Warum funktioniert das in Großbritannien und in Deutschland nicht?
Millionen Briten bekommen 324 Pfund vom Staat überwiesen

Als Inflationsausgleich bekommen Millionen einkommensschwache Bürger Großbritanniens am Dienstag den zweiten Teil einer Einmalzahlung ausgezahlt. Und zwar direkt auf ihr Konto! Was sie dafür tun müssen? Nichts. Ein System, von dem Deutschland noch weit entfernt ist. Allerdings gibt es auch Lücken.
Die zweite Zahlung ist unterwegs
Auch in Deutschland wurden in den vergangenen Monaten etliche Entlastungspakete für Bedürftige verabschiedet. Was sie eint? Ohne einen Antrag können Bürgerinnen und Bürger selten auf Zuschüsse hoffen. Es muss beim zuständigen Amt erst geprüft werden, ob man Ansprüche auf die Entlastungszahlungen hat. Bekommt derjenige oder diejenige bereits Transferleistungen wie Hartz IV, liegt die Kontonummer vor. Ist das nicht der Fall, muss das zuständige Amt die Daten erst erfragen.
Anders ist es bei der Energiepauschale für Rentner zum Beispiel. Da die Auszahlung der Renten ohnehin automatisch geregelt sind, liegen die Bankdaten der Empfänger vor.
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In Großbritannien ist das Auszahlungssystem deutlich unkomplizierter geregelt. Hier dürfen sich Millionen einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger mit Job nun über den zweiten Teil einer staatlichen Bezuschussung freuen. Und zwar direkt auf das jeweilige Empfängerkonto.
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Betrügern den roten Teppich ausgerollt?

Den Briten winkt nun eine Summe von 324 Pfund - umgerechnet sind das nach aktuellem Kurs knapp 371,82 Euro – und die landet direkt auf den Konten von knapp acht Millionen Briten, die die einkommensabhängige Leistung empfangen, berichtet „Sky News“. Die Zahlung ist der zweite Teil einer Summe von insgesamt 650 Pfund (745,94 Euro).
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Doch es gibt auch einen Haken dieser unkomplizierten Lösung: Betrüger in Lauerstellung! So gibt es bereits erste Warnungen vom britischen Ministerium für Arbeit und Renten, dass Kriminelle versuchen würden, an sensible Daten via SMS oder E-Mail zu gelangen. So wäre eine Antragstellung durch eine unbefugte Person möglich, ohne dass der tatsächliche Antragsteller die Zahlung auch erhält. Das Ministerium warnt. Die Masche ist aber nicht neu. Auch in Deutschland gab es ähnliche Fälle.
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Deutschland stößt technisch an seine Grenzen
Zurück nach Deutschland und zur Frage, warum automatisierte Überweisungen von Sonderzahlungen hierzulande noch immer nicht funktionieren. Die Gründe erscheinen simpel: Der Staat kennt schlicht die Kontonummern jedes einzelnen Bürgers, jeder einzelnen Bürgerin nicht. Direkte Zahlungen sind also hierzulande faktisch nicht möglich. Daher erfolgen die Entlastungen zumeist auf indirektem Wege, wie beispielsweise durch niedrigere Einkommenssteuern oder eine Auszahlung über den Arbeitgeber wie bei der Energiepauschale.
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Einen solchen Prozess für Direktüberweisungen in Deutschland zu etablieren, sei laut Bundesfinanzminister Christian Lindner kurzfristig auf technischer Ebene gar nicht möglich. Hierfür müssten alle Steuer-Identifikationsnummern mit den Bankverbindungen der Bürger verbunden werden. Zusätzlich könne die öffentliche Verwaltung laut „Business Insider“ derzeit nur knapp 100.000 Überweisungen pro Tag vornehmen. Lindner kündigte aber an, dass in den kommenden eineinhalb Jahren an Möglichkeiten über eine Direktzahlung gearbeitet werde.
Übrigens: Nicht nur Großbritannien sendet Direktüberweisungen an die Bürger. Das System hat sich bereits in Österreich und den USA etabliert. In Österreich können Bürger ihre Bankverbindungen sogar bei der österreichischen Finanzverwaltung „FinanzOnline“ hinterlegen. Etliche Entlastungspakete gab es bereits. Vielleicht wäre das ja auch für künftige
Programme der Bundesregierung ein gutes Mittel. (rdr)
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