„Wie kann ein Mensch so etwas anrichten?“Hier weint Solingen um die Opfer des Feuer-Dramas

Eine Stadt steht unter Schock!
Die Bürger der Stadt Solingen (NRW) sind in tiefer Trauer. Montagnacht brennt plötzlich ein Familienhaus – für eine vierköpfige Familie kommt jede Hilfe zu spät. Sie sterben in den Flammen. Vier Tage später halten die Menschen in einer Trauerfeier inne. Auch, weil sie sich an eines der dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte erinnert.
„Wir haben uns umarmt, wir konnten kein Wort darüber reden.“
Despina Tyoumbikis war schon am Dienstag am Brandort, zündete Kerzen für die gestorbene Familie an. Zwei große für die Eltern, zwei kleine für die Kinder. Sie traf auf den Bürgermeister, Tim Kurzbach. „Wir haben uns umarmt, wir konnten kein Wort darüber reden.“ Der Brand hat sie tief bestürzt. „Was macht man? Du bist in deiner Wohnung, da kommt jemand und verbrennt dich“, grübelt sie. „Wie kann ein Mensch so etwas anrichten?“
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Der Brand zieht am Gründonnerstag, 28. März, einige Hundert Menschen vor den Unglücksort. Blumen liegen an einer Absperrung, Stofftiere, Kerzen. Die Stimmung: Traurig, gedrückt. Ein Musiker spielt auf einer Geige ein schwermütiges Roma-Lied, denn die Opfer der grausamen Tat sind Bulgaren.
Im Video: Erinnern an Brand-Opfer in Solingen
Erinnerungen an den Mordanschlag von Solingen
Klar ist: Der Brand wurde gelegt. Die Brandermittler fanden Brandbeschleuniger in dem hölzernen Treppenhaus des Gebäudes mit der Jugendstilfassade. Die Polizei geht derzeit nicht von einem rassistischen Motiv aus. Doch natürlich weckt der Brand Assoziationen in der 160.000-Einwohner-Stadt.
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Hintergrund: Im Mai vor 31 Jahren brannte dort das Haus der Familie Genc vollständig aus. Gürsün Ince, Hatice Genc, Gülüstan Öztürk, Hülya Genec und Saime Genc starben in den Flammen. Im Verlaufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass Rechtsextremisten das Haus angezündet hatten. Als „Mordanschlag von Solingen“ ging die Tat in die Geschichte der damals gerade wiedervereinigten Bundesrepublik ein. Vier Täter wurden zu Haftstrafen verurteilt – inzwischen sind alle wieder frei.

„In so einer Situation kann man keine Ruhe bewahren“
Diese Geschichte hat dazu geführt, dass gleich mehrere Bündnisse zur Trauerkundgebung aufgerufen haben: der „Türkische Volksverein Solingen und Umgebung“, die „Armin T. Wegner Gesellschaft“, die „Antifaschist*innen aus dem Bergischen Land“ und der „Solinger Appell“.
Frank Knoche, Mit-Initiator der Kundgebung und Mitglied des Solinger Appells, sagt, der Brand habe alle Alarmglocken angehen lassen. Auch, wenn man bisher nicht genau wisse, wer die Täter waren. Dem Aufruf des Bürgermeisters, jetzt Ruhe zu bewahren, kann er nicht viel abgewinnen. „In so einer Situation kann man keine Ruhe bewahren“, sagt er. Auch Thomas Wendt, ebenfalls vom Solinger Appell, ist schockiert und „sprachlos“. „Man zündet keine Häuser an, in denen Menschen leben“, spricht er das Offensichtliche aus.
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Despina Tyoumbikis verlangt harte Strafen für den oder die bislang unbekannten Täter. Sie bekreuzigt sich mit Blick auf die leeren, schwarzen Fensterhöhlen: „Ich mache mein Kreuz, dass so etwas kein Mensch erleben muss.“