Bürokratie-Wahnsinn

Weil er zu viele Patienten annimmt! Arzt kassiert fette Strafe

Das Land fordert jetzt eine fünfstellige Summe Hautarzt Bernd Brinker, weil er zu viel gearbeitet hat.
Das Land fordert jetzt eine fünfstellige Summe von Hautarzt Bernd Brinker, weil er zu viel gearbeitet hat.
Lars Penning/dpa

Er will nur helfen – doch dafür soll er jetzt ordentlich zahlen!
Bereits frühmorgens stehen die Patienten bei ihm Schlange! Hautarzt Bernd Brinker in Weener (Landkreis Leer in Niedersachsen) ist einer von wenigen in Ostfriesland und behandelt möglichst jeden Patienten. Doch dafür soll er jetzt bestraft werden und ordentlich zahlen!

Doppelt so viele Patienten wie andere

Die Niedersächsische Prüfungsstelle in Hannover schickte Brinker nun eine Regressandrohung, weil er nach eigenen Angaben 60 Prozent mehr an Verordnungen aufweise als der Fachgruppendurchschnitt. Die Prüfer kontrollieren, ob Vertragsärzte wirtschaftlich arbeiten. Bisher gehe es um rund 30.000 Euro, die allein für 2023 als Rückforderung im Raum stehen, sagt Brinker der Deutschen Presse-Agentur. Und die beträfen noch Zeiten, in denen er noch weniger Patienten hatte als heute. Damals habe er im Schnitt vielleicht 1.500 oder 1.600 Patienten pro Quartal behandelt. Inzwischen seien es knapp 3.000. „Damit liege ich teilweise doppelt so hoch wie Vergleichspraxen in der Umgebung”, sagt er.

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Für 2024 und 2025 dürften die Regressforderungen daher noch deutlich höher ausfallen als die bisher verlangte Summe, befürchtet er. „Ich mag gar nicht daran denken, wie sich das jetzt entwickelt haben wird”, so Brinker. Der Dermatologe möchte niemanden zurückweisen und behandele möglichst jeden Patienten – auch weil er versucht habe, Patienten von Kliniken fernzuhalten, sagt der 52-Jährige.

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Kassenärztliche Vereinigung fordert Änderung

„Wenn Regressforderungen in der Höhe, wie sie jetzt bestehen, realisiert werden würden, wäre das ein schwerer Schlag für die betriebswirtschaftliche Situation dieser Praxis”, sagt Brinker. Die Konsequenz daraus wäre, dass er deutlich weniger verordne und Patienten bei kostspieligen Medikamenten an eine Klinik überweise. Das würde die Kosten nicht nur verlagern, sondern sogar noch erhöhen, kritisiert der Mediziner.

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Auf Kritik stößt die Regelung auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). „Wir kritisieren Arzneimittelregresse, die müssen weg“, sagte ein Sprecher. Wenn man über 50 Prozent des Fachgruppendurchschnitts liege, könne eine Regressandrohung folgen. Dann hätte der Arzt in der Regel die Chance zu begründen, warum er überproportional viele Rezepte ausgestellt habe. Das könnten eventuell viele chronisch Kranke sein oder wenig andere Fachärzte in der Region. (lmi, mit dpa)

Verwendete Quellen: dpa