Prozess um tödliche Brandstiftung in Solingen„Jeden Tag stirbt ein Stück von uns”

von Valerio Magno und Sebastian Stöckmann

Hat er vier Menschenleben auf dem Gewissen?
In Wuppertal hat am Dienstag der Prozess gegen Daniel S. (40) aus Solingen begonnen. Ihm wird vorgeworfen, am 25. März 2024 ein Mehrfamilienhaus in Solingen (Nordrhein-Westfalen) angezündet zu haben; eine vierköpfige Familie starb. Knapp zwei Wochen später soll S. mit einer Machete einen Bekannten angegriffen haben.

Solingen: Junge Familie aus Bulgarien stirbt in den Flammen

Brandanschlag in Solingen - getötete Familie
Die vierköpfige Familie starb beim Brandanschlag in Solingen.
RTL

Der Angeklagte habe es „billigend in Kauf” genommen, Menschenleben zu gefährden, sagt der Staatsanwalt zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Wuppertal. „Mindestens einen Liter Brandbeschleuniger” in einer Plastikflasche habe er dabeigehabt und im Erdgeschoss ausgekippt. Die Flasche habe er hinter die geöffnete Haustür gestellt und dann den Brandbeschleuniger angezündet.

Um 2.46 Uhr geht in der verhängnisvollen Nacht ein Notruf bei der Feuerwehr ein. Doch schon kurze Zeit später hat das Feuer das Dachgeschoss erreicht, eine junge Familie aus Bulgarien ist in den Flammen eingeschlossen. Vater Khuncho, Mutter Katja und ihre beiden kleinen Töchter Galia und Emili sterben qualvoll. Die eine ist drei Jahre alt, die andere noch ein Baby. Zahlreiche weitere Hausbewohner werden verletzt.

Die Eltern und der Bruder des getöteten Familienvaters sind zum Prozess extra aus Bulgarien angereist, um Gerechtigkeit für ihre Liebsten zu fordern. „Es ist so schwer. Nicht nur einen Menschen, nicht zwei, nicht drei – er hat uns vier Kinder genommen”, sagt Khunchos Vater. „Jeden Tag geht ein Stück von uns verloren, jeden Tag stirbt ein Stück von uns.”

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Machetenangriff in Solingen knapp zwei Wochen nach dem Feuer

Schnell ist klar, dass es sich um Brandstiftung handelt. Doch wer die schreckliche Tat begangen hat, ist für die Ermittler zunächst ein Rätsel. Die Polizei vernimmt die Vermieterin des Brandhauses und erhält Infos auf den möglichen Täter: einen Mann, der im Hinterhaus des Brandhauses gewohnt hat und nach einem Streit um Mietschulden rausgeflogen sein soll.

Als die Ermittler schon auf der Spur des Ex-Mieters sind und einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung beantragt haben, geschieht in einem Solinger Mietshaus eine weitere Tat: Am 8. April schlägt ein Mann mit einer Machete auf einen anderen Mann ein und versucht, ihn zu skalpieren, also die Kopfhaut abzutrennen. Das Opfer überlebt schwer verletzt und nennt den Namen des mutmaßlichen Täters: Daniel S., ein Bekannter von ihm. Der Verdächtige wird festgenommen.

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Prozess in Wuppertal: Überwachungskamera-Aufnahmen führen zu mutmaßlichem Brandstifter

Die Ermittler sind sich sicher, dass der 40-Jährige für beide Taten verantwortlich ist. Überwachungskamera-Aufnahmen aus der Brandnacht hatten sie auf die Spur des Solingers gebracht. Auf den Bildern ist ein Mann mit Rucksack gleich mehrmals in der Nähe des Brandhauses zu sehen.

Die Anklage legt Daniel S. zudem zwei weitere Brandstiftungen von November 2022 und Februar 2024. In beiden Gebäuden hielten sich zur Tatzeit Menschen auf.

„Ich möchte den Angehörigen unser Beileid bekunden”, sagt der Richter am Dienstag zu den Angehörigen der Brandanschlagsopfer. Daniel S. ist wegen vierfachen Mordes und achtfachten versuchten Mordes angeklagt. Bislang hat er zu den Vorwürfen geschwiegen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Das Gericht hat zehn Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil soll im März fallen.