Missbrauchsfall aus Peru wirft Fragen auf

Papst Leo XIV. und der Skandal um die drei Schwestern

Der neue Papst gehört dem Augustinerorden an.
Der neue Papst Leo XIV. gehört dem Augustinerorden an.
Oliver Weiken/dpa

Habemus Problem!
Der Jubel auf dem Petersplatz war kaum verklungen, da holte den neuen Papst die Vergangenheit ein. Leo XIV., bürgerlich Robert Francis Prevost, ist der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Doch ausgerechnet in seiner früheren Diözese in Peru werden nun schwere Vorwürfe laut. Drei Frauen, mutmaßlich Opfer sexueller Gewalt durch zwei Priester, sagen, Prevost habe nicht genug getan – oder bewusst weggeschaut.

Drei Schwestern beschuldigen zwei Priester – und erheben Vorwürfe gegen Papst Leo XIV.

Seit 2023 war Prevost Leiter des mächtigen Dikasteriums für die Bischöfe – jener Vatikanbehörde, die weltweit Bischöfe auswählt. Nun ist er Papst. (Archivbild)
Seit 2023 war Robert Prevost Leiter des mächtigen Dikasteriums für die Bischöfe – jener Vatikanbehörde, die weltweit Bischöfe auswählt. Nun ist er Papst. (Archivbild)
Riccardo De Luca/AP/dpa

Was den Fall so brisant macht: Prevost war bis zu seiner Wahl nicht irgendwer. Er leitete das Bischofsdikasterium im Vatikan, also genau jene Behörde, die über den Umgang mit Missbrauch und Disziplinarverfahren gegen Bischöfe entscheidet. Jetzt steht der neue Papst selbst im Verdacht, einen Skandal verwaltet statt aufgeklärt zu haben.

Laut der investigativen Sendung Cuarto Poder aus Peru meldeten sich Ana María Quispe und ihre beiden jüngeren Schwestern, Aura Teresa und Juana Mercedes im April 2022 bei Prevost, damals Bischof von Chiclayo. Sie berichteten von Übergriffen durch zwei Geistliche. Ana Mará erzählt in der Sendung, wie sie mit neun Jahren in einem Pfarrhaus von einem Priester geküsst wurde. Jahre später habe sie mit einem der Männer auf Missionsreise sogar in einem Bett schlafen müssen. „Ich erstarrte. Ich tat so, als ob ich schlief, aber ich schlief überhaupt nicht”, sagte sie laut dem Portal National Catholic Reporter (NCR) vor laufender Kamera. Sie habe sich am nächsten Tag übergeben müssen und geschwiegen. Bis zu jenem April.

Kirche spricht von Untersuchung – Frauen widersprechen vehement

Die Kirche sagt: Prevost habe sie empfangen, eine Untersuchung eingeleitet und die Ergebnisse nach Rom übermittelt. Laut Diözese seien Vorsichtsmaßnahmen verhängt worden. Die beschuldigten Priester wurden aus der Pfarrei ausgeschlossen und sollten ihr Priesteramt nicht mehr ausüben dürfen. Das römische Glaubensdikasterium habe mangels Beweisen den Fall jedoch nicht weiterverfolgt. Auch die Staatsanwaltschaft in Peru schloss den Fall, weil er verjährt sei, berichtet NCR.

Doch die Frauen widersprechen. In einem Statement, das die investigative Plattform The Pillar veröffentlicht hat, bestreiten sie, jemals kirchenrechtlich angehört worden zu sein. Sie fordern Belege und offizielle Akten und sehen in der Darstellung der Kirche einen Versuch, den Fall beiseitezuschieben.

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150.000 Dollar Schweigegeld?

Besonders explosiv ist ein Bericht von InfoVaticana, einer konservativen katholischen Nachrichtenseite aus Spanien, laut dem die Diözese 150.000 US-Dollar an die drei Frauen gezahlt haben soll. Das Geld, so die Andeutung, sei geflossen, um öffentliche Kritik zu unterbinden. Offiziell bestätigt wurde die Zahlung bislang nicht, aber dementiert auch nicht. Was genau verhandelt wurde und welche Rolle Prevost dabei spielte, bleibt im Dunklen. Doch schon der Verdacht reicht aus, um das Bild vom „Papst der Reformen” zu beschädigen, bevor sein Pontifikat überhaupt begonnen hat.

Lese-Tipp: Wer ist der neue Papst? Robert Prevost wird Leo XIV.

Papst Leo XIV. als Aufklärer steht im Zentrum der Kritik

Die katholische Kirche hat nach Jahren der Missbrauchsskandale versprochen, keine Täter mehr zu schützen und keine Verantwortung mehr zu verschleiern. Franziskus hat den Kampf gegen Vertuschung gar zur Chefsache gemacht. Doch sein Nachfolger wird nun selbst mit Vorwürfen konfrontiert, genau das getan zu haben.

Ob Prevost tatsächlich Fehler gemacht hat, lässt sich derzeit nicht beweisen. Doch ein Papst, der Aufklärung predigt, muss sich an der Frage messen lassen, ob er sich auch praktiziert hat. Nicht irgendwann, sondern dort, wo er selbst Verantwortung trug.

Und jetzt? Die Diözese Chiclayo beruft sich auf die kirchliche Ordnung, die Opfer auf ihr Gedächtnis. Der Vatikan schweigt. Und Papst Leo XIV. steht unter Druck, zwar nicht juristisch, aber moralisch. Habemus Papam, ja. Aber auch: Habemus Problem. (kra)