glauben zu haben, man muss die Regelschmerzen als Frau nun mal aushalten, geht sie das Ganze an.
So findet sie heraus, dass zum Beispiel Tampon oder Tasse, die während der Periode in der Vagina stecken, Regelschmerzen begünstigen können: „Sie müssen ja schließlich zusätzlich vom Beckenboden gehalten werden. Und wir lassen viel zu selten locker, das ist evolutionsbedingt noch so in uns drin. So kommt es natürlich viel mehr zu Krämpfen, weil der Beckenboden irgendwann erschöpft ist. Mit dem beim Free Bleeding praktiziert man ja das Lockerlassen der Muskeln.“
Wichtig ist, den Beckenboden zu trainieren – auch für später mal, wenn frau in den Wechseljahren vermehrt zur Inkontinenz neigt. „Die Beckenbodenmuskulatur wird zum Beispiel mit Yoga oder Pilates, aber auch durch Tanzen, Reiten, Schwimmen und Fahrradfahren gestärkt. Alles, was die Stabilität in der Bauchmitte verstärkt, ist empfehlenswert.“
Free Bleeding bei Endometriose
Der Zykluscoach erklärt, dass Free Bleeding auch bei Patientinnen mit Endometriose helfen kann: „Natürlich ist das keine Wunderheilung. Auf die Wucherungen im Bauch hat Free Bleeding natürlich keinen Einfluss. Aber die Schmerzursache im Becken, die kann bekämpft werden und zumindest ein wenig Linderung verschaffen.“
Lese-Tipp: Um Endometriose-Schmerzen zu ertragen: Frau verbrennt sich freiwillig den Bauch
Ihre Meinung ist gefragt!
Das Ergebnis der Umfrage ist nicht repräsentativ.
Expertin: Periode - und alles was dazu gehört - noch immer schambehaftet!

Wie lange dauert es, bis man den Dreh raus hat, das richtige Timing für die Toilette abzupassen? Anne Lippold macht Hoffnung: „Das ist von Frau zu Frau unterschiedlich und hängt natürlich davon ab, wie viel Zeit man zum Üben hat und wo man das übt: Unterwegs und auf der Arbeit fällt es einem natürlich schwerer als in Ruhe am Wochenende oder im Home Office. Aber: Die meisten Frauen bekommen schon nach einem Zyklus ein Bewusstsein dafür, wann der nächste Schub kommt.“ Frau solle jedoch nicht in Panik verfallen, wenn es gerade am Anfang noch nicht perfekt klappt.
Lese-Tipp: 5 nachhaltige Hygiene-Alternativen für die Menstruation
Außerdem komme es immer auf das Ziel an: Will man komplett auf Periodenprodukte verzichten? Dann dauere es natürlich länger, weil man viel gezielter entspannen und locker lassen muss. „Das bedarf einfach etwas mehr Training, auch zwischen den Zyklen.“
Wenn es aber „nur“ ums Spüren des eigenen Körpers und ein verbessertes Körpergefühl gehe, dann funktioniert es schneller.
Dem Zykluscoach liegt am Herzen, dass man wirklich ohne Druck an die Free-Bleeding-Methode herangeht. Denn mache man sich Druck, sorgt das wieder für allgemeines Unwohlsein.
Noch immer werde die Menstruation und alles, was damit verbunden ist, als Tabuthema angesehen. „Viele wollen sich gar nicht mit dem auseinandersetzen, was da unten passiert. Viele ekeln sich sogar – dabei ist es etwas ganz Natürliches. Es würde uns Frauen viel mehr helfen, wenn wir uns mehr mit unserer Periode oder unserem Zyklus auseinandersetzen würden. Ja, wir müssen unsere Körperflüssigkeiten nicht lieben. Aber sie sind eben da, und man kann sie schon akzeptieren. Das muss nicht immer mit Scham behaftet sein.“
Lese-Tipp: Farbe der Periode: Was das Menstruationsblut über unsere Gesundheit verrät
Über Zykluscoach Anne Lippold
Aus eigener Leidensgeschichte heraus entwickelte sich Anne Lippold zu einer der ersten und inzwischen führenden Expertin Deutschlands für PMS und Menstruationsbeschwerden. Als Zykluscoach lehrt sie einen neuen und präventiven Ansatz, Menstruationsbeschwerden vorzubeugen, statt nur zu behandeln.
Dafür gründete die ehemalige Projektleiterin in der Automobilbranche das Unternehmen „Fraulichkeit“ und berät seit einigen Jahren Privatpersonen und Unternehmen zu zyklusfreundlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen und hält Workshops und Vorträge als Female Speaker.
Inzwischen hat sie über 6.000 Frauen zu einem entspannteren Zyklus verholfen und das Buch „Mein gesunder Zyklus“* veröffentlicht.
*Wir arbeiten in diesem Beitrag mit Affiliate-Links. Wenn Sie über diese Links ein Produkt kaufen, erhalten wir vom Anbieter eine Provision. Für Sie entstehen dabei keine Mehrkosten. Wo und wann Sie ein Produkt kaufen, bleibt natürlich Ihnen überlassen.