28-Jährige will ihren Peiniger jetzt in den Knast bringen

Nach sieben Jahren: Vergewaltiger gesteht Tat über Facebook

von Rafael Hein und Daniela Hoffmann

Seit 10 Jahren kämpft Shannon Keeler verzweifelt um Gerechtigkeit.
Im Alter von 18 Jahren wird die US-Amerikanerin auf einer Collegeparty von einem anderen Studenten vergewaltigt. Doch die Staatsanwaltschaft sieht nicht genügend Beweise, um Anklage zu erheben. Sieben Jahre nach der schlimmsten Nacht ihres Lebens gesteht ihr Vergewaltiger überraschend die Tat bei Facebook. Hat die 28-Jährige jetzt endlich den Beweis, auf den sie so lange gewartet hat?

Nichtsahnend öffnet Shannon ihrem Vergewaltiger die Tür

Ian Cleary Facebook photo
Die Spur des Vergewaltigers führt nach Europa.
Ian Cleary Facebook photo

Das erste Semester am Gettysburg College ist geschafft und Weihnachten steht vor der Tür. Am 14. Dezember 2013, dem letzten Unitag, geht die damals 18-jährige Shannon Keeler mit ihren Freundinnen zu einer große Party im Haus einer Studentenverbindung. Dort lernt sie Ian Cleary kennen. Der 20-Jährige fordert sie zum Tanzen auf, will sie küssen. Doch Shannon wehrt seine Annäherungsversuche ab. Als Ian trotzdem nicht aufhört, lässt sie sich von einem Bekannten zum Studentenwohnheim begleiten.

Kurze Zeit später, als Shannon alleine in ihrem Zimmer ist, klopft es an der Tür. In der Annahme, es handele sich um eine Freundin öffnet die Studentin die Tür. Doch dort steht keine Freundin, sondern derselbe Typ, vor dem sie von der Party geflohen ist.

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Freundin: "Ich kann gar nicht richtig beschreiben wie sie ausgesehen hat. Es hat mir das Herz gebrochen“

Was dann passiert, verfolgt die 28-Jährige auch heute noch. „Er weigerte sich zu gehen, dann hat er mich vergewaltigt. Fing danach an zu weinen und ist dann nach Hause gegangen“, erzählt Shannon Keeler mit nach unten gesenktem Blick. Nachdem Ian ihr Wohnheim verlassen hat, ruft Shannon völlig aufgelöst ihre Freundin Katayoun Amir-Aslani an. Die eilt sofort zu ihr. „Sie weinte, die Mascara lief ihr das Gesicht runter, und sie sah so…Ich kann gar nicht richtig beschreiben wie sie ausgesehen hat. Es hat mir das Herz gebrochen“, sagt Amir-Aslani mit Tränen in den Augen.

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Shannon Keeler geht sofort zur Polizei, will Anzeige gegen Ian Cleary erstatten – aber ohne Erfolg. „Meiner Meinung nach gab es zu dem Zeitpunkt schon genügend Beweise, um ihn anzuklagen, aber das entsprach offenbar nicht der Einschätzung des Staatsanwalts“, sagt Shannons Anwältin Andrea Levy.

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Shannon: „Ich habe so entgeistert auf mein Handy geschaut, dass mein Freund dachte, jemand sei gestorben“

Zu sehen ist eine Textnachricht mit den Worten "I raped you".
Sieben Jahre nach der Tat gesteht der Vergewaltiger plötzlich in einer Facebook-Nachricht.
RTL Interactive

Shannon versucht die Vergewaltigung zu vergessen, konzentriert sich auf ihr Studium und sucht ihr Glück im Sport – für sie ein wichtiges Ventil, um Stress abzubauen. Nach außen hin lässt sie sich nichts anmerken. „Auf der einen Seite wollte ich einfach nur ganz normal mein Leben führen, auf der anderen Seite ist es wichtig, dass man seine Gefühle nicht unterdrückt, daher waren die ersten Jahre danach sehr schwierig fuer mich, denn ich war so verwirrt. Da gab es diesen großen Teil meines Lebens, den ich geheim gehalten habe, denn ich wollte nicht als das ‘Mädchen gelten, das in der Schule vergewaltigt wurde’.“

Fünf Jahre lang ruht der Fall. Doch an einem Sommertag im Juli 2020 nimmt er eine überraschende Wendung: Als Shannon sich nach langer Zeit in ihrem Facebook-Konto einloggt, entdeckt sie eine sechs Monate alte Chat-Nachricht von ihrem Vergewaltiger. Darin gesteht er die Tat und verspricht, soetwas nie wieder zu tun. „Ich habe so entgeistert auf mein Handy geschaut, dass mein Freund dachte, jemand sei gestorben“, erzählt Shannon Keeler.

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Vergewaltiger ist wahrscheinlich unter falschem Namen in Europa abgetaucht

MIt diesem neuen Beweismaterial erhebt der Staatsanwalt schließlich doch noch Anklage gegen Ian Cleary. Doch schnell wird klar: Ihn zu finden, wird nicht leicht. Denn seit drei Jahren fehlt von dem US-Amerikaner jede Spur: Keine Social-Media-Posts, keine Kreditkartenzahlungen, nichts, das etwas über seinen Aufenthaltsort verraten könnte. „Nach den Informationen, die wir von den Strafverfolgungsbehörden bekommen haben, befindet sich der Flüchtige Ian Cleary nicht in den Vereinigten Staaten. Er ist irgendwo im Ausland, wahrscheinlich in Europa. Die Polizei geht davon aus, dass er einen falschen Namen oder eine falsche Identität verwendet, wo immer er sich auch aufhält“, sagt Anwältin Andrea Levy.

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Shannon Keeler hofft, dass ihr Interview mit RTL dazu führt, dass Ian Cleary gefunden wird. Sollte er gefasst werden, drohen ihm mindestens zehn Jahre Knast. Shannon jedenfalls glaubt fest daran, dass der schicksalhafte Partyabend vor einem Jahrzehnt doch noch in Gerechtigkeit enden wird.