Justizministerium plant Hammer-Änderung

Verbraucherzentrale warnt vor drastischem Einschnitt: Gilt Schweigen bald als Zustimmung?

10.08.2023, Berlin: Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, spricht in einem Interview in seinem Ministerium mit einer Journalistin der Deutschen Presse-Agentur. (zu dpa ««Bürokratie-Burn-Out»: Buschmann kündigt substanzielle Entlastung an») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bundesjustizminister Marco Buschmann plant offenbar Einschränkungen bei den Verbraucherrechten.
flm, dpa, Kay Nietfeld
von Aristotelis Zervos

Will das von der FDP geführte Bundesjustizministerium schon bald die Rechte der Verbraucher einschränken?
Die Verbraucherzentrale schlägt auf jeden Fall heftig Alarm und warnt vor „drastischen Einschnitten beim Verbraucherschutz“. Worum es genau geht und wie die geplante Regelung ALLE Verbraucher benachteiligen könnte.
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FDP will Schweigen als Zustimmung werden

Worum geht es genau?

Egal, ob beim Girokonto, Streamingdienst oder Fitnessstudio: Will ein Unternehmen den Vertrag ändern oder den Preis erhöhen, benötigt er zwingend die Zustimmung des Kunden.

Zwar haben vor allem Banken in der Vergangenheit in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegt, dass etwa Preisänderungen ohne Zustimmung der Kunden durchgeführt werden können. Doch diesem Vorgehen hat der Bundesgerichtshof mit dem Postbank-Urteil einen Riegel vorgeschoben: Es reicht nicht, wenn der Kunde nach Erhalt der Information zur Preisanpassung schweigt. Er muss der Preiserhöhung aktiv zustimmen.

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Und genau das will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) jetzt ändern. Laut Informationen der Verbraucherzentrale soll nach seinen Plänen auch das Schweigen von Verbrauchern erst mal als Zustimmung gewertet werden.

„Das käme einem drastischen Einschnitt in die Vertragsfreiheit gleich. Die jüngst publik gewordenen Pläne wären eine Rolle rückwärts beim Verbraucherschutz“, sagt Ramona Pop, Vorständin beim Bundesverband der Verbraucherzentrale.

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"Ein Stillschweigen darf grundsätzlich nicht als Zustimmung gewertet werden"

Dabei ist eine Gesetzesänderung überhaupt nicht notwendig. Denn schon jetzt können Unternehmen für bestehende Verträge unter anderem eine ausdrückliche Zustimmung zu einer Vertragsänderung einholen. Oder sie können bestehende Verträge kündigen und Verbrauchern neue Verträge mit angepassten Konditionen anbieten, um Preiserhöhungen durchzusetzen. Allerdings müssen in beiden genannten Fällen die Kunden aktiv werden, bevor die Änderungen greifen können.

„Anbieter dürfen auf keinen Fall einen Freifahrtschein für einseitige Preiserhöhungen erhalten. Die Vergangenheit zeigt, dass hier nicht immer Fair Play gespielt wurde. Die vorgesehenen Änderungen würden Verbraucher im Alltag deutlich schlechter stellen und Unternehmen eine enorme Preisgestaltungsmacht verleihen“, warnt die Verbraucherzentrale.

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Die Verbraucherschützer fordern von der Politik: „Ein Stillschweigen darf grundsätzlich nicht als Zustimmung gewertet werden!“

Die Folgen sind laut der Verbraucherzentrale absehbar: „Werden die Pläne des Bundesjustizministeriums umgesetzt, droht Verbrauchern eine erneute Preisspirale – auch außerhalb des Bankenbereichs. Und es ist zu befürchten, dass Unternehmen Preissteigerungen unbemerkt durchdrücken.“

Das wäre in der Tat ein deutlicher Rückschritt für den Verbraucherschutz in Deutschland.