Dem Körper eine Pause geben

Nach der Weihnachtsvöllerei: Ist Heilfasten jetzt sinnvoll?

Beim Fasten wird so einiges vorübergehend vom Speiseplan gestrichen. Tee ist aber eigentlich immer erlaubt. Foto: Monique Wüstenhagen
Viel trinken, aber dafür wenig oder gar nichts essen. Ist das nach der Weihnachtsvöllerei sinnvoll?
DPA

Wer kennt dieses Gefühl nicht?
Weihnachten ist vorbei und viele von uns fühlen sich fast so vollgestopft wie die Gans, die bei einigen zum Fest auf dem Tisch gelandet ist. Wie fast jedes Jahr kommt dem einen oder anderen dann auch wieder die Idee, nach der Völlerei dem Körper eine Pause zu gönnen. Die bekannteste Fastenmethode ist das Heilfasten nach Buchinger. Aber was genau passiert eigentlich in unserem Körper, wenn wir für längere Zeit auf Nahrung verzichten und ist das wirklich sinnvoll? Wir haben mit einer Ernährungsexpertin Nora Rieder gesprochen und die Vor- und Nachteile des Fastens zusammengefasst.

Heilfasten nach Buchinger ist eine der bekanntesten Methoden des Heilfastens

In der Naturheilkunde gilt der Verzicht auf feste Nahrung schon lange als wirksame Therapie. Es gibt viele verschiedene Fastenmethoden. „Ihnen allen liegt der Gedanke einer Entlastung und Reinigung des Körpers zugrunde“, erklärt Diplom-Ökotrophologin Nora Rieder im RTL-Interview. Das Heilfasten nach Buchinger ist wohl eine der bekanntesten Methoden des Heilfastens. Sie geht auf den Arzt Otto Buchinger (1878-1966) zurück, der 1920 seine erste eigene Heilfastenklinik gründete. Der Militärarzt ist gerade einmal 40 Jahre alt, als seine Rheuma-Erkrankung ihn fast bewegungsunfähig macht. Um seine Schmerzen zu lindern, entscheidet sich der Arzt zu einer Radikalkur und er beginnt zu fasten. „Nach 19 Tagen war ich dünn, aber ich konnte wieder alle Gelenke wie ein junger Mann bewegen“, beschrieb er seine Erfahrung.

Aber ist das Fasten wirklich so gesund oder ist diese Geschichte doch nur eine schöne Legende, die nebenbei auch noch sehr werbewirksam ist?

Lese-Tipp: Heilfasten, Intervallfasten und Co.: Fünf Fastenmethoden im Check

Fakt ist: Der Trend zum Nichtessen wird immer beliebter und erhält inzwischen auch aus der Wissenschaft Zuspruch.

Kann Hungern wirklich heilen?

Viele Studien belegen, dass der Nahrungsverzicht weit mehr kann als nur ein paar überflüssige Speckröllchen verschwinden zu lassen. Wie Buchinger selbst erfahren hat, hat das Fasten sein Rheuma gelindert, was auch Wissenschaftler bestätigen. Außerdem wirkt sich die Nahrungsabstinenz auch auf andere chronische Schmerzen, Migräne oder Multiple Sklerose positiv aus.

Aber wieso ist das so und braucht der Körper wirklich mal längere Nahrungspausen?

„Überernährung, aber auch fehlende Essenspausen durch häufiges Snacken tragen dazu bei, dass unsere Zellen schneller altern“, erklärt Rieder. „Denn sie kommen mit der Autophagie, also dem Abbau fehlerhafter oder beschädigter Zellbestandteile, nicht mehr hinterher. Stattdessen reichern sich diese im Körper an und können Entzündungsprozesse auslösen.“ Das erhöhe, laut der Expertin, das Risiko für chronische Erkrankungen wie Krebs, Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit, Alzheimer oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Lese-Tipp: Fasten: Welche Methode taugt wirklich was?

„Wer fastet, beugt Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck vor, die Übergewicht und Adipositas begünstigen. Zudem reduziert Fasten Entzündungen im Körper sowie das Krebsrisiko. Gleichzeitig verbessert es die Hirnfunktion. Aber auch der Gehalt an Cholesterin und Triglyceriden im Blut kann durch das Fasten gesenkt werden“, so Rieder.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Eure Erfahrung ist gefragt!

Schon ein Fastentag im Monat kann viel bewirken

Wer nicht nur gesünder sein, sondern einfach auch mal fix ein paar Kilo abnehmen möchte, könnte auch fasten, statt einer „gewöhnlichen“ Diät zu machen. Nora Reider erklärt: „Wenn dem Körper keine Energie in Form von Nahrung zugeführt wird, greift er zunächst auf die gespeicherten Kohlenhydrate und Eiweiße zurück, bis er nach spätestens drei bis vier Tagen die Fettdepots angreift und die Speckröllchen schwinden.“ Ein weiterer positiver Nebeneffekt sei, dass der Blutdruck sinkt und die Blutgefäße entlastet werden, wodurch auch „das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und weitere Folgeerkrankungen sinkt“.

Allerdings warnt die Expertin vor dem Jojo-Effekt und rät dazu, nur über einen gewissen Zeitraum zu fasten. „Denn der Körper drosselt während des Fastens den Energieverbrauch, um seine Ressourcen zu schonen. Essen wir dann nach dem Fasten wieder wie zuvor, speichert der Körper alles, was er bekommen kann. Da der Stoffwechsel zudem heruntergefahren ist, sind die verlorenen Pfunde schnell wieder drauf. Zumindest dann, wenn wir genauso essen wie zuvor.“

Tipp für alle, die nicht tagelang auf Nahrung verzichten wollen:

Viele Menschen können sich nicht vorstellen, tage- oder sogar wochenlang auf feste Nahrung zu verzichten. Für die unter uns hat Rieder auch einen Tipp: „Unserem Körper tun auch regelmäßige Fastentage gut. So kann ein Fastentag im Monat dazu beitragen, den Stoffwechsel zu entlasten und die Kalorienbilanz auszugleichen.“

Lese-Tipp: In der Fastenzeit durchhalten: Fünf Tipps, um wirklich zu verzichten

Können uns gezielte Essenspausen wirklich jünger machen?

Weitere Alternativen zum Heilfasten

Wer nicht komplett auf feste Nahrung verzichten möchte, kann auch mal das Scheinfasten probieren. „Dabei ist eine Kalorienzufuhr von 700-1.000 Kalorien pro Tag erlaubt, die Ernährung sollte eiweißarm, fettbetont und stark kalorienreduziert sein“, erklärt Nora Rieder. Und weiter: „Zudem ist die Kohlenhydratmenge auf maximal 50 Gramm pro Tag begrenzt. Dadurch ist gewährleistet, dass die Ketonkörperproduktion in der Leber angeregt wird. Ketone schützen die Zellen vor Stress, hemmen Entzündungen und können die Bildung von Nervenzellen im Gehirn anregen.“

Wem der Nahrungsverzicht oder das Kalorienzählen zu anstrengend ist, seinem Körper nach dem leckeren Festtagsessen aber dennoch eine Erholung gönnen möchte, sollte, laut Rieder, Pausen zwischen den Mahlzeiten einlegen. „Wer regelmäßige Essenspausen von mindestens vier Stunden zwischen den Mahlzeiten einhält, hilft seinem Körper dabei, sich zu regenerieren, Gewicht abzubauen und den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Das wiederum beugt beispielsweise der Entstehung von Typ-2-Diabetes vor.“

Lese-Tipp: Wie gezielte Essenspausen den körpereigenen Jungbrunnen aktivieren

Fasten ist also durchaus sinnvoll und verschafft dem Körper auch mal eine wohlverdiente Pause –gerade in der heutigen Zeit, wo wir immer und überall Zugriff auf Nahrung haben. Um aber langfristig Gewicht verlieren zu wollen, hilft jedoch nur eine Ernährungsumstellung, viel Wasser trinken und regelmäßige Bewegung.

So geht Heilfasten nach Buchinger

Erlaubt ist bei der Methode des deutschen Naturheilkundlers nur der Verzehr von Gemüsebrühe und verdünnten Säften - maximal 250 bis 500 Kalorien pro Tag. Die optimale Fastendauer der „Diät für die Seele“, wie der Begründer sie nannte, beträgt zwei bis vier Wochen. Das Fasten endet typischerweise mit dem sogenannten Fastenbrechen: Zunächst gibt es einen reifen Apfel (roh oder gekocht) und abends eine Kartoffelsuppe.

Aber Rieder warnt: „Nur gesunde Menschen sollten Fasten. Menschen mit Herz- und Nierenerkrankungen, Krebserkrankungen, Gicht oder Gallenproblemen sollten nicht fasten. Auch bei sonstigen chronischen Erkrankungen solltet ihr im Vorfeld mit eurem Arzt besprechen, ob Heilfasten für euch in Frage kommt.“