Nach Beschuss und Einnahme des Atomkraftwerks Saporischschja Entwarnung: Welt entgeht knapp einer Atom-Katastrophe

Wieder einmal wachte Europa am Freitag
morgen mit einer Schreckensnachricht auf. Nach Beschuss des Atomkraftwerks Saporischschja durch die russische Armee war ein Feuer ausgebrochen. Gibt es Schäden am Reaktor selbst? Droht Europa ein zweites Tschernobyl? Zunächst unklar. Doch am späten Vormittag gibt der Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, glücklicherweise Entwarnung.
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Rafael Grossi: Kein Austritt von radioaktivem Material

Die ganze Nacht hindurch habe man mit Mitarbeitern des Atomkraftwerks Saporischschja in Kontakt gestanden, sei immer noch im regelmäßigen Austausch, so Rafael Grossi bei einem Statement vor Journalisten in Wien am Freitagvormittag. Daher seien die Informationen als verifiziert anzusehen.
Als er zunächst das Geschehen der Nacht rekapituliert, wirkt der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde besorgt. Seine Stirn liegt in tiefen Falten, immer wieder nimmt er seine Brille ab und sucht den Augenkontakt mit den Menschen, die seinem Statement gespannt zuhören.
Projektile haben in der Nacht auf dem Gelände des Atomkraftwerks ein Gebäude getroffen, doch es sei kein Teil des Reaktors gewesen. Dennoch sei ein Feuer ausgebrochen, das schnell von der lokalen Feuerwehr unter Kontrolle gebracht worden sei. „Es ist wichtig zu sagen, dass alle Sicherheitssysteme der sechs Reaktoren im Atomkraftwerk nicht beeinträchtigt wurden. Auf keine Art und Weise. Und dass es auch keinen Austritt von radioaktivem Material gab“, bilanziert Rafael Grossi. Zwei Personen aus dem Sicherheitspersonal seien verletzt worden.
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Internationale Besorgnis nach Feuer in AKW
Nachdem die Meldung des Brandes im AKW Saporischschja sich am Freitagmorgen verbreitet hatte, meldeten sich immer mehr besorgte Stimmen zu Wort. So bewertete Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital die Situation als kritisch. Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte dem norwegischen Rundfunk, man verfolge die Situation in Saporischschja genau. Zugleich unterstrich er, dass der Vorfall die völlig inakzeptable Natur des Krieges zeige: „Das grenzt ja an Wahnsinn, auf diese Weise anzugreifen.“
Maria Rost Rublee von der Monash Universität in Australien sagte: „Es gibt erhebliche Sorge, dass es zu einer Kernschmelze kommt, wenn irgendein Teil des Kerns betroffen ist. Das wäre eine Katastrophe.“
Das deutsche Bundesumweltministerium (BMUV) und das Bundesamt für Strahlenschutz informierten auf ihren jeweiligen Webseiten fortlaufend über die Gefährdungslage. Alle radiologischen Messwerte an dem Kraftwerk bewegten sich „weiter im normalen Bereich“, hieß es Freitagmorgen.
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Alle Systeme zur Überwachung der Strahlung funktionieren

Rafael Grossi berichtet, dass die Systeme zur Überwachung der Strahlung im AKW vollkommen funktionstüchtig seien. Betreiber und Überwachungsorgan des Atomkraftwerks bewerteten die Situation aber als „Herausforderung aufgrund der lokalen Begebenheiten“. Denn nach gut einer Woche ist die Ukraine immer noch schwer gebeutelt vom Angriff Russlands. Auch die zweiten Verhandlungsgespräche zwischen der Ukraine und Russland am Donnerstagabend endeten ergebnislos. Keine Waffenruhe, keine Erleichterung ist für die Menschen vor Ort in Sicht.
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Nur ein Reaktor vor Ort würde zu 60 Prozent betrieben, erklärt Grossi. Die anderen wären zur Zeit nicht in Betrieb, wohl auch wegen des geringeren Energieverbrauchs in der Ukraine zur Zeit, so die Einschätzung von Experten.
Rafael Grossi: "Wir hatten natürlich Glück"
„Wir hatten natürlich Glück“, erklärt Grossi ausdrücklich, „es gab also keinen Strahlungsaustritt und die Integrität des Reaktors wurde nicht beeinträchtigt.“ Für die IAEA sei nun Zeit, zu handeln.
In Anbetracht der Ereignisse und des Risikos, vor dem sich alle befänden, habe er der russischen Föderation und der Ukraine seine Verfügbarkeit signalisiert, damit Europa kein zweites Tschernobyl erleben müsse. "Ich bin bereit zu kommen", sagt Grossi am Sitz der IAEA in Wien. Bei seinen Bemühungen handele es sich nicht um eine mögliche politische Vermittlung zwischen den Kriegsparteien, betonte Grossi. Vor Ort wolle er dann gern helfen, Sicherheitsgarantien zwischen den beiden Ländern auszuhandeln. (dpa/reuters/lha)
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