Ermittlungen gegen rechtsextreme Terrororganisation

Auch AfD-Richterin bei Razzia festgenommen: Wie verstrickt sind AfD und die Reichsbürgerszene?

ARCHIV - 28.11.2019, Berlin: Birgit Malsack-Winkemann, damals Bundestagsabgeordnete der AfD, spricht bei der Haushalts-Beratung des Etats vom Bundesministerium für Gesundheit im Deutschen Bundestag. Zu den Verdächtigen, die bei der bundesweiten Razzia gegen die sogenannte Reichsbürgerszene festgenommen wurden, gehört auch die Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Malsack-Winkemann. «Wir werden alle Instrumente ausschöpfen, um die Beschuldigte vollständig aus dem Richterdienst zu entfernen», sagte Berlins Justizsenatorin Kreck (Linke) am Mittwoch auf Anfrage. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Richterin Birgit Malsack-Winkemann wurde am Mittwochmorgen bei einer Razzia festgenommen.
bvj axs jai, dpa, Bernd von Jutrczenka

Mehrere Tausend Polizisten sind am Mittwochmorgen gegen eine mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppe ausgerückt. Sie stehen im Verdacht, einen Umsturz des politischen Systems in Deutschland vorbereitet zu haben. Unter den 25 festgenommenen Verdächtigen ist auch die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann, die eine tragende Rolle in der geplanten postrevolutionären Ordnung der Terrorgruppe übernehmen sollte. Wie tief ist und war die AfD also in die Machenschaften der Reichsbürger verstrickt?
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Wer ist Birgit Malsack-Winkemann?

Um Punkt sechs Uhr am Mittwochmorgen standen die Polizisten auch vor einer Tür im Berliner Villenviertel am Wannsee. Das Ziel der Festnahme: die ehemalige AfD-Abgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann.

Malsack-Winkemann ist AfD-Mitglied und Teil des als extremistisch geltenden „Flügels“ der AfD. Sie saß von 2017 bis 2021 als Abgeordnete im Bundestag. Im März diesen Jahres ist Malsack-Winkemann wieder zu ihrem Beruf als Richterin im Berliner Landgericht zurückgekehrt. Allerdings nicht ohne Kritik: Die Berliner Senatsjustizverwaltung wollte Malsack-Winkemann schon seit Längerem aus dem Richterdienst entfernen, ist damit im Oktober allerdings gescheitert.

Die Senatsjustizverwaltung hatte argumentiert, sie sei als Richterin nicht mehr unvoreingenommen. Sie habe im Bundestag wiederholt und öffentlich Flüchtlinge „ausgegrenzt und wegen ihrer Herkunft herabgesetzt“ und sich in Debatten und im Internet „mit konstruierten, offensichtlich falschen Behauptungen zu Flüchtlingen geäußert“.

Auch im Internet fiel Malsack-Winkemann häufig mit verschwörungstheoretischen Aussagen auf. Malsack-Winkemann ist Sportschützin und soll laut Informationen des Spiegels mehrere Schusswaffen besitzen.

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Umfrage: Stellen Reichsbürger eine ernstzunehmende Gefahr für Deutschland dar?

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Welche Rolle hat die AfD-Richterin in der Terrororganisation gespielt?

Nach Recherchen der Zeit sollte Malsack-Winkemann in der postrevolutionären Ordnung Justizministerin werden. Ihre Aufgabe im politischen Flügel, dem sogenannten „Rat“ sollte es sein, die bundesweite Justiz auf die Seite der Verschwörergruppe zu ziehen. Angeblich soll sie bis zum Schluss darauf gedrungen haben, den Umsturzversuch möglichst bald zu umzusetzen.

Mischung aus Adligen, AfD-Politikern und aktiven Soldaten ist hochexplosiv

Dass eine AfD-Politikerin Teil einer Reichsbürgerbewegung sei, beunruhigt viele Experten. In Sicherheitskreisen gilt die Mischung aus Adeligen, einer AfD-Politikerin und ehemaligen und einem noch aktiven Soldaten als hochexplosiv. Das mutmaßliche Verschwörernetzwerk sei die "gefährlichste Form der Reichsbürger-Bewegung, die wir uns überhaupt vorstellen konnten", gab ein Beamter bekannt – jenes Milieus also, das die Bundesrepublik Deutschland in ihrer jetzigen Form ablehnt und sich das Deutsche Reich zurückwünscht. Es handele sich um eine "aufrührerische Dimension ungekannten Ausmaßes".

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer hob hervor, dass es in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Verbindungen zwischen Reichsbürgern und der AfD gegeben hatte. Auffällig sei, „dass auf diversen „Spaziergängen“ und Montagsdemonstrationen Reichsbürger, AfD und subkulturelle Rechtsextremisten aufgetreten sind“. Viele Vertreter der AfD würden inzwischen bereits „unverhohlen Reichsbürger-Sprech benutzen“.

Im Video: RTL-Extremismusexperte über Reichsbürger: „Alle wollen Umsturz und Apokalypse“

Sogenannte Reichsbürger richten sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung in Deutschland. Vor allem bei den Protesten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung waren von Anfang an Anhänger der Szene immer wieder auch in der Öffentlichkeit anzutreffen. Auch schrecken sie vor teils tödlicher Gewalt nicht zurück - oft gegen die Polizei. Mehr dazu von RTL-Extremismusexperte Michael Ortmann im Video.

So reagiert die Ampelregierung auf die AfD-Beteiligung

Dass auch eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD unter den Verdächtigen sei, beunruhige sehr, sagte Rolf Mützenich (SPD). „Dass das Parlament offensichtlich mehr und mehr in den Fokus auch derjenigen gerät, die bereit sind, möglicherweise auch Gewalt anzuwenden, das macht Parlamentarierinnen und Parlamentarier betroffen, aber das darf sie nicht an ihrer Arbeit hindern.“

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte: „Wir nehmen das, was wir heute erfahren mussten, sehr ernst. Der rechtsextreme Terrorismus gehört zur größten Gefahr für unsere Demokratie.“ FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, wenn es sich bestätige, dass eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete in eine Verschwörung verstrickt sei, zeigt das, in welchem Sumpf sich die AfD als Partei befinde. Dürr: „Denen geht es mitnichten um Deutschland, sondern in Wahrheit um die Zerstörung der parlamentarischen Demokratie. Und gerade als Fraktionsvorsitzende stellen wir uns schützend vor diese parlamentarische Demokratie, die von dieser Seite angegriffen wird.“

(dpa/khe)

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