Immense Schadensersatzforderung
Fall Gabby Petito: Eltern wollen Polizei in Utah auf 50 Millionen Dollar verklagen

Die Eltern der erst wochenlang vermissten und später tot aufgefundenen Gabby Petito wollen juristisch gegen die Polizei in Utah vorgehen. Doch das Vorhaben könnte schwierig werden.
Verhängnisvolles Ende eines Roadtrips

Es sollte ein aufregendes Abenteuer für das junge Pärchen werden. Die 22-jährige Gabby und ihr Verlobter Brian (23) brachen Anfang Juli 2021 in einem umgebauten Van zu einem Roadtrip durch die USA auf, der ein verhängnisvolles Ende nehmen sollte. Wie ein Video einer Polizeikontrolle während des Trips zeigt, erzählt die 22-Jährige von einem Streit, bei dem sich das Paar wohl geschlagen hat. Die beiden trennten sich auf Anordnung der Polizei für eine Nacht, setzten am nächsten Tag aber ihren Trip fort.
Am 1. September kehrte Laundrie allein von der Reise nach Florida zurück - schwieg zum Verbleib seiner Freundin. Ihre Eltern meldeten sie als vermisst. Die wochenlange Suche in den USA nach der zunächst vermissten und später tot aufgefundenen Gabby Petito sorgte weltweit für Schlagzeilen. Besonders das Vorgehen der Polizei sorgte für Kritik und Unverständnis.
Die Eltern von Gabby Petito wollen nun die Polizei in Utah verklagen. Beamte in dem US-Staat hätten erkennen müssen, dass ihre Tochter in Lebensgefahr schwebe, als sie zu einem Streit zwischen Gabby und deren Verlobten Brian Laundrie ermittelt hätten, hieß es in einer Mitteilung der Familie vom Montag.
Lesetipp: Vater trauert um seine Tochter Gabby (22): "Sie hat die Welt berührt"
Anwalt der Familie: "Beamten haben es versäumt, vollständig und ordnungsgemäß zu ermitteln"
In der Klageschrift heißt es, die Polizei in der Touristenstadt Moab habe Anzeichen dafür übersehen, dass Gabby am 12. August 2021 Opfer häuslicher Gewalt durch Brian wurde. Die Beamten ließen das Paar schließlich gehen, nachdem sie es aufgefordert hatten, eine Nacht getrennt zu verbringen.
Das Video der Polizeikamera, das während der Ermittlungen im vergangenen Jahr weithin zu sehen war, zeigte die 22-jährige Petito sichtlich aufgebracht und warf die Frage auf, ob eine andere Reaktion der Polizei ihren Tod hätte verhindern können. Der Anwalt der Familie, James McConkie, sagte gegenüber Reportern in Salt Lake City, dass "die Beamten die ernste Gefahr, in der sie sich befand, nicht erkannt haben und es versäumt haben, vollständig und ordnungsgemäß zu ermitteln". Er fügte hinzu: "Sie hatten nicht die Ausbildung, die sie brauchten, um die klaren Anzeichen zu erkennen, die an jenem Morgen offensichtlich waren, dass Gabby ein Opfer war und dass sie ernsthaft sofortige Hilfe benötigte."
Polizeibeamte genießen Immunität vor Gerichtsverfahren

In vielen US-Bundesstaaten, darunter auch Utah, genießen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, wie z. B. Polizeibeamte, in der Regel Immunität vor Gerichtsverfahren. Die Anwälte der Familie Petito argumentieren, dass die Anwendung des Gesetzes über die Immunität der Regierung von Utah auf Klagen wegen widerrechtlicher Tötung verfassungswidrig und ein Hindernis für die Rechenschaftspflicht sei. "Der einzig wirksame Weg, diese Probleme zu beheben, ist, unsere Institutionen für Versäumnisse zur Rechenschaft zu ziehen, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden", sagte ein weiterer Anwalt der Familie Petito, Brian Stewart.
Nachdem die Klage eingereicht wurde, lehnte die Sprecherin der Stadtverwaltung von Moab, Lisa Church, eine Stellungnahme ab und sagte, dass die Stadt sich nicht zu anhängigen Rechtsstreitigkeiten äußert.
Noch viele unbeantwortete Fragen

Zusätzlich zur Einreichung der Klageschrift kündigte Nicole Schmidt, Gabbys Mutter, vor kurzem eine Spende von 100.000 Dollar von der Gabby Petito Foundation an, um mit der National Domestic Violence Hotline zusammenzuarbeiten und anderen zu helfen, turbulente und gewalttätige Beziehungen zu überleben. Schmidt sagte letzte Woche in einem Interview mit "The Associated Press", dass sie noch viele unbeantwortete Fragen darüber hat, was schief gelaufen ist.
Lesetipp: Mutter Nicole Schmidt: "Ich hoffe, dass sie nicht leiden musste"
"Wenn ich zurückblicke, habe ich keine Anzeichen gesehen. Ich glaube, die einzigen beiden Menschen, die jemals wissen werden, was in dieser Beziehung passiert ist, waren Gabby und Brian. Und wir können raten und Vermutungen anstellen, aber wir wissen nicht wirklich, was passiert ist", fügte sie hinzu. "Höchstwahrscheinlich endete das Szenario so, weil eine Zeit lang etwas passiert ist." (cba)
Lesetipp: "Wir haben große Pläne" - Hier träumt Gabby Petito noch von ihrer Zukunft