Urteil in Chemnitz

Haftstrafen für Kloschüssel-Werfer von der A72

In teils widersprüchlichen Aussagen bezichtigen sich die Angeklagten, wer die treibende Kraft hinter den Taten gewesen seien soll.
In teils widersprüchlichen Aussagen bezichtigen sich die Angeklagten, wer die treibende Kraft hinter den Taten gewesen seien soll.
RTL
von Johanna Kroke und Frank Vacik

Steine, Gullideckel und sogar eine Kloschüssel!
Damit beginnt ein Trio aus Sachsen im Februar eine Anschlagsserie auf Autofahrer. Mehrfach werfen zwei Männer (21, 23) und eine Frau (20) schwere Gegenstände von einer Brücke auf die Fahrbahn – und gefährden dabei wissentlich Menschenleben, urteilt das Gericht in Chemnitz heute.
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Zwei Haft- und eine Bewährungsstrafe für Angeklagte

Bis in den Nachmittag zieht sich der letzte Verhandlungstag vor dem Landgericht Chemnitz – und endet mit einer Sensation. Das Gericht sieht Jason R. und Eric. J. schuldig des versuchten Mordes. Die beiden Männer müssen für ihre Taten in Haft. Der zur Tatzeit 21-jährige Täter wird nach Jugendstrafrecht zu viereinhalb Jahren verurteilt. Der bei der Tat 23-jährige Täter wandert nach Erwachsenenstrafrecht für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Jenna N. bekommt zwei Jahre Bewährung mit einer Auflage von 90 Arbeitsstunden und Führungsaufsicht.

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Verteidiger: Abhängigkeitskreisel zwischen Angeklagten

Unter Tränen hatten die jungen Männer ihre Taten im Verlauf des Prozesses gestanden. In teils widersprüchlichen Aussagen bezichtigten sich R. und J. gegenseitig, die treibende Kraft bei den Straftaten gewesen zu sein.

Dabei unterschieden sich auch die Angaben darüber, wie die R.’s Verlobte Jenna N. in die Taten verwickelt gewesen sei. Die junge Frau gibt an, nur passiv beteiligt gewesen zu sein. "Ich sehe zwischen den Angeklagten ein Abhängigkeitskreisel, der immer mehr in Richtung Kick ging", erklärte Verteidiger Jan Richter (55) während der Verhandlung.

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Chatnachricht sorgen vor Gericht für Empörung

Dreimal treffen sich Jason R., Jenna N. und Eric J. Anfang des Jahres, um Gegenstände von der Autobahnbrücke auf die A72 zu werfen. Am 6. Februar machen 50 Kilo schwere Steine und ein Waschbecken den Anfang, dann lässt das Trio auch eine Kloschüssel auf die Fahrbahn krachen.

Die Bilanz ihrer Taten ist erschütternd. Bis die Polizei die Anfang Zwanzigjährigen im März festnehmen kann, verursachen sie neun Unfälle, eine Fahrerin erleidet ein Schädel-Hirn-Trauma, die Summe der Blechschäden liegt im fünfstelligen Bereich.

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Aus Sicht der Staatsanwaltschaft habe das Trio heimtückisch und mit Tötungsabsicht gehandelt. Als Beleg dient auch eine Chatnachricht von Jenna N. Die 20-Jährige schrieb, sie wolle bei den Taten nicht mehr mitmachen: Wenn ein Kind dabei sterbe, wäre es ihr "scheißegal" – aber wenn ein Tier draufgehe, könnte sie damit nicht umgehen.

Seit September muss sich das Trio wegen versuchten Mordes in neun Fällen verantworten.