Fall Bushido als Paradebeispiel

Deshalb machen Rapper mit Clans gemeinsame Sache

Zeiten Aendern Dich - Premiere - Berlin Arafat Abou-Chaker  and Bushido attending premiere ZEITEN AENDERN DICH at cinestar. Berlin 03.02.2010.
Da wirkten sie noch wie dicke Freunde: Arafat Abou-Chaker und Bushido bei der Premiere des Films "Zeiten ändern dich" im Jahr 2010.
imago stock&people, imago/Mauersberger, imago stock&people

Kriminelle Clans sind zu einer Bedrohung für die deutsche Zivilgesellschaft geworden. Es haben sich Parallelgesellschaften etabliert, in denen nicht mehr die Gesetze gelten, sondern nur noch das Recht des Stärkeren. Und immer wieder tauchen Verbindungen in die deutsche Rapper-Szene auf, wie vor allem der Fall Arafat Abou-Chaker/Bushido zeigt. "Spiegel TV"-Reporter Claas Meyer-Heuer erklärt, weshalb die Rapper immer wieder die Nähe von Clans suchen.

Ein echter Gangster-Rapper braucht echte Kriminelle

dpatopbilder - 17.08.2020, Berlin: Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als Rapper Bushido, sitzt zu Beginn eines Prozesses gegen den Chef einer bekannten arabischstämmigen Großfamilie in einem Gerichtssaal des Landgerichts. Dem ehemaligen Geschäftspartner von Rapper Bushido werden mehrere Straftaten zum Nachteil von Bushido zur Last gelegt. Mitangeklagt sind drei Brüder von Arafat A.-Ch. Bushido ist in dem Verfahren am Landgericht in Berlin Nebenkläger. Foto: Paul Zinken/dpa-Zentralbild/Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bushido beim Prozess gegen seinen früheren Geschäftspartner, den Clanchef Arafat Abou-Chaker.
pdz lop, dpa, Paul Zinken

"Rapper wollen Gangster sein", weiß der Reporter. Damit lasse sich das meiste Geld verdienen. Und um kriminellen Menschen nahe zu sein, suchten sich die Musiker zwangsläufig echte Gangster dafür. Damit sie bei ihren Fans glaubwürdig erscheinen, müssten sie sich auch im entsprechenden Milieu aufhalten. "Aber natürlich gibt es sowas nicht umsonst", ergänzt der "Spiegel TV"-Reporter.

Bushido sei das Paradebeispiel. Als er aus dem Vertrag mit dem Label "Aggro Berlin" rauswollte, habe er einen Gangster gebraucht, der ihn da rausholt. Und das sei Arafat Abou-Chaker gewesen. Aber nachdem der Clanchef Bushido tatsächlich aus dem Vertrag rausgeboxt hatte, sei schnell klar gewesen, dass er eine Gegenleistung verlangt. Bushido habe ihm Geld geben wollen. "Aber Arafat hat gesagt: 'Ab jetzt will ich 30 Prozent haben'", sagt Meyer-Heuer. Ab diesem Zeitpunkt sei Bushido nach eigener Aussage Eigentum der Abou-Chakers gewesen.

"Rapper sind wie Goldfische, die in ein Piranha-Glas geworfen werden"

Kontakte zu Clans zu knüpfen, das sei zumindest für erfolgreiche Musiker nicht besonders schwierig. Oft würden auch die Clans auf Rapper zukommen und sich quasi als "Freunde" anbieten. Den Kriminellen ginge es dabei ausschließlich darum, an den Einnahmen teilzuhaben. "Rapper sind wie Goldfische, die in ein Piranha-Glas geworfen werden", glaubt Claas Meyer-Heuer. "Wenn sie dort überleben wollen, müssen sie von ihrem Futter abgeben. Und dann gehören 50 Prozent ihres Futters den Piranhas – ansonsten überleben sie nicht."

Einmal in den Fängen der Clans, würden die Rapper von den Kriminellen vollständig vereinnahmt. Bushido habe sich als "Eigentum des Clans" bezeichnet. "Wenn Arafat angerufen hat, musste Bushido springen", erklärt der Reporter.

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Prozess Bushido vs. Abou-Chaker dürfte andere Rapper nicht abschrecken

Dass der Abou-Chaker-Bushido-Prozess andere Rapper dazu bringt, sich von Clas fernzuhalten, glaubt er nicht. Die Musiker bräuchten in der Szene auch den Schutz der Großfamilien, z.B. auf Konzerten. Sonst drohten tätliche Angriffe der Konkurrenz. Und zur Polizei zu gehen – das kommt nach Ansicht von Meyer-Heuer für die Rapper aus einem einfachen Grund nicht in Frage: Sie würden ihre Glaubwürdigkeit verlieren. "Du kannst ja nicht Gangster-Rapper sein und dich gleichzeitig von der Polizei beschützen lassen", sagt er.

Ein Unrechtsbewusstsein hätten die Rapper in der Regel nicht. "Die machen ihre Musik, die verdienen damit sehr viel Geld", glaubt der Reporter. "Und wahrscheinlich genießen sie auch die Macht, den Respekt, der ihnen entgegengebracht wird.

Die Verbindung zum Clan irgendwann wieder zu trennen, sei fast unmöglich, wie der Fall Bushido zeige. Dabei ginge es um sehr viel Geld, aber auch um Ehre. "Bushido braucht rund um die Uhr Polizeischutz – ansonsten ist sein Leben gefährdet", ist sich Meyer-Heuer sicher.

TVNOW-Doku: Clans in Deutschland

Sie heißen Abou-Chaker. Remmo. Al-Zein. Miri. Und es gibt noch viel mehr: Arabische Großfamilien beherrschen mittlerweile ganze Straßenzüge in Berlin, im Ruhrgebiet oder in Niedersachsen. Wie konnte es so weit kommen? Wie ticken die Clan-Mitglieder? Und wie will man sie jetzt endlich in den Griff kriegen? Die große TVNOW-Doku "Clans in Deutschland": Einblicke in die abgeschottete Welt der Clans“.