Erste Politiker fordern erneute Schulschließung
Wie geht's in Sachen Lockdown weiter in Deutschland?
Die dritte Welle rollt mit Macht an, erste Kitas schließen wieder und Landkreise überschreiten die Notbremse von 100. Gleichzeitig öffnen Schulen in anderen Landkreisen wieder auch für die älteren Schüler. Aber wie passt das zusammen? Denn immer noch hinken wir mit dem Impfen hinterher und Schnelltests sind noch immer nicht in allen Landkreisen und Kommunen verfügbar. Das Unverständnis für die Politik in Berlin wächst – die Macht bröckelt.
Wenn sich die Inzidenzen bis kommenden Montag so weiterentwickeln, könnte das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) sein: Vergesst Malle, vergesst den Biergarten, schenkt euch Ostern.
Erste Politiker fordern deshalb, dass auch Schulen sofort wieder geschlossen werden müssen, wenn der Inzidenzwert zu hoch liegt. So wie Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal im Video.
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Mehrheit der Deutschen geht von Lockdown-Verschärfung aus
Noch vor einem Jahr sagte Merkel in ihrer TV-Ansprache: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst!” Doch wer nimmt Merkel noch ernst? Und wer nimmt Corona noch ernst? Sind I- und R-Wert noch die richtigen Maßstäbe, wenn die größte Risikogruppe schon geimpft sind? Ist die Politik zu ängstlich vorm Wahlvolk? Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv erwartet die große Mehrheit der Deutschen eine Lockdown-Verschärfung. 87 Prozent sind der Meinung, dass die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin sich am kommenden Montag auf erneute Verschärfungen einigen werden. Nur zehn Prozent glauben das nicht.
Kampf in der Union
Aber wie soll es weitergehen? Noch beim vergangenen Bund-Länder-Gipfel waren umfangreiche Lockerungen - wie die teilweise Öffnung von Geschäften und die Rückkehr von Schülern in die Schulen - beschlossen worden. Wird das alles wieder zurückgenommen?
Wie RTL erfahren hat, brodelt es auch bei der Union. Kanzlerin Merkel will offenbar einen harten Kurs fahren und mindestens den Lockdown in der jetzigen Form verlängern. Auch eine Verschärfung der Maßnahmen auf den Stand von vor dem 07.März scheint möglich.
Einige Länderchefs protestieren aber heftig. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther will sich von der Bundesregierung nicht länger vorschreiben lassen, was er zu tun hat. Er will ab kommender Woche die Außengastronomie und über Ostern sogar Hotels und Ferienwohnungen öffnen. In Schleswig-Holstein liegen die meisten Landkreise aktuell unterhalb von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, fünf sogar unter 35.
Missachtung der Notbremse
Ganz anderer Meinung ist man in Teilen von Nordrhein-Westfalen. Besonders im Ruhrgebiet steigen Inzidenz-Werte wieder drastisch an – teilweise über 100. Deshalb gehen z.B. die Kitas in Duisburg ab Freitag wieder in den Notbetrieb und auch in Düren fordert Oberbürgermeister Frank Peter Ullrich eine erneute Schließung aller Schulen. „Es geht ohnehin nur um vier bis fünf Tage, die die Schüler wegen des Wechselunterrichts in der Schule wären. Dann haben wir die Osterferien. Wenn wir die Schulen nicht offen hätten, hätten wir vier Wochen, um die Werte nach unten zu drücken“, sagte Ullrich im RTL-Interview.
Davon will die Landesregierung um Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet aber nichts wissen. Er lehnte eine erneute Schulschließung vorerst ab. Aber wie lange können Schulen beim aktuellen Infektionsgeschehen noch offen bleiben und sollte nicht eigentlich die 100er-Marke die Notbremse sein, bei der wieder alles geschlossen wird?
Mit der Notbremse nehmen es offenbar aber nicht alle so genau. Denn nicht nur die NRW-Landesregierung, auch die Landräte der brandenburgischen Landkreise Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster verzichteten vergangene Woche darauf, die Corona-Maßnahmen wieder zu verschärfen, obwohl der Inzidenzwert erneut über 100 lag.
Janssens: Kontaktbeschränkungen sind einziges Mittel
Ein weiteres Problem: Durch die vorübergehende Aussetzung des AstraZeneca-Impfstoffs kommt auch die Impfkampagne nicht so voran, wie geplant. Das ist laut Intensivmediziner Prof. Uwe Janssens ein großes Problem. „Wenn wir so weitermachen, wie bisher, mit Öffnungen etc, wird es wieder zu einem Anstieg der Infektionszahlen kommen und dann werden wir tatsächlich wieder auf einen Stand kommen, wie wir das um Weihnachten herum hatten.“
Um eine solche Situation noch abzuwenden gibt es laut Janssens nur eine Möglichkeit. „Wir haben aktuell zu wenig Impfstoff im Land, das heißt, die Impfungen helfen uns nur bedingt im Moment.“ Kontaktbeschränkungen hätten in der Vergangenheit aber große Wirkung gezeigt und die müssten jetzt wieder umgesetzt werden. „Man muss die Maßnahmen umsetzen, die man in der Hand hat.“
Landkreis Greiz über 500
Im Landkreis Greiz in Thüringen sind solche Kontaktbeschränkungen seit heute bereits wieder an der Tagesordnung. Mit einem Inzidenzwert von über 500 ist Greiz der am heftigsten betroffene Landkreis in Deutschland. Um die Infektionen wieder in den Griff zu bekommen hat Landrätin Martina Schweinsburg umfangreiche Kontakt- und Ausgangssperren verhängt. So dürfen Bürger die eigenen vier Wände nur noch mit triftigem Grund verlassen.
Außerdem sind seit Dienstag Testbusse des Deutschen Roten Kreuzes im Landkreis Greiz unterwegs, um die Menschen in der Region öfter auf eine Corona-Infektion zu testen. Termine sind dafür nicht nötig. Außerdem gibt es in dem Landkreis zwei Testzentren. Dort bietet das DRK täglich kostenlose Schnelltests an. Ein weiteres Testzentrum soll am Freitag eröffnet werden.