Bitte einfach nicht mehr fragen Kinderwunsch? Bei mir nicht vorhanden!

Ich will keine Kinder. Basta.
Die Frage wird uns allen gestellt: Willst du denn nicht auch einmal Kinder haben? Wir Frauen zwischen 22 und 40 kennen das nur zu gut. Als wäre es allen Frauen ein Anliegen, ein Kind in die Welt zu setzen. Ein niedliches, kleines, putziges Baby. Kinder seien doch das größte Glück dieser Erde – für viele mag das stimmen. Für mich nicht.
Entscheidung für oder gegen Kinder ist immer egoistisch
Dennoch: Bis vor wenigen Jahren fiel mir die Antwort auf diese allgegenwärtige Frage schwer. Ich wollte niemandem vor den Kopf stoßen. Doch heute habe ich den Mut, da klar drauf zu antworten. Kein Herumgedruckse mehr, kein „nach dem Mund plappern“, kein „den Rollenbildern genügen“. Deshalb hier einmal in fetten Großbuchstaben: ICH WILL KEINE KINDER – UND DAS IST GUT SO!
Lese-Tipp: Autorin: „Kinder sind das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann“
Der ein oder andere mag mir nun Egoismus vorwerfen. Dabei ist die Entscheidung für oder gegen Kinder immer egoistisch. Man sollte keine Kinder bekommen, um der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen, die Rentenkasse zu retten oder den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Wer Kinder haben möchte, sollte diese um ihrer selbst wegen wollen und in der Rolle des „Eltern-Seins“ aufgehen. Und bevor jetzt jemand sagt: „Aber Eva, wenn der richtige Mann mal kommt …” – der für mich richtige Mann akzeptiert, dass ich keine Kinder möchte.
Lese-Tipp: Annica Hansen, Ruth Moschner und Co: Diese Promis wollen keinen Nachwuchs!
Und ich bin überaus dankbar, in einer Zeit und in einem Staat zu leben, in dem Frauen nicht mehr dazu da sind, Kinder zu produzieren. Ich bin dankbar, dass ich mich entscheiden kann, kinderlos zu bleiben. Auch, wenn das nicht alle so sehen.
Angeborener Mutterinstinkt? Quatsch! Männer wollen öfter Kinder als Frauen
Zuletzt mehren sich auf Instagram, TikTok und Co. zum Beispiel Influencer, die von einem biologisch angeborenen Kinderwunsch bei Frauen schwafeln. Accounts von sogenannten Tradwives (Traditional Wives/Traditionelle Ehefrauen), die behaupten, dass Frauen allein darin aufgehen, für ihre Kinder da zu sein und sich um Haus und Herd zu kümmern.
Lese-Tipp: Regina Halmich will keine Kinder – und wehrt sich gegen die Kinderlos-Kritik
Dabei haben Wissenschaftler bereits nachgewiesen, dass es keinen angeborenen „Mutterinstinkt“ bei Frauen gibt. Weder bei Mäusen noch bei Menschen. Außerdem zeigte eine Studie Anfang dieses Jahres, dass es gar nicht die Frauen sind, die sich Kinder wünschen – sondern die Männer!
Die Forscher befragten dazu in den USA 1.495 kinderlose Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 34 Jahren. 57 Prozent der Männer gaben an, Kinder zu wollen – aber nur 45 Prozent der Frauen.
Mich überrascht das nicht. Denn bis heute haben Frauen die weitaus größeren Nachteile, sobald das Baby da ist. Ja, auch in Ländern wie Deutschland. Kinder bedeuten für viele Frauen einen Karriereknick. Frauen arbeiten öfter in Teilzeit. Sie sind die, von denen erwartet wird, sich zu Hause um die Kinder zu kümmern. Sie bringen die Kinder zum Arzt, sie wissen, wann Klassenfahrten sind, wann Arbeiten geschrieben werden, wann die Kinder zum Musikunterricht müssen, zum Fußball oder zur Reitstunde. Bei einer Scheidung bleiben die Kinder häufiger bei den Müttern als den Vätern. Für Männer ändert sich nach der Geburt eines Kindes wenig – für eine Frau oft alles.
Lese-Tipp: Bertelsmann-Studie: Mutter zu werden, kostet Frauen ein Vermögen
Mutter sein bedeutet oft Nachteile für viele Frauen
Ich möchte meine Freiheit dafür nicht aufgeben. Ich sehe keine Erfüllung darin, 24/7 für ein Kind da zu sein. Mich erfüllt dieser Gedanke nicht mit Glückseligkeit. Babybäuche lassen mich nicht erstrahlen, Geburten lösen in mir kein „Wunder der Natur“-Gefühl aus. Und ja, ich wurde in einer sehr liebevollen Familie großgezogen.
In meinem persönlichen Umfeld habe ich zudem beobachtet, dass Paare, die progressiv in das Eltern-Sein starten wollten, doch wieder in alte Rollenmuster zurückfallen. Andere ziehen sich ganz zurück, kommen nicht mehr zu Partys, Brettspielabenden, sagen Essen kurzfristig ab. Wieder andere haben geliebte Hobbys im Glauben aufgegeben, in wenigen Jahren wieder einzusteigen. Passiert ist das nicht.
Lese-Tipp: Zwischen Job und Care-Arbeit - warum es mit der Gleichberechtigung so langsam vorangeht
Kinder sind eine Entscheidung, die das gesamte Leben, oft das ganze Sozialgefüge verändert. Schon seltsam, dass sich Frauen zwar dauernd rechtfertigen müssen, wenn sie KEINE Kinder möchten, aber nur selten jemand fragt, ob sich ein Paar das mit dem Baby denn auch gut überlegt hat …
Im Video: Ich kann nicht mehr! Stecken Eltern zu viel zurück?
Will ich in diese Welt ein Kind setzen?!
Dann ist da noch der Blick auf die Lage in der Welt. Ich möchte kein Kind in eine Welt setzen, in der ich das Gefühl habe, dass diese zu meiner Lebzeit noch vor die Hunde gehen wird. Rechtspopulismus und Rechtsextremismus sind überall auf dem Vormarsch. Wir werden in den kommenden Jahren unsere hart erkämpften Werte im Inland (AfD) ebenso verteidigen müssen wie gegen alte Freunde im Ausland (USA unter Donald Trump). Wir haben ein imperiales Russland auf der anderen Seite stehen, das bereit ist, zur Durchsetzung seiner Interessen Soldaten zu schicken. Ein militärisch aufstrebendes China, das sich lieber gestern als heute Taiwan einverleiben würde, einen Konflikt im Nahen Osten, der jederzeit explodieren kann. Und dann ist da noch der Klimawandel. All das sind existenzbedrohende Probleme. Eine bessere Welt ist für die Kinder von heute nicht mehr gewiss.
Lese-Tipp: Kinderlos mit fast 50 - kein Problem für „Unter Uns”-Star Isabell Hertel
Doch bei der Frage nach Kindern ja oder nein zählen nicht die rationalen Argumente. Ausnahmsweise geht es hier um das Herz- und Bauchgefühl. Wer Kinder haben möchte, sollte sich nicht von Donald Trump, Wladimir Putin oder dem 1,5-Grad-Ziel aufhalten lassen. Und ebenso respektieren, dass es Menschen gibt, deren Herz in einem anderen Takt schlägt.
Ich möchte „die coole Tante” werden
So wie meines. Als ich meine Nichte einige Wochen nach der Geburt im Arm hielt, verspürte ich nicht dieses wohlig-warme Gefühl, das einem in Filmen oder Büchern suggeriert wird. Mein Gesicht hat nicht geleuchtet. Ich dachte nicht: So etwas willst du auch mal haben. Muttergefühle? Gar keine. Das heißt nicht, dass ich meine Nichte nicht mag. Ich bin besorgt um sie, wenn sie krank ist oder sich verletzt hat. Ich möchte sie nicht aus meinem Leben ausschließen. Im Gegenteil.
Ich freue mich auf den Zeitpunkt, an dem sie groß genug sein wird, damit ich mit ihr gemeinsam Ausflüge unternehmen kann. Ihr die Welt zeigen kann. Mit ihr in den Freizeitpark fahren kann, in den Zoo, in eine Kinderoper, ins Kino, ins Planetarium, ins Technikmuseum oder einfach nur mit ihr auf der Couch bei einem Disney-Film sitzen, damit meine Schwester einen ruhigen Abend genießen kann. Ich möchte für sie da sein, wenn sie jemanden zum Reden braucht, der nicht ihre Eltern oder ihre Großeltern sind.
Ich könnte die coole Tante werden. Das wäre eine Rolle, die mir viel mehr entspräche als die der umsorgenden Mutter. Und das ist gut so.