Ohne Heizung und Strom, auch das Essen wird knapp
Dominic (6) sitzt in Ukraine fest - Vater will ihn retten: "Ich glaube, wir werden hier sterben"
Daniel Cortés aus Ecuador kann nicht mehr schlafen, nicht mehr essen, jeden wachen Moment denkt er an seinen Sohn Dominic, der mit seiner Mutter Irina in einem ukrainischen Dorf festsitzt, umzingelt von russischen Soldaten. Seit einigen Tagen sind sie ohne Strom, ohne Heizung, ohne fließendes Wasser, auch das Essen wird knapp. Die Sorge um sein Kind treibt den Vater bis an die ukrainische Grenze. Er will den Sechsjährigen und Irina befreien, auf eigene Faust.
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Ukraine-Krieg: Kleiner Dominic sitzt in Klawdijewo-Tarassowe fest

Das Dorf, in dem Irina und Dominic mit vier weiteren Familien festsitzen, liegt rund 50 Kilometer nordöstlich von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt. "Ich weiß nicht, wie lange sie noch überleben können“, sagte er „La Gaceta de la Iberosfera“. Sein Sohn sei „seit sechs Tagen ohne Strom, Wasser und Gas – sie haben nichts zu essen bekommen“. In Klawdijewo-Tarassowe fallen die Temperaturen in der Nacht derzeit auf bis zu minus neun Grad. Es gebe nur zwei Supermärkte und kleine Geschäfte in der 5.000-Seelen-Gemeinde. Seit Dienstag würden sie keine Lebensmittel mehr bekommen und die einzige Bäckerei in der Nähe produziere kein Brot mehr, habe Irina ihm berichtet.
Cortés stehe in ständigem Kontakt mit dem Außenministerium, dort habe man ihm gesagt, dass Dominic und die anderen evakuiert werden können, wenn sie es bis nach Lwiw schaffen, einer Stadt an der Grenze zu Polen. Eine gefährliche Route, die sie nach Kiew führen würde, wo es noch humanitäre Züge gebe. Doch die ukrainische Armee habe Brücken zerstört, um den russischen Vormarsch zu stoppen. Zudem sei der Kraftstoff für eine Autofahrt ausgegangen.
Gestrandet im Krieg: Nachbarn teilen letzte Vorräte, das Essen wird knapp

Sein Sohn und dessen Mutter seien nun auf Hilfe der Nachbarn angewiesen, die die übrig gebliebenen Lebensmittel miteinander teilen. Wie lange das noch gut geht – ungewiss. Denn russische Soldaten stürmen laut Cortés auf der Suche nach Nahrung Häuser. Die Invasoren seien vom heftigen Widerstand der Ukrainer überrascht worden und hätten nicht genügend Vorräte mitgebracht.
"Es wird keinen Ecuadorianer geben, der keinen Zugang zu einem humanitären Flug hat", sagte Außenminister Juan Carlos Holguín „La Gaceta de la Iberosfera“ zufolge. Insgesamt seien 708 Ecuadorianer für eine Evakuierung aus der Ukraine registriert, 350 Menschen und 70 Haustiere konnten am 4. März mit dem ersten humanitären Flug ausreisen. Zwanzig Prozent haben nach Angaben des Außenministeriums beschlossen, nicht in ihr Heimatland zurückzukehren.
Sprachnachricht aus Ukraine-Krieg treibt Daniel Cortés an: "Papa, ich habe dich so lieb“

"Ich habe große Angst“, sagt Daniel CNN. „In den letzten Tagen verabschiedet sie sich immer und sagt mir: Denk daran, dass dein Sohn dich liebt. Ich glaube, wir werden hier sterben." Genau diese Worte von Dominics Mutter gaben den Ausschlag. Am Montag hat sich Cortés aus dem ecuadorianischen Quito auf dem Weg an die polnisch-ukrainische Grenze gemacht. "Ich hoffe, dass es gelingt und dass wir dorthin gelangen und sie herausholen können.“ Ihm sei bewusst, wie riskant dieses Unterfangen ist, doch er sehe keine Alternative. Er hoffe, dass der russische Machthaber Wladimir Putin einem humanitären Fluchtkorridor zustimmt.
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Die Worte seines Sohnes begleiten Daniel Cortés und geben ihm Kraft: "Hallo Papa, ich habe dich so lieb“, sagt der kleine Dominic in einer der wenigen Nachrichten, die seine Mutter aus der Ukraine schicken konnte. „Ich kümmere mich um Mama und auf Wiedersehen.“ (cwa)