Redakteurin erklärt, warum bei ihr alle leer ausgehen
„Wirklich gar nichts?“ „Nein!“ Warum ich zu Weihnachten niemandem etwas schenke

Na, habt ihr schon alle Geschenke zusammen?
Oder müsst ihr euch noch auf den letzten Drücker mit allen anderen durch die brechend volle Fußgängerzone schieben oder auf die Last-Minute-Lieferung vom Onlineshop warten? Stellt euch mal vor, ihr würdet euch den ganzen Stress sparen und einfach niemandem etwas zu Weihnachten schenken. Ein befreiender Gedanke, oder? Ich mache das seit Jahren so und erkläre gerne, warum.
Kinder im Auspack-Wahn: Wie viele Geschenke sind genug?
Zunächst will ich klarstellen: Ich habe keine eigenen Kinder, dann würde die Sache wahrscheinlich anders aussehen. Dafür bin ich mehrfache Tante. Aber selbst meine Nichten und Neffen gehen bei mir leer aus, wenn es um die Bescherung geht. Das mag hart klingen, hat aber einen ganz einfachen Grund – in unserer großen Familie gibt es schon mehr als genug.
Ein Schlüsselerlebnis war bei mir ausschlaggebend: Als das erste Kind meiner Schwester etwa drei Jahre alt war, konnte ich bei der Bescherung mitverfolgen, wie es in einen wahren Auspack-Wahn verfiel. Was in den Päckchen war, hat überhaupt nicht mehr interessiert und wurde nach fünf Sekunden zur Seite bugsiert – es ging nur noch um eins: „Noch mehr auspacken!“
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Quality Time ist das schönste Geschenk
Nicht, dass ihr mich jetzt falsch versteht: Die Kids bekommen von mir schon mal Geld aufs Sparkonto, ein Comic-Heft zwischendurch oder eine gemischte Tüte. Und wenn mich meine Geschwister bitten würden, ein bestimmtes Geschenk zu übernehmen, würde ich das jederzeit machen.
Aber Weihnachten an sich ist für mich kein Argument, und für die Erwachsenen gilt das erst recht. Im Gegenzug erwarte ich ebenfalls absolut gar nichts und meine das auch so. Es mag eine abgedroschene Phrase sein, aber für mich ist das Wichtigste, dass wir alle zusammen sind. Und das größte Geschenk, das wir uns gegenseitig machen, ist es, die Kosten und den Stress langer Auto-, Bahn- oder sogar Flugreisen auf uns zu nehmen, nur um ein paar Stunden miteinander verbringen zu können. Quality Time statt materieller Dinge.
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Top-Alternative für große Familien: Wichteln
Denkt mal an die letzten Jahre zurück. Wie oft seid ihr daran verzweifelt, was ihr für Mama, Papa und Tante Gisela besorgen sollt? Wie oft habt ihr euch irgendwelche Gutscheine hin- und hergeschenkt? An wie viele Weihnachtsgeschenke könnt ihr euch andersherum erinnern, die den Nagel auf den Kopf getroffen und wirklich einen großen praktischen oder emotionalen Wert für euch haben?
Wenn das Weihnachtstreffen bei uns mit allen klappt, sind wir über zwanzig Menschen. Eine Zeit lang haben wir Erwachsenen untereinander gewichtelt – in meinen Augen ein super Konzept. Statt dem Gießkannen-Prinzip lieber nur ein einziges Geschenk, aber dafür auch richtig viel Zeit und Mühe investieren, damit am Ende etwas herauskommt, was wirklich perfekt für diesen einen Menschen ist.
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Geschenke? Gerne – aber ohne Anlass
Wirklich komplett geschenkelos geht es übrigens bei mir trotz allem nicht zu. Über Wunsch-Aktionen kann man zum Beispiel Seniorinnen und Senioren im Heim, denen der Anschluss an Angehörige und Freunde fehlt, eine kleine Freude bereiten. Und ich spende an gemeinnützige Organisationen, die jede finanzielle Unterstützung gebrauchen können.
Ansonsten bin ich ein großer Fan von Aufmerksamkeiten ohne Anlass: Was gibt es Schöneres, als bei einer Sache sofort an eine bestimmte Person denken zu müssen und ihr damit eine Freude zu bereiten – einfach so, ohne Geburtstag oder Weihnachten?
Vielleicht probiert ihr es in der Familie ja einfach mal aus, zumindest unter Erwachsenen: Radikaler Verzicht auf materielle Geschenke – und die gewonnenen Euros und Stunden in leckeres Essen und gemeinsame Zeit investieren. Ich verspreche euch: Es lohnt sich.
Anmerkung: Dieser Artikel erschien erstmals 2022 auf RTL.de.