Spezialgenehmigungen, Sonderflüge und QuarantäneLeihmütter in der Ukraine: Überwältigender Moment für frischgebackene Eltern

Mehr als 100 Neugeborene warteten wochenlang auf ihre Eltern – ausgetragen von Leihmüttern. Wegen der Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie konnten sie nicht abgeholt werden. Jetzt dürfen die künftigen Eltern einreisen zu ihren Babys in die Ukraine. Der emotionale Moment für die frischgebackenen Paare – im Video.

Ukrainische Frauen tragen Kinder aus

Lebendig gewordene Kinderwünsche von Paaren, die aus vielerlei Gründen nicht selbst Nachwuchs bekommen. Ukrainische Frauen haben die Kinder der biologischen Eltern ausgetragen. Was etwa in Deutschland verboten ist, hat sich in der Ukraine - in nächster Nachbarschaft zur EU - zum Geschäft entwickelt. Für das Business mit den Babys und dem Elternglück gibt es aber auch viel Kritik.

Der Bundesgerichtshof entschied im vergangenen Jahr in einem Fall, dass die Ukrainerin die leibliche Mutter des Kindes bleibe. Die Deutsche, die ihr Kind mit Hilfe einer ukrainischen Leihmutter zur Welt brachte, konnte sich demnach auf dem deutschen Standesamt nicht als Mutter eintragen lassen. Ihr bliebe nur die Adoption, hieß es.

Leihmutter bekommt 15.000 Euro bei erfolgreicher Geburt

Viele schreckt das aber nicht ab. Die Ukraine ist wegen ihrer liberalen Gesetze längst eines der Zentren für künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft in Europa. Das Komplettpaket von der Entnahme der Eizellen und Spermien, über die Befruchtung und die Verpflanzung in die Leihmutter bis zur Geburt kostet je nach Aufwand zwischen 30.000 und 50.000 Euro.

Die Leihmütter selbst erhalten demnach etwa 15.000 Euro bei erfolgreicher Geburt. Hinzu kommen Kost und Logis und ein Taschengeld während der Schwangerschaft. Davon leben die Frauen besser als viele andere in dem verarmten Land. Bei rund 300 Euro liegt das Monatseinkommen im Durchschnitt. Vorwürfe, er benutze die Frauen, weist Firmenchef Albert Totschilowski zurück. „Wenn das eine Ausbeutung der Frau ist, dann eine freiwillige, mit ihrer Zustimmung“, sagt der 43-Jährige. Viele meldeten sich sogar für eine weitere Schwangerschaft.

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Frischgebackene Eltern: „Wir sind sehr glücklich und feiern das Leben“

Nur wenige Eltern schaffen es bisher, mit Sonderflügen und Spezialgenehmigungen aus dem Ausland hierher zu kommen. Sie müssen nach der Landung selbst erst in Quarantäne für zwei Wochen, ehe sie zu ihrem Nachwuchs dürfen. Ende Mai landete ein Charterflug mit elf Paaren aus Argentinien. Sie nahmen die Kleinen diese Woche feierlich und mit Freudentränen bei einer Zeremonie in Empfang. „Wir sind sehr glücklich und feiern das Leben“, sagte die 46-Jährige Maddie. Mit ihrem Mann Ricardo habe sie zwölf Jahre versucht, ein Kind zu bekommen. Vor 23 Tagen wurde ihr Sohn Noah geboren.

„14 Kliniken haben heute derartige Kinder bei sich“, sagte die parlamentarische Menschenrechtsbeauftragte Ljudmila Denissowa. Sie erhält Dutzende Anfragen verzweifelter Eltern, die zu ihren Kindern wollen. Die Klinik von Geschäftsmann Totschilowski organisiert regelmäßige Videoschalten mit den Eltern, die dann ihre Kleinen sehen und sich nach ihrem Befinden erkundigen können.

137 Babys hatten mindestens einen deutschen Elternteil

Allein im vergangenen Jahr trugen Leihmütter in der Ukraine rund 1.500 Kinder aus, wie das Justizministerium auf dpa-Anfrage mitteilte. Davon hätten 137 Babys mindestens einen deutschen Elternteil gehabt. Mit der Zahl der von Leihmüttern zur Welt gebrachten Kinder steigt aber auch die Kritik. Der Kinderbeauftragte des Präsidenten, Nikolai Kuleba, beklagte die Ausbeutung ukrainischer Frauen. „Es ist eine Sklaverei, die aufgrund der Armut zunimmt“, schrieb er bei Facebook. Die Frauen würden wie Gebärmaschinen behandelt.

Totschilowski denkt aber bereits weiter. Er setzt auf Technologien der Zukunft, eine künstliche Gebärmutter etwa. „Derartige Apparate wird es innerhalb der nächsten sieben bis zehn Jahre geben“, meint er. Sein seit 2010 bestehendes Geschäft für künstliche Befruchtungen will er am liebsten auch nach Deutschland erweitern. In der Nähe von Leipzig habe er bereits ein Gebäude für eine Klinik gekauft. Nur die Verbote in Deutschland hindern ihn bislang an seinen Aktivitäten.